Explosion in Fußgängerzone in Eschweiler Vater und Sohn in U-Haft

Explosion in Fußgängerzone: Verletzte weiter in Lebensgefahr
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Nach der Explosion in einem Wohn- und Geschäftshaus im Zentrum von Eschweiler bei Aachen sitzt ein zweiter Tatverdächtiger in Untersuchungshaft. Der 56-Jährige sei der Vater des 21 Jahre alten Tatverdächtigen, teilte die Staatsanwaltschaft Aachen am Dienstag mit. Der 21-Jährige ist bereits in U-Haft. Der 56-Jährige sei am Sonntag, drei Tage nach der Explosion mit 15 Verletzten, festgenommen worden, hieß es weiter. Die Deutsche Presse-Agentur hatte am Montag aus Sicherheitskreisen erfahren, dass das Motiv Versicherungsbetrug gewesen sein soll.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft steht auch der 56-jährige Mann unter dem dringenden Tatverdacht des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen sowie besonders schwerer Brandstiftung. Die Detonation und das darauf folgende Feuer in dem vierstöckigen Wohn- und Geschäftsgebäude hatten am Donnerstag schwere Verwüstungen angerichtet.

In dem Haus sollen Brandbeschleuniger verteilt worden sein. Ob nur eine Brandstiftung oder auch eine Explosion geplant war, war noch unklar. Die Detonation und das darauf folgende Feuer in dem vierstöckigen Wohn- und Geschäftsgebäude hatten am vergangenen Donnerstag (30.3.) schwere Verwüstungen angerichtet. Ein ganzer Straßenzug war mit Scherben von Schaufenstern und Trümmern übersät, Menschen mussten aus oberen Stockwerken gerettet werden. Bis zu 25 Ladenlokale sind betroffen. „Die Straße ist für Fußgänger freigegeben, die Anwohner können wieder in Ihre Häuser zurück“, sagte ein Stadtsprecher am Sonntag.

An einem Absperrgitter vor dem beschädigten Gebäude in der Neustraße hängt ein Schild mit der Aufschrift: «Achtung das Betreten des abgesperrten Bereichs ist verboten»
Nach der schweren Explosion in Eschweiler gehen die Ermittlungen der Polizei zur Ursache weiter. © picture alliance/dpa

In dem betroffenen Gebäude befand sich laut einem Sprecher der Stadt ein Bekleidungsgeschäft, in den drei Stockwerken darüber wohnten Menschen. „Schlimm waren die Leute, die drin waren. Die schrien um Hilfe“, erzählt Klaus Robrecht, der einige Meter entfernt wohnt. „Wir sind sofort rausgestürmt. Aber wenn Sie dann vor so einer Feuerwand stehen, da bringt der Feuerlöscher nichts mehr.“

Trümmer liegen vor einem Haus in der Neustraße.
Die Neustraße in Eschweiler ist übersät von Trümmer, Scherben und dem Inventar des Bekleidungsgeschäftes. © picture alliance/dpa

Explosion in Eschweiler: Zwei Personen immernoch in Lebensgefahr

Von insgesamt 15 Verletzten waren laut den Angaben der Staatsanwaltschaft auch am Montag noch zwei in Lebensgefahr. Zu ihrem Zustand gebe es noch keine neuen Erkenntnisse, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen am Montag.

Gegen 21.19 Uhr waren die ersten Notrufe am Donnerstag eingegangen, sagte Feuerwehrchef Axel Johnen am Freitag. Auf der Straße hätten Verletzte gelegen, aus dem Haus Menschen gerufen - die Explosion entfesselte auch ein Feuer in dem Gebäude. In dieser Heftigkeit habe er so etwas noch nicht erlebt, so der Feuerwehr-Chef.

Feuerwehrtrupps seien teils unter Lebensgefahr in das Haus, schildert er. Sie retteten unter anderem drei Personen aus dem Treppenhaus: Ein Baby, seine Mutter und einen Mann. Zudem sei eine Frau lebensgefährlich verletzt worden.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) dankte in Düsseldorf den Einsatzkräften: Sie hätten „unter Inkaufnahme eigener Risiken alles getan, um die Bewohner des Hauses schnellstmöglich zu retten“.

Einsturzgefahr nach Explosion in Eschweiler

Wie stark die Detonation war, zeigt auch die Tatsache, dass sich die Betondecke nach Angaben eines Statikers im hinteren Bereich des Gebäudes kurz anhob, wie Johnen berichtete. Die Mauern hätten sich dort teils nach außen gebeult, in dem Bereich sowie im Keller bestehe Einsturzgefahr.

Im hinteren Bereich des Gebäudes - einer ehemaligen, nicht mehr genutzten Backstube - war die Zerstörung laut Johnen am Größten. Ob die Explosion auch dort entstand, war aber unklar. Das Haus habe einen Gasanschluss. Feuerwehrleute hätten außerdem Gasflaschen gefunden - es ist sei aber nicht klar, ob diese etwas mit der Explosion zu tun hatten.

Mit der Bekämpfung des Feuers, das die Detonation zudem ausgelöst hatte, waren dutzende Feuerwehrkräfte aus der aus der Region bis 2 Uhr Nachts beschäftigt. Unterstützung erhielten Polizei und Feuerwehr durch das Technische Hilfswerk Eschweiler. Rund 200 Kräfte seien insgesamt im Einsatz gewesen. „Das war ein sehr großer Einsatz“, sagte ein Polizeisprecher.

Das ausgebrannte Geschäft.
Vier von den Verletzten, darunter ein zwei Monate altes Baby, schweben in Lebensgefahr. © picture alliance/dpa

Zweiter Schicksalsschlag für Eschweiler innerhalb von zwei Jahren

Die Explosion ist bereits der zweite Schlag für die 56.000-Einwohner-Stadt nördlich von Aachen: Bei der Flut im Sommer 2021 standen Wasser und Schlamm hüfthoch in der Fußgängerzone, Läden wurden zerstört. „In der Straße war jedes Geschäft, jedes Haus betroffen“, erinnert die Eschweiler Bürgermeisterin Nadine Leonhardt. Von der Explosion sind laut Stadt 20 Einzelhändler betroffen. Anwohner wurden in der Nacht vorübergehend in einer evangelischen Kirche in der Nähe untergebracht.

„Gerade läuft es wieder - und jetzt das“, sagte Assma Saidi, die im Erdgeschoss unter ihrer Wohnung ein Modegeschäft betreibt - das jetzt gebrochene Schaufensterscheiben hat. Sie habe erst vor fünf Monaten wieder aufgemacht, der Keller sei nach den Flutschäden immer noch nicht.

dpa/capa/karie/seh

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