Führerscheine nur begrenzt gültig, Tempolimit und weitere harte Auflagen EU plant massive Verschärfungen

Führerscheine nur begrenzt gültig, Tempolimit und weitere harte Auflage
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Noch ist nichts entschieden. Und dass die in dieser Woche im Verkehrsausschuss des Europaparlaments vorgestellten Pläne zur Reform des europäischen Führerschein-Rechts tatsächlich eins zu eins so umgesetzt werden, ist auch eher unwahrscheinlich.

Klar ist aber auch: Selbst wenn nur Teile des Vorhabens in Kraft treten sollten, wird das für alle Autofahrerinnen und Autofahrer gravierende Folgen haben.

Anlass für die Reform ist das Ziel der EU, „die Zahl der Verkehrstoten bis 2050 auf Null zu bringen“, so steht es in dem Reformpapier. Die bisherigen Bemühungen hätten dazu geführt, die Zahl der Verkehrstoten in Europa von 51.400 im Jahr 2001 auf 19.800 im Jahr 2021 zu senken.

Das entspricht einem Rückgang um 61,5 Prozent. Das Ziel, die Zahl der Verkehrstoten bis 2020, um 75 Prozent zu senken, habe man allerdings klar verfehlt. Deshalb seien, so heißt es in dem Papier, „neue Impulse“ und „Maßnahmen“ erforderlich.

Die Maßnahmen, die das 120 Seiten lange Papier dann auflistet, haben es in sich. An dieser Stelle eine Zusammenfassung der zehn wichtigsten Punkte:

1. Das neue Stufensystem

Einführung eines Stufensystems. Künftig ist der Erwerb des Führerscheins der Klasse B - das ist der normale PKW-Führerschein - Voraussetzung dafür, auch bestimmte andere Führerscheine zu erwerben, zum Beispiel den Führerschein der neuen Klasse B+, denn nur mit dem B-Schein allein soll man künftig nicht mehr alle PKW fahren dürfen.

2. Wer einen dicken SUV fahren will, braucht einen Extra-Führerschein

Den Führerschein B+ soll man künftig benötigen, wenn man Autos fahren möchte, die mehr als 1,8 Tonnen wiegen. Das trifft für schwere SUV zu wie beispielsweise von Mercedes die G- und die GL-Klasse, den Audi Q7, diverse Land-Rover-Modelle, den BMW X5 oder auch den Mitsubishi Pajero.

Diesen neuen Führerschein B+ soll man erst nach einer zweijährigen Probezeit des einfachen B-Führerscheins erhalten dürfen, und: Man muss mindestens 21 Jahre alt sein. Das heißt: Kein Führerscheinneuling soll künftig mehr einen schweren SUV fahren dürfen.

Nur unter bestimmten Bedingungen soll es von dieser Regelung Ausnahmen geben, etwa wenn es um Fahrten in Rettungswagen geht.

3. Führerscheine mit nur noch begrenzter Gültigkeit

Führerscheine sollen künftig nur noch eine begrenzte Haltbarkeit haben. Nach bestimmten Fristen müsste man, wenn die Reform durchkommt, seinen Führerschein erneuern lassen. Vorgesehen ist dabei bisher folgende Abstufung:

- Grundsätzlich sind Führerscheine nur zehn Jahre gültig.

- Ab 60 muss der Führerschein nach sieben Jahren erneuert werden.

- Ab dem 70, Lebensjahr benötigt man nach fünf Jahren einen neuen Führerschein.

- Wer das 80. Lebensjahr überschritten hat, muss seinen Schein alle zwei Jahre erneuern lassen.

4. Bedingungen für einen erneuerten Führerschein

Für eine Erneuerung eines Führerscheins ist ein absolvierter Sehtest Grundvoraussetzung. Außerdem muss eine ärztliche Überprüfung „der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit für das Führen dieser Fahrzeuge“ erfolgreich absolviert werden.

Zudem können die einzelnen Länder eine „verpflichtende Kontrollfahrt“ oder einen „Auffrischungskurs“ mit einem Fahrlehrer vorschreiben.

5. Zwei Jahre Probezeit für Fahranfänger mit strengen Auflagen

Für Fahranfänger soll es eine zweijährige Probezeit geben. Für sie soll künftig eine Null-Promille-Grenze gelten. Außerdem sollen sie nicht schneller als Tempo 90 fahren dürfen. Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass sie auch auf der Autobahn keinen LKW mehr überholen dürften.

Außerdem soll es zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens ein Fahrverbot während der Probezeit geben.

Am Ende der zweijährigen Probezeit soll es eine verpflichtende Sitzung mit einem Fahrlehrer geben. Unklar ist noch, ob es sich auch um eine Prüfung handeln wird.

