Was für irre Szenen beim SSV Mühlhausen! Die ganze Bank war beim 2:1-Siegtor von Alexander Schröder aufgesprungen und bildete mit den Spielern auf dem Feld eine jubelnde Traube voller Ekstase, als hätte der Klub gerade die Champions League gewonnen. Der Auswärtssieg bei den Brackeler Löwen beförderte den SSV sechs Punkte vor die Abstiegsplätze der Fußball-Bezirksliga 8. Bei nur noch drei ausstehenden Partien des Hauptkonkurrenten Wethmar dürfte Mühlhausen so einen Riesenschritt in Richtung Klassenerhalt gemacht haben, der jetzt extrem wahrscheinlich ist. Vor drei Wochen war das noch undenkbar. Die Totgesagten leben.
Bezirksliga 8
Brackeler Löwen - SSV Mühlhausen
1:2 (0:0)
Und was leisteten die Mühlhausener nach dem Kreuzband-Schock von Mittelfeldantreiber Mustafa Akdeniz für eine Willensleistung: Letztlich war es Alexander Schröder, der nach einer Flanke von Manuel Stiepermann und einem frechen Hackentrick von Tom Wycisk den Fuß hinhielt und Mühlhausen in der Schlussminute noch den Sieg bescherte.
Schröder erwischte einen geilen Tag: Er war direkt auch Vorlagengeber beim Ausgleich. Seine Ecke nach 69 Minute flog gefährlich in Richtung zweiter Pfosten, an dem ein Brackeler klärte - Mühlhausen reklamierte ein Handspiel, doch Stephen Hutmacher schaltete am schnellsten und drückte den Ball aus kurzer Distanz über die Linie. Mühlhausen drückte, Mühlhausen wollte. Ausgerechnet Schröder hätte sechs Minuten später aus gleicher Position fast eine Ecke direkt verwandelt. Der Ball knallte an die Latte.

Im Nachschuss scheiterte Lars Schmidt am Keeper. Überhaupt hatte Schmidt wieder einmal viel Abschlusspech (73., 48.). Fünf Minuten vor dem Siegtreffer pfefferte Ali-Sammy Moussa das Leder noch aus 20 Metern gegen den Pfosten. Fußballgott, wo bist du, wenn Mühlhausen dich braucht? „Man hat über die 90 Minuten gemerkt: Hier ist mehr drin“, sagte Schröder.
Brackel führt plötzlich
Dass Brackel den Spielverlauf zu Beginn der zweiten Halbzeit etwas auf den Kopf stellte, passte irgendwie zur Mühlhausen-Saison. In der ereignisarmen ersten Halbzeit hatte eigentlich nur Hutmacher nach 14 Minuten eine gute Chance und verzog. Die Brackeler Löwen waren am Sonntagnachmittag eher zahmes Schmusekätzchen statt gefährliches Raubtier. Doch dann packte die Katze die Kralle aus:
Nachdem Enes Akdogan (46.) und Schmidt zu Beginn der zweiten Halbzeit dann eine Doppelchance vergeben hatte, köpfte Ajdin Oruc seine Farben aus dem Nichts mustergültig zur Führung. Und Mühlhausen? Steckte den Kopf nicht in den Sand. Hutmacher fehlten drei Minuten später Zentimeter zum Ausgleich - drüber! Mühlhausens Torwart Robin Mesewinkel-Risse verhinderte nach 65 Minuten gegen Gian Luca Reis mit einer Flugshow den vorzeitigen K.o. „Es war kein Fußball-Leckerbissen, aber wir haben die drei Punkte mitgenommen und das zählt“, sagte Schröder.

Von einer Vorentscheidung wollte auch Stephen Hutmacher noch nichts wissen. „Kirche im Dorf lassen!“, konsternierte er. Doch Mühlhausen hat Comebacker-Qualitäten bewiesen. „Dass wir nach dem 0:1 zurückgekommen sind und trotzdem an uns geglaubt haben, ist der Effekt, wenn du Erfolge hast“, sagte Woller. Der Erfolg ist zurück in Mühlhausen, der Klassenerhalt wäre schon nächste Woche mit einem Heimsieg gegen Körne so gut wie perfekt.
SSV: Mesewinkel-Risse - Wycisk, Titt, Weiß, Kücükyagci, Moussa, Gretzinger, Schröder, Akdogan (56. Stiepermann), Schmidt (83. K. Hutmacher), S. Hutmacher
Tore: 1:0 Oruc (49.), 1:1 S. Hutmacher (70.), 1:2 Schröder (90.)
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