Ein Kampfbegriff und seine Folgen Political Correctness ist gefährlicher Quatsch!

Von Oliver Rasche
Alles Sagen!: Political Correctness ist gefährlicher Quatsch!
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Alles Sagen!: Political Correctness ist gefährlicher Quatsch!

Niemand darf diskriminiert werden! Um das gleich klarzustellen. Das muss man nicht mal mit Political Correctness überschreiben, sondern einfach mit Anstand – und oft genug auch mit Gesetzen.

Darum kann es also gar nicht gehen, denn da darf es keine zwei Meinungen geben. Aber. Ja, es gibt ein Aber. Political Correctness ist ein Kampfbegriff geworden, einer, der Dinge verbieten soll, die weder gesetzlich verboten sind, noch in irgendeiner Form anstößig. Das diffuse Gefühl, dass es irgendwie nicht mehr politisch korrekt ist, wenn man zugibt gerne Fleisch zu essen. Gerne in den Urlaub zu fliegen. Oder offen zu bekennen, dass man Klimakleber gefährlich und selbst die biederen Plakatpinsler von Fridays for Future zumindest nervig findet.

Oder, oha, ungern bis gar nicht zu gendern?

Das ist alles so spießig!

Politisch nicht korrekt ist das spießige „sowas gehört sich aber nicht“ der Gegenwart. Es dient dazu, die Meinung anderer zu delegitimieren. Dabei ist die Entscheidung, was politisch korrekt ist und was nicht, keineswegs an feste Kriterien gekoppelt, es ist eher ein diffuses, durch (angeblich) soziale Medien entstehendes Stimmungsgesetz, das als Naturgesetz daherzukommen versucht. So darf man den sprichwörtlichen „alten weißen Mann“ gern und immer doof finden. Ihm das Meinungsrecht absprechen. All das passiert permanent. Fairerweise sei hinzugefügt, dass auch alte Frauen vermutlich weniger Lobby haben als der Durchschnitt.

Harald Schmidt sagte mal, jede Minderheit habe ein Recht darauf, verarscht zu werden. Und ja, selbst wenn man Schmidt kritisch sieht, liegen hier zwei Wahrheiten: Zum einen ist da die Komponente des Humors. Zum Beleidigtsein gehören eben Sender UND Empfänger. (Ehrabschneidende Diskriminierung bitte ausschließen, wie gesagt!). Zum Anderen: Nicht mehr „verarscht“ (Zitat!) zu werden, ist ja auch eine Form der Diskriminierung.

Spricht sich für Humor gegen alle und jeden aus: Satiriker Harald Schmidt
Spricht sich für Humor gegen alle und jeden aus: Satiriker Harald Schmidt © Rolf Vennenbernd/dpa/Archivbild

Die Cancel-Polizei

Skurriler, ironischer Höhepunkt des Cancel-Wahns im K(r)ampf um die Political Correctness war vielleicht die Ausladung einer linken Band bei einer linken Veranstaltung, weil die Band-Mitglieder Rastalocken trugen.

Oder das hier: Eine harmlose Seniorentanztruppe, die auf der Bundesgartenschau in Mannheim mit Kostümen aus aller Welt auftreten wollte – und dafür im Alter zwischen 60 und 85 Jahren noch mal lernte, was ein Shitstorm ist. Der Veranstalter bemängelte unter anderem Sombrero-Hüte und Kimonos. Holländische Frau-Antje-Kostüme wurden dagegen durchgewunken. Ist das nicht – strenggenommen und gleichzeitig augenzwinkernd – auch eine Form von Rassismus? Zu entscheiden, welche Völker jetzt bitte schön schwache, hilflose Opfer sein sollen und welche nicht? Und wer dieser Tage Karneval als Indianer geht, ist automatisch ein Rassist? Das glauben auch nur die politisch Korrekten von der Cancel-Polizei. Wenn überhaupt.

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Wir sollten alle runterkommen

Vielleicht sollten alle mal wieder ein wenig runterkommen. Keinesfalls verletzen! Aber: Andere Meinungen zulassen, manches mit Humor nehmen und den Berufsbeleidigten zeigen, dass sie die Deutungshoheit nicht gepachtet haben. Das wäre dann politisch. Und voll korrekt.