
Ich liebe Asterix, Obelix und das kleine gallische Dorf. Das widersetzt sich ebenso beharrlich wie erfolgreich der römischen Übermacht. Das gallische Dorf hat meine volle Sympathie. Und wie ist das mit der FDP?
In den vergangenen Wochen habe ich zunehmend den Eindruck gewonnen, dass Volker Wissing und Christian Lindner ernsthaft glauben, ihre FDP sei so etwas wie ein modernes gallisches Dorf. Die FDP gegen den Rest der Welt.
Für das Duo Wissing & Lindner ist das bedingungslose Eintreten für E-Fuels und für eine Unsterblichkeitsgarantie für den Verbrennermotor zu einem – um es mit den Worten des Schriftstellers Marc-Uwe Kling zu sagen – epischen Kampf zwischen Gut und Böse geworden. Ganz wie bei Asterix und Obelix. Was für ein Unsinn.
Um es schon mal vorweg zu sagen: Die FDP mag richtig gallig sein, ein gallisches Dorf ist sie dadurch noch lange nicht. In Sachen E-Fuels hat sich die Partei schlichtweg von jedem von der Vernunft geleiteten Handeln abgekoppelt. Und das gleich aus mehreren Gründen.
Wirtschaftspartei als Verfechter wirtschaftlichen Unsinns
1. Es ist wirtschaftlich blanker Unsinn, auf E-Fuels als in naher Zukunft massentauglichen klimaneutralen Brennstoff zu setzen. Das macht beispielsweise Prof. Maximilian Fichtner, einer der international führenden Experten auf dem Gebiet der Batterietechnologie, in einem aktuellen Podcast deutlich. Fichtner rechnet vor, dass man für die Erzeugung von einem Liter E-Fuel-Diesel zwischen 20 und 25 Kilowattstunden elektrischen Strom aufwenden muss.
Um 100 Kilometer weit zu fahren, müsste man also bei einem Verbrauch von 6 Litern Diesel 120 bis 150 Kilowattstunden Strom einsetzen. Das ist eine Strommenge, mit dem ein heute übliches E-Auto 800 bis 1.000 Kilometer weit fahren könnte. Es wäre demnach völlig unsinnig, mit umweltfreundlichen Strom erst E-Fuels herzustellen, statt den Strom direkt für die E-Mobilität zu nutzen.
Es geht nicht um Geld, sondern um eine gigantische Stromverschwendung
2. Wer jetzt einwendet, dass neue Techniken anfangs immer extrem teuer sind und dann im Laufe der Zeit preiswerter werden, hat recht, aber: Mir geht es hier gar nicht um Euro und Cent, sondern allein um die Energie, die zur Herstellung aufgewendet werden muss. Es ist völlig egal, ob sie teuer oder billig ist: Allein aus ökologischen Gründen ist es irrsinnig, in solch gigantischem Ausmaß Strom zu verschleudern.
3. Beim Autogipfel im Januar im Kanzleramt machte selbst die Autoindustrie deutlich: E-Fuels seien möglicherweise ein Kraftstoff für Bestandswagen, aber nichts, um darauf die Zukunft aufzubauen. Hier setze man jetzt, so die Autobosse, voll auf Elektromobilität. Welchen Sinn macht es, sich wegen E-Fuels mit ganz Europa zu verkrachen, wenn die, die es nutzen könnten, es nicht als Weg in die Zukunft ansehen, sondern lediglich als Nischenprodukt für den Übergang?
Das Wichtigste für die Industrie ist Planungssicherheit
4. Was jeder Betrieb, jede Industrie mehr als alles andere benötigt, ist Planungssicherheit – das sollte die FDP als Wirtschaftspartei eigentlich wissen. Wenn klar ist, dass ab 2035 keine Verbrenner-Autos mehr zugelassen werden, können sich alle darauf einstellen. Das erhöht den Forschungs- und Entwicklungsdruck bei der E-Mobilität und anderen möglichen neuen Technologien.
Klare Fristen und Vorgaben, mögen sie anfangs auch noch so scharf kritisiert worden sein, sorgen immer wieder für einen Innovationsschub. Das haben die vergangenen Jahrzehnte gezeigt. Beispielsweise das FCKW-Verbot in Kühlschränken oder die Feinstaubplaketten, die zu deutlich verringerten Abgaswerten der Autos geführt haben.
Es geht gar nicht um ein Verbot von Verbrennerautos
5. Was leicht übersehen wird: Ab 2035 sollen Verbrennerautos nicht verboten werden, sondern es werden ab dann nur keine neuen mehr zugelassen. Die auf der Straße dann schon fahrenden Verbrenner werden noch viele Jahre unterwegs sein und Sprit benötigen. Das gilt auch für viele LKW.
Hier könnten beigemischte E-Fuels zumindest einen kleinen Beitrag zu einer größeren Umweltverträglichkeit leisten. Außerdem könnten E-Fuels auch an anderer Stelle überall dort einen wichtigen Zukunftsbeitrag leisten, wo heute Mineralölprodukte eingesetzt werden, etwa in der Kunststoffindustrie ebenso wie in der Medizin oder Kosmetikbranche.
Deshalb ist es durchaus sinnvoll, weiter an E-Fuels zu forschen, wie beispielsweise Porsche es im chilenischen Patagonien mit seinem Pilotwerk gerade tut. Das ist unterstützenswert, aber eben nicht mit dem Ziel, die Verbrennertechnik auf ewig zu bewahren.
6. Ein letztes, politisches Argument: Das Europäische Parlament hat bereits beschlossen, dass ab dem Jahr 2035 keine Neuwagen mit Verbrennermotor mehr zugelassen werden dürfen. Nur die bundesdeutsche FDP hat verhindert, dass der EU-Ministerrat am gestrigen Dienstag diese Entscheidung des Parlaments bestätigte und damit endgültig machte.
Damit blockiert ausgerechnet Deutschland eine zentrale Entscheidung für ganz Europa. Das ist einfach nur peinlich.
Lindner und Wissing ähneln immer mehr Troubadix
Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen derzeit in Wissing und Lindner weniger Asterix und Obelix sehen, sondern eher zwei Versionen des Troubadix. Sie wissen schon, das ist der Barde des gallischen Dorfes. Immer wenn er anfangen will zu singen und den Mund aufmacht, stürzen sich alle anderen auf ihn und halten ihm den selbigen zu.
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