Eskalation nach Zugunglück-Pannen Recklinghausen schließt Dr. Segbers von Notarzt-Dienst aus

Eskalation nach Zugunglück-Pannen: Stadt schließt Notarzt vom Dienst aus
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Der Konflikt um den Rettungseinsatz beim tragischen Zugunglück vom Februar 2023 ist weiter eskaliert. Die Stadt Recklinghausen hat den seinerzeit am Unfallort eingesetzten Notarzt Dr. Elmar Segbers von allen Notarztdiensten ausgeschlossen.

Stattdessen werden andere Notärzte, vor allem als Honorarkräfte, eingesetzt. Die zusätzlichen Kosten trägt die Stadt Recklinghausen.

Der Güterzug, der die Kinder in Recklinghausenerfasste.
Der Güterzug, der die Kinder erfasste. © Jörg Gutzeit

Am 2. Februar 2023 waren zwei neun und zehn Jahre alte Jungen in Recklinghausen mit einem Güterzug kollidiert. 90 Minuten dauerte es, ehe die beiden Kinder auch nur gefunden wurden. Der Zehnjährige überlebte den Unfall nicht, sein neunjähriger Freund erlitt schwerste Verletzungen.

Anfang März dieses Jahres deckte unsere Redaktion auf, dass es bei dem Rettungseinsatz offensichtlich massive Pannen gegeben hatte. Der beim Unglück eingesetzte Notarzt Dr. Segbers hatte vom Unglückstag an wiederholt auf eine Aufarbeitung des Einsatzes gedrängt, um gemachte Fehler künftig zu vermeiden.

Als es dazu seiner Einschätzung nach nicht kam und er selbst stattdessen wegen seines Drängens auf Aufklärung in die Kritik geriet, erstattete er im Januar 2024 Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Bezirksregierung gegen die aus seiner Sicht verantwortlichen Personen: Feuerwehr-Chef Thorsten Schild, den Ersten Beigeordneten Ekkehard Grunwald und den Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Recklinghausen, Oliver Weber.

Der Konflikt wird immer schärfer

Zu dieser Zeit war der Konflikt schon voll entbrannt. Segbers durfte bei Bränden, Unfällen und Katastrophen nicht mehr als Notarzt eingesetzt werden. Die Folge: Bei Einsätzen kam es vor, dass ein zweiter Notarzt ohne fachlichen Grund zur Einsatzstelle eilte, der dann an anderer Stelle im Kreis fehlte.

Jetzt folgt die nächste Eskalationsstufe. Nach unseren Informationen erschien Dr. Segbers am 25. März zum Dienst am Elisabeth-Krankenhaus, wo er angestellt ist. Als dort der Fahrer mit dem Notarzt-Fahrzeug eintraf, saß bereits ein Notarzt im Auto. Dr. Segbers äußert sich selbst weder zu diesem Vorfall noch zu anderen Umständen des Konflikts.

Nachdem die im Raum stehenden Vorwürfe öffentlich geworden waren, verabredeten alle Beteiligten die Einschaltung von Mediatoren, um die angespannte Situation zu klären. Bisher hat allerdings noch kein Mediationsgespräch stattgefunden.

Der Kreis Recklinghausen berichtet auf Anfrage, dass das Elisabeth-Krankenhaus am 22. März gebeten worden sei, „den Notarzt aufgrund des belasteten Vertrauensverhältnisses bis zur Mediation vorerst nicht mehr einzusetzen“. Der Kreis habe keine Bedenken gegen die von der Stadt Recklinghausen vorgeschlagene Regelung, da die rettungsdienstliche Versorgung weiter durch andere Notärzte in Recklinghausen gesichert sei.

„Zur Sicherstellung einer funktionierenden Notfallversorgung geboten“

Die Stadt erklärte auf Anfrage: „Die derzeitige organisatorische Umstellung war zur Sicherstellung einer funktionierenden Notfallversorgung geboten. Etwaige zusätzliche Kosten für die Sicherstellung der Notarztversorgung trägt die Stadt Recklinghausen.“

Welche konkreten Kosten der Ausschluss des Dr. Segbers von Notarzt-Diensten verursacht, dazu äußerte sich die Stadt Recklinghausen nicht. Informationen unserer Redaktion, wonach vor allem Honorarkräfte für einen Stundensatz von rund 70 Euro die entstandenen Lücken stopfen, ließ sie unkommentiert.

Die Bezirksregierung teilte mit, dass der Kreis sie über die Umstellung der Notarztdienste informiert habe. Die Stellungnahmen des Kreises und der Stadt zu den Dienstaufsichtsbeschwerden seien eingegangen und würden derzeit geprüft.

Das Elisabeth-Krankenhaus wollte sich wegen des noch laufenden „behördlichen Verfahrens“ nicht zur neuesten Entwicklung äußern. Pressesprecherin Kristina Schröder teilte lediglich mit: „Wir schätzen Herrn Dr. Segbers als kompetenten Notarzt und planen ihn weiterhin im Rahmen des Notarztwesens ein.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 5. April 2024.