6. Aus für das „begleitete Fahren“ ab 17

Das in den vergangenen Jahrzehnten eingeübte „begleitete Fahren“ ab 17 soll ersatzlos gestrichen werden. Die EU-Kommission hatte noch das in Deutschland eingeübte Modell des begleiteten Fahrens auf ganz Europa auszuweiten. Im jetzt dem Verkehrsausschuss vorgelegten Bericht sind die entsprechenden Passagen im Vorschlag der Kommission allerdings ersatzlos gestrichen.

7. Tempolimit nach Führerscheinklasse

Für Menschen mit einem normalen PKW-Führerschein (Klasse B) ebenso für alle mit einem Motorradführerschein (Klasse A) soll es ein grundsätzliches Tempolimit von 110 geben.

8. Höheres Mindestalter für leichte Motorräder

Das Mindestalter, um einen Führerschein für Motorräder bis 125 Kubikzentimeter und maximal 15 PS erwerben zu können, soll angehoben werden. Derzeit liegt es bei 16 Jahren.

9. Neues, zentrales Strafregister für Europa

Bis Ende 2025 sollen alle EU-Staaten eine Strafpunktesystem wie es in Deutschland mit der Flensburger Verkehrssünderdatei schon lange in Kraft ist, aufgebaut werden. Dazu soll ein „EU-Führerscheinnetz“ aufgebaut werden. Darunter versteht man eine gemeinsame Datenbank, über die unter anderem Informationen über Strafpunkte rasch über Grenzen hinweg ausgetauscht werden können.

10. Was wird aus der Gültigkeit der alten Führerscheine?

Ob bislang ausgestellte Führerscheine mit unbegrenzter Gültigkeit – bis 2033 müssen ohnehin alle vor 2013 ausgestellten Führerscheine erneuert werden – nach Inkrafttreten der Reform ihre Gültigkeit verlieren, ist offen. Im jetzt vorgelegten Papier heißt es dazu nur etwas unklar: „Eine Verringerung der Gültigkeitsdauer wird nur bei der Erneuerung eines Führerscheins angewendet.“

Wie es mit den Reformplänen weitergeht

Noch sind die geplanten Änderungen nicht beschlossen. Es sind die Änderungsvorschläge, die die für dieses Thema zuständige Berichterstatterin des EU-Parlaments, Karima Delli, im EU-Verkehrsausschuss vorgelegt hat. Karima Delli ist eine der Grünen-Fraktion angehörende Politikerin aus Frankreich. Sie hatte die ursprünglichen Reform-Vorschläge der EU-Kommission zu diesem Thema deutlich verschärft.

Ihre Vorschläge stießen auf deutlichen Widerstand. Unter anderem übten Verkehrspolitiker aus CDU, SPD und FDP scharfe Kritik. Erst in den nächsten Monaten wird sich zeigen, welche ihrer Ideen Bestand haben werden und welche wieder in der Schublade verschwinden.

Die Entscheidung darüber fällt im kommenden Jahr der Ministerrat und das EU-Parlament. Dabei sind zwei rechtliche Formen zu unterscheiden: Eine Verordnung setzt für alle EU-Staaten eine Regelung verbindlich fest, die sie nur noch in nationales Recht umsetzen müssen. Eine Richtlinie gibt dagegen nur ein verbindliches Ziel vor. Wie dieses Ziel erreicht wird, können die einzelnen Staaten selbst festlegen.

Und was ist jetzt mit dem laufenden Umtausch der alten Führerscheine?

Unabhängig von der EU-Reform läuft bereits der Umtausch aller Führerscheine und der geht weiter. Dafür gelten diese Fristen:

Bei Papier-Führerscheinen mit Ausstellungsdatum bis zum 31. Dezember 1998 ist das Geburtsjahr des Fahrerlaubnis-Inhabers ausschlaggebend:

Bis 1964 ausgestellte Führerscheine mussten bereits umgetauscht werden.

- 1965 bis 1970: Umtausch bis 19. Januar 2024

- 1971 oder später: Umtausch bis 19. Januar 2025

Bei Karten-Führerscheinen mit Ausstellungsdatum ab dem 1. Januar 1999 bis 18. Januar 2018 gilt das Ausstellungsjahr des Führerscheins:

1999 bis 2001: Umtausch bis 19. Januar 2026

2002 bis 2004: Umtausch bis 19. Januar 2027

2005 bis 2007: Umtausch bis 19. Januar 2028

2008: Umtausch bis 19. Januar 2029

2009: Umtausch bis 19. Januar 2030

2010: Umtausch bis 19. Januar 2031

2011: Umtausch bis 19. Januar 2032

2012 bis 18. Januar 2013: Umtausch bis 19. Januar 2033

Führerscheinbesitzer, die vor 1953 geboren wurden, müssen den Führerschein bis zum 19. Januar 2033 umtauschen, unabhängig vom Ausstellungsjahr des Führerscheins.

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