„Empire Of Light“ Eine ungewöhnliche Liebe überwindet alle Hindernisse

Von Kai-Uwe Brinkmann
„Empire Of Light“: Liebe gegen jede Chance
Lesezeit

Der Brite Sam Mendes ist ein Senkrechtstarter, der 1999 mit seinem Kinodebüt „American Beauty“ Furore machte und mit Road To Perdition“ (2002) hochkarätig nachlegte.

Er hat zwei Bond-Blockbuster mit Daniel Craig auf dem Kerbholz, tauchte bei „1917“ in die Schützengräben des Weltkriegs ein und kommt uns jetzt mit dem ersten Film nach eigenem Drehbuch und persönlichem Erfahrungshorizont.

Partyzentrale mit Meerblick

„Empire Of Light“ spielt 1980 in einem englischen Seebad, das schon bessere Zeiten kannte. Was sich auch im „Empire“-Lichtspielhaus an der Promenade ablesen lässt.

Zwei von vier Sälen werden noch bespielt, im Obergeschoss (früher Partyzentrale mit Meerblick) tummeln sich die Tauben. Das Kino im Art Noveau-Stil hatte Klasse, aber das ist lange her.

„Empire of Light“
Was sie trennt, ist der Altersunterschied: Hilary (Olivia Colman) und Steven (Micheal Ward). © Disney

Ein Sozialdrama

Entgegen der Vermarktungsstrategie des Verleihs ist „Empire of Light“ vorrangig keine Ode an die Kraft des Kinos, kein britisches „Cinema Paradiso“. Das „Empire“ ist eher der Zufallsort, wo die Wege von Hilary (Olivia Colman) und Stephen (Micheal Ward) sich kreuzen, ansonsten steht das Haus symbolhaft für die Misere Großbritanniens in der Ära Thatcher.

Hilary und der sicher 25 Jahre jüngere Stephen schlittern in eine Affäre, werden ein Paar. Neben der (etwas konstruierten) Liebesgeschichte ist Mendes neunter Kinofilm hauptsächlich ein Sozialdrama.

Hetze und Rassismus

Stagnation unter der Eisernen Lady. Hetze und Rassismus gegenüber Einwanderern. Dazu Hilarys psychische Erkrankung – das sind die Eckpfeiler von Mendes‘ Erzählung.

Zu jedem Thema kann der 1965 Geborene eigenes Erleben beisteuern: Seine Mutter litt unter einer bipolaren Störung. In seine Jugend fiel der Aufstieg der ultrarechten „National Front“, die ein England weißer Briten propagierte. Arbeitslosigkeit, Streiks, Minenschließungen heizten das Klima weiter auf.

„Empire of Light“
Olivia Colman und Sam Mendes im Film „Empire of Light“. © Parisa Taghizadeh

Jobbt im Kino

Nicht eben einfach, all das unter einen Hut zu bringen. Was das Thema Krankheit angeht, kann Mendes auf die wunderbare Olivia Colman bauen, die Höhen wie Tiefen anrührend mit Leben füllt.

Tabletten halten ihre Manie in Schach, die sie in die Klinik brachte. Hilary lebt allein, jobbt als Verkaufsangestellte im Kino, wird vom Chef (Colin Firth) sexuell genötigt und fristet ein tristes Dasein. Bis sich dank Stephen alles aufhellt für sie.

Wenn die beiden händchenhaltend im Bus ans Meer fahren, ist Hilary glücklich.

Eine pikante Szene

Man ahnt, es ist ein Glück auf Zeit. Zu groß der Altersunterschied. Sie ist weiß, er schwarz, was erschwerend dazukommt. Stephen will studieren, doch in diesem Kaff hat er keine Zukunft.

Als Hilary im Überschwang auf alle Pillen pfeift und ihrem Chef vor Publikum eine pikante Szene macht, steht sie mit einem Bein in der Klapsmühle. Stephen kann nicht helfen, man weist sie ein. Stephen wird von einem rechten Mob übel zugerichtet, der das „Empire“ stürmt, als ein farbiger Angestellter sich zeigt. Beide sind schwer am Boden.

Starkes Menschenkino

Sam Mendes mag sich weit vortasten in die Gefilde des Schmalzes, doch verlogenen Kitsch produziert er nicht in dieser bittersüßen, prima gespielten Romanze, die zu Herzen geht.

Starkes Menschenkino. Und die Liebe zum Kino kommt auch vor, in Gestalt des Filmvorführers (Toby Jones), der Hilary im „Empire“ eine Privatvorführung gibt.

Das Internationale Frauen Film Fest Dortmund/Köln (IFFF) zeigt Stärke: Frauen können kämpfen

„Im Taxi mit Madeleine“: Eine Fahrt durch das Leben einer charismatischen alten Dame

„Die drei Musketiere: D‘Artagnan“: Sie fechten für König, Ehre und die Liebe ihrer Holden