
© Stefan Milk
Fahrspur so eng wie ein Drahtseil: „Es geht immer zu Lasten der Radfahrer!“
Radfahren in Kamen
Eine Spur, die plötzlich immer schmaler wird, und Hauptstraßen, die Radfahrer gar nicht berücksichtigen. Wer so etwas sucht, muss nicht weit fahren: An der Bergkamener Straße wird man fündig.
An der Querungshilfe auf der Bergkamener Straße, nicht weit zur Autobahnbrücke der A2, hat Klaus Holzer eine Stelle entdeckt, die stellvertretend für viele Verkehrsbereiche stehen könnte.
Die Mehrzweckspur, auf der Radfahrer in der Regel unterwegs sind, wird plötzlich immer schmaler, bis nur noch ein schmaler Streifen, nicht breiter als ein Drahtseil, vorhanden ist. Hinter der Querungshilfe wird der Streifen wieder breiter. Holzer: „Man sieht wieder einmal: Die Radfahrer, eigentlich die schwächeren Verkehrsteilnehmer, müssen zurückstecken, während die Autofahrer ungebremst weiter fahren können.“

Mit dem Rad zwischen zwei Fahrspuren. Wer von der Bergkamener Straße aus auf den Nordring biegt, beweist Mut. © Stefan Milk
Mängeln bei bereits siebter Tour auf der Spur
Natürlich müssen Autofahrer auch auf Radfahrer achten, wenn diese von der Mehrzweckspur auf die Fahrbahn wechseln. Das ist dem Gästeführer, der zusammen mit unserer Redaktion die Kamener Straßen auf Herz und Nieren testet, bewusst.
Die Stelle findet er mit Blick auf die Wegeführung trotzdem bezeichnend: „Denn dabei geht es immer zu Lasten der Radfahrer.“ Es ist bereits die siebte Tour durch Kamen, die wir zusammen starten. Stationen waren bisher der Bahnhof Kamen, der Kreisverkehr an der Westicker Straße/Königsstraße und der Geisterfahrer-Kreisel an der Germaniastraße/Westicker Straße. Auch die für Radfahrer unwirtliche Unnaer Straße sind wir testweise abgefahren, dazu die Lünener Straße und den Westring.
Überall gibt es Widersprüche in der Verkehrsführung. Sprich: Radler sind oft gezwungen, erfindungsreich zu fahren – oder deutlich gesprochen: „Man wird zu verkehrswidrigem Fahren gezwungen“, wie Holzer sagt.

Eigentlich darf man als Radler hier nicht fahren. Weil es keine Wegeführung für Radfahrer von der Bergkamener Straße in die Kämertorstraße gibt, nutzen Radler oft die Fußgängerampel. © Stefan Milk
Wer als Radfahrer links abbiegen will, muss schon mutig sein
Über die Bergkamener Straße und die seltsam geschwungenen Mehrzweckstreifen, die für Radfahrer wenig Sicherheit versprechen, geht es zurück zur Einmündung Westring/Nordring.
Wer als Radfahrer links abbiegen möchte, der muss schon mutig sein, wenn er sich auf die Linksabbiegerspur stellt. Gerade rollt ein Laster auf der rechten Spur vorbei, dahinter zwei große Traktoren. „Eine schützende Fahrradspur gibt es hier nicht“, sagt Holzer.
Ist man aber erst einmal links abgebogen, fährt man weiter auf einem vorbildlich angelegten Radweg, der Richtung Werner Straße führt. So sicher, wie man hier unterwegs ist, müsste es auch über die Kreuzung gehen.
Wer ordnungsgemäß fahren will, der muss schieben
Nicht nur Linksabbieger schieben zuweilen lieber als mit dem Rad zwischen zwei Fahrspuren zu jonglieren.
Wer rechts auf den Westring einbiegt und dann in Höhe der Einmündung „Auf dem Spiek“ gleich wieder links fahren will, um über die Kämertorstraße in die Innenstadt zu gelangen, ist angeschmiert. Es gibt keine Möglichkeit dort, abzubiegen, weil der Verkehr geradeaus zur Bachmann-Kreuzung, sprich Hochstraße, geführt wird. Wer darauf hofft, an der Fußgängerampel auch ein Radfahrersymbol zu entdecken, tut das vergeblich: Die Ampel ist nur für Fußgänger angelegt.
Radfahrer, die Richtung Innenstadt unterwegs sind, nutzen den Überweg trotzdem und werden angesichts steiler Hochborde schon mal aus dem Sattel gehoben, wie wir in einem anderen Teil unserer Serie berichteten. Die Stadt wies danach darauf hin, dass das Radfahren dort nicht erlaubt ist. Wer also ordnungsgemäß agieren will, der muss schieben. „Über Radfahrer hat sich an dieser Stelle gar niemand Gedanken gemacht“, kritisiert Holzer.
Jahrgang 1968, aufgewachsen in mehreren Heimaten in der Spannbreite zwischen Nettelkamp (290 Einwohner) und Berlin (3,5 Mio. Einwohner). Mit 15 Jahren erste Texte für den Lokalsport, noch vor dem Führerschein-Alter ab 1985 als freier Mitarbeiter radelnd unterwegs für Holzwickede, Fröndenberg und Unna. Ab 1990 Volontariat, dann Redakteur der Mantelredaktion und nebenbei Studium der Journalistik in Dortmund. Seit 2001 in Kamen. Immer im Such- und Erzählmodus für spannende Geschichten.
