Autor Alexander Spieß bei seinem Einkauf ohne Maske in einem Supermarkt.

© Ralf Wiethaup

Einkaufen ohne Maske im Palais Vest: Nur eine Minderheit geht „oben ohne“

rnSelbstversuch: Ende der Maskenpflicht / Mit Videos

Die Maskenpflicht im Handel ist Geschichte. Doch wie fühlt es sich nach zwei Jahren an, ohne Maske einzukaufen? Im Palais Vest ist man am Montag „oben ohne“ in der Minderheit. Aus guten Gründen.

RE-Altstadt

, 04.04.2022, 16:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Centermanager Felix Veltel trägt sie noch. Viele Verkäuferinnen auch. Die Rede ist vom Mund-Nase-Schutz, an den wir uns in der Pandemie vor allem als OP- oder FFP2-Maske gewöhnt haben. Am Montag (4.4.) starte ich den Selbstversuch: einkaufen gehen ohne Maske. Nicht nur, weil ich es kann, sondern weil ich es seit Sonntag (3.4.) wieder darf. Aus der Maskenpflicht ist eine Maskenempfehlung geworden.

Am Eingang zum Palais Vest in Recklinghausen ist der Griff in die Jackentasche schon Routine. Zwei Jahre lang habe ich an der Schwelle die FFP2-Maske hervorgezogen und über mein Gesicht gestreift. Diesmal lasse ich es bewusst bleiben. Ich muss gestehen: Das fühlt sich seltsam an, irgendwie nackt im Gesicht. So kam es mir vor zwei Tagen auch vor, als ich meinen Bart abrasierte. Ich denke: Da fehlt doch jetzt was. Ich achte auf die Reaktionen anderer Kunden. Nehmen sie Anstoß an mir? Bin ich jetzt ein Gesundheitsrisiko für mich und andere?

Es passiert – nichts. Leute schreiten an mir vorbei, als wäre ich Luft – oder zumindest nicht von besonderem Interesse. Das ist mir gerade ganz recht. Ich fahre die Rolltreppe zum „Kaufland“ herunter. In meiner Jutetüte stecken ein paar leere PET-Wasserflaschen. Zwei der drei Leergut-Automaten sind außer Betrieb. Zum Glück legt die ältere Dame vor mir nur zwei oder drei Flaschen auf das Fließband. So bin ich schnell an der Reihe. Ich habe ein paar mehr Flaschen aus dem Büro mitgenommen. Neben mir erscheint ein älterer Herr mit OP-Maske im Gesicht. Er spricht mich an. Maßregeln will er mich zum Glück nicht. Er klagt über die mangelnde Wartung der Leergutautomaten. Das habe man nun davon. Dann redet er über die Unerreichbarkeit seines Telefonanbieters, wenn er mal ein Problem habe. „Da erreicht man ja keine Menschen mehr.“ Das kenne ich, denke ich, und wünsche noch einen schönen Tag.

Jetzt lesen

Centermanager Veltel: „Zusätzliches Personal kaum zu kriegen“

Im „Kaufland“ sind, wie überall im Palais Vest, die Maskenträger klar in der Überzahl. Centermanager Felix Veltel schätzt ihren Anteil auf etwa 80 Prozent. Vielleicht sind es im Supermarkt noch ein paar mehr. Ich greife mir einen Korb und steuere die Obsttheke an. Zwei Bananen, wie fast jeden Tag. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das gilt auch für das Tragen der Maske. Noch immer komme ich mir fremd vor, wie einer, der aufbegehrt und jetzt nicht mehr wirklich dazugehört.

Bei den Brötchen wird es eng. Ich muss mich zwischen einer jungen Mutter und ihrem Einkaufswagen, in dem ein Mädchen sitzt, hindurchzwängen. Ich stelle für einen Moment das Atmen ein und senke den Kopf, um keinen Affront zu provozieren.

Kunden fahren in einem Einkaufszentrum eine Rolltreppe herunter. Nur ein Mann trägt keinen Mund-Nase-Schutz.

Im Palais Vest tragen die meisten Kunden am Montag trotz des Endes der Maskenpflicht weiter den Mund-Nase-Schutz. © Ralf Wiethaup

Dann kommen mir zwei junge Frauen mit energischen Schritten entgegen. Sie tragen keine Maske und unterhalten sich angeregt. Nun noch Magerquark und eine Flasche Wasser und dann ab zur Kasse. Ich versuche, den beiden maskierten Damen vor mir in der Schlange nicht zu nahezukommen. Schließlich gelten immer noch die Abstandsregeln, wie mir Felix Veltel vorab am Telefon erzählt hat. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es die beiden Frauen vor mir lieber sähen, wenn ich eine Maske trüge. Ein Mitarbeiter eilt vorbei. Er trägt keine Maske. Gleiches gilt für die Kassiererinnen. Aber die sitzen ja auch hinter Acrylglasscheiben.

Jetzt lesen

Ich verstaue meinen Einkauf und fahre mit der Rolltreppe nach oben. Beim Gang durchs Erdgeschoss bietet sich mir ein ähnliches Bild wie unten: Die meisten Kunden und Verkäuferinnen tragen Masken. Vor einem Optiker steht ein Schild. Darauf ist zu lesen, dass nur Leute mit FFP2-Maske eingelassen werden. An der Theke steht jedoch auch ein Kunde ohne Maske. Hat man am Tag eins nach der Maskenpflicht vielleicht nur vergessen, das Schild wegzuräumen?

Theoretisch können die Mieter des Palais Vest von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und eine eigene Maskenpflicht erlassen. Daran glaubt Felix Veltel aber nicht. Für ihn gibt es dennoch gute Gründe, weiterhin eine Maske zu tragen: „Die Mieter können es sich nicht leisten, krank zu werden.“ Dabei schütze die Maske ja nicht nur vor Coronaviren, sondern auch vor anderen Erregern. Und nach wie vor gebe es ein Problem: „Zusätzliches Personal ist kaum zu kriegen.“

Jetzt lesen