Enterbten droht Absturz in Armut Satire „Jeeps“ feierte Premiere im Schauspielhaus Dortmund

Enterbten droht Absturz in Armut
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Ein humorvolles Gedankenspiel zur gerechteren Vermögensverteilung hat Nora Abdel-Maksoud mit der Komödie „Jeeps“ geschaffen. Die Dramatikerin hatte die Uraufführung ihrer Farce an den Münchner Kammerspielen selbst inszeniert und war damit 2022 zu den Mülheimer Theatertagen „Stücke“ eingeladen. In ihrem Stück mit viel Sprachwitz werden die Vermögen der Verstorbenen nicht mehr vererbt, sondern verlost – zuständig dafür ist das Jobcenter.

Nun ist die satirische Komödie auch im Dortmunder Schauspielhaus zu sehen (Premiere: Samstagabend) – inszeniert von Babett Grube. Die Regisseurin setzt bei ihrer nach „Ein Volksfeind“ zweiten Arbeit für das Dortmunder Theater – anders als bei der Uraufführung – vor allem auf Klamauk und Überzeichnung der Figuren.

Szene aus "Jeeps"
Für die Erzähl- und Erklärpassagen in „Jeeps“ nehmen (v. l.) die enterbte Silke (Marlena Keil), die Bürgergeld-Bezieherin Maude (Nika Mišković) und die beiden Kollegen vom Jobcenter (Viet Anh Alexander Tran, Alexander Darkow) auf Stühlen Platz und ihre Gesichter werden auf die Bühnen-hohen Aufsteller projiziert. © Hupfeld

So spielt das leicht überagierende Mimen-Quartett in exaltiert-albernen Kostümen von Bettina Kirmair auf einer von Bühnen-hohen Aufstellern, die für die Videoprojektionen dienen, dominierten und mit vielen Stühlen bestückten Bühne von Lan Anh Pham.

In diesem abstrakten Setting, an eine Behörde erinnern nur die Plastikschalenstühle, wird die radikale Erbrechtsreform erläutert. Für diese Erzähl- und Erklärpassagen, die sich mit Spielszenen in Dialogform und Rückblenden abwechseln, nehmen die enterbte Silke, die Bürgergeld-Bezieherin Maude und die beiden Sachbearbeiter vom Jobcenter auf den Stühlen Platz und ihre Köpfe werden auf die Bühnen-hohen Aufsteller projiziert.

Kampf um Erbe und Bürgergeld

Im Jobcenter treffen Arbeitssuchende auf Enterbte, denen nun ebenfalls ein Absturz in die Armut droht. Marlena Keil gibt die enterbte Start-up-Unternehmerin Silke („Laptops in Stollenschuhen“) pikiert – und freundet sich mit der Hartz-VI-erfahrenen Maude, die Nika Mišković als eine einst erfolgreiche Groschenroman-Autorin überkandidelt spielt, an. Sie spricht fließend „Amt“.

Gemeinsam kämpfen sie um Bürgergeld-Erhöhung und Erbe – mit Waffe und Fernzünder. Denn Silkes Antrag auf ein Los hatte Jobcenter-Mitarbeiter Gabor abgelehnt. Der Grund: ein falsches Fugen-s in ihrem Antrag.

Amüsante Neid-Debatte

Dieser Pedant, überzeugend von Alexander Darkow verkörpert, blüht nur auf, wenn er von seinem Jeep (daher der Titel), genauer von seinem Mercedes-Geländewagen erzählt und überflüssiger Weise auch singt (Komposition: Mo Sommer). Mit seinem Kollegen, gespielt von Viet Anh Alexander Tran, den die Regie auch mal auf einem Pferd reiten lässt, streitet er sich um die Vormachtstellung im Büro.

Die Neid-Debatte Arm gegen Reich ist ein tempo- und pointenreicher Schlagabtausch. Ein unterhaltsamer Theater-Spaß.

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Weitere Aufführungen

Termine: 24. 11., 14. / 21. 12.2024; Karten: Tel. (0231) 502 72 22. www.theaterdo.de

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