Ehemann der Klägerin bezichtigt Kreis Unna der Lüge Keine Stellungnahme aus dem Kreishaus

Ehemann der Klägerin in Bewerbungsverfahren bezichtigt Kreis der Lüge
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Nach einer mittlerweile erledigten Klage gegen eine Stellenbesetzung beim Kreis Unna erhebt der Ehemann der unterlegenen Bewerberin schwere Vorwürfe gegen die Kreisverwaltung. Das Kreishaus hüllt sich derweil in Schweigen.

Der Ehemann (Name der Redaktion bekannt) spricht nach einem Bericht unserer Redaktion vom 8. März über den Prozesstermin vor dem Arbeitsgericht Dortmund, der mit einem Vergleich endete, von einer „Falschbehauptung“ des Kreises Unna.

Ehemann wirft Kreis „Falschbehauptung“ vor

Hintergrund für das Verfahren war die Anfang Dezember bekannt gewordene Wiederbesetzung der Leitung des Dezernats für Gesundheit, Bildung und Schule. Hiergegen hatte die andere Stellenbewerberin (Name der Redaktion bekannt) Ende Januar einstweiligen Rechtsschutz beim Arbeitsgericht Dortmund beantragt.

Die promovierte Ärztin, derzeit schon im öffentlichen Dienst tätig, wollte im Zuge einer Konkurrentenklage erreichen, dass die Stelle zunächst nicht besetzt wird. Sie sei vom Kreis Unna zu Unrecht übergangen worden.

Monatelang habe sie trotz Nachfrage überhaupt keine Reaktion auf ihre Bewerbung von Ende Juli 2024 erhalten; irgendwann sei eine automatisierte Antwort des Kreises Unna gemailt worden – mit sinngemäß folgendem merkwürdigen Text: „Haben Sie gewonnen oder haben Sie nicht gewonnen? Nein, diesmal haben Sie Pech.“ Das sollte die Absage auf Ihre Bewerbung auf eine Dezernentenstelle sein.

Unterlegene Bewerber können im öffentlichen Recht Akteneinsicht beantragen, um die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung zu überprüfen. Dies dient der Wahrnehmung effektiven Rechtsschutzes.

Die Kreisverwaltung hatte unsere Frage, ob die Klägerin Einsicht in die Akten erhalten habe, bejaht. Dies dementiert nun der Ehemann, der als Zuhörer selbst bei dem Verfahren in Dortmund anwesend war.

„Unwahr ist, dass meine Frau Einsicht in die Bewerbungsunterlagen bekommen hätte. Sie hatte die Einsicht wiederholt schriftlich und mündlich beantragt, zuletzt sogar anwaltlich, sie jedoch nie bekommen. Offensichtlich wollte der Kreis um jeden Preis eine Einsichtnahme verhindern“, behauptet der Ehemann.

Kreis lehnt Antwort nach „rechtlicher Prüfung“ ab

Vielmehr habe der Kreis Unna in der Gerichtsverhandlung am 14. Februar diesen Formfehler der fehlenden Auskunft gar als Grund für den zunächst verlautbarten Abbruch des laufenden Bewerbungsverfahrens vorgebracht, wie der Ehemann, selbst Direktor eines Amtsgerichts in Ostdeutschland, weiter berichtet.

Nachdem seine Frau im Prozess auf der Akteneinsicht beharrt und die Weiterführung des Auswahlverfahrens eingeklagt habe, habe der Kreis Unna einen Vergleich vorgeschlagen. Die Klägerin sollte auf die weitere Teilnahme am Auswahlverfahren und auf eine künftige Bewerbung auf die fragliche Stelle verzichten. Als Gegenleistung bot der Kreis Unna einen fünfstelligen Betrag an – letztlich einigte man sich tatsächlich auf 10.000 Euro.

Unsere Redaktion hatte die Kreisverwaltung am 19. März mit dem Vorwurf der Falschbehauptung konfrontiert und um Stellungnahme gebeten sowie weitere Fragen gestellt, u.a. auch nach der Hinzuziehung einer externen Personalagentur zur neutralen Bewertung der Qualifikation von Kandidaten, die es in die „Endrunde“ geschafft hatten.

Dr. Guido Mareck, Direktor am Arbeitsgericht Dortmund, in einer Bildmontage vor dem Gerichtsgebäude.
Dr. Guido Mareck, Direktor am Arbeitsgericht Dortmund, bestätigt, dass das Gericht nur mit dem Einverständnis beider Parteien über den Inhalt eines Vergleichs Auskunft geben darf. © Montage: Marcus Land

Die Antwort des Kreises Unna kam erst am 31. März – nach „rechtlicher Prüfung“, wie es heißt. Im Ergebnis wird aber keine der elf gestellten Fragen beantwortet. Nach dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht sei die Angelegenheit „für den Kreis Unna erledigt“, wird erklärt.

Es gebe keine „weiteren Rechtsbeziehungen“ zwischen dem Kreis Unna und der Klägerin. „Daher wird der Kreis Unna sich in dieser Angelegenheit, zumal es sich um vertrauliche Personalangelegenheiten handelt, nicht mehr dazu äußern“, so die weitere Begründung.

Kreis klärt den Formfehler im Verfahren nicht auf

Noch einen Tag vor dem Termin am Arbeitsgericht hatte der Kreis gegenüber unserer Redaktion eingeräumt, dass im Kreishaus wohl ein Formfehler gemacht worden sei und angekündigt, das Besetzungsverfahren in jedem Fall wiederholen zu wollen.

Hinsichtlich des Fehlers war damals noch die Rede davon, dass die Klägerin trotz vorliegender Qualifikationen nicht zumindest zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Wie dieser Fehler passieren konnte und warum die Einladung unterblieben war, hat der Kreis Unna bis heute nicht aufgeklärt.

Der Kreis hatte in diesem Zusammenhang auch nicht dementiert, dass der Kammervorsitzende am Arbeitsgericht die Klägerin sinngemäß als „Schwergewicht, was Qualifikationen und Berufserfahrung betrifft“ bezeichnet und den Vorwurf gemacht habe, die Auswahl für die Dezernentenstelle habe nicht der „Bestenauslese“ entsprochen.

Konkurrentenklage soll fehlerfreie Auswahl prüfen

Der Direktor des Arbeitsgerichts Dortmund sagte im Gespräch mit unserer Redaktion, dass eine Konkurrentenklage allgemein der Nachprüfung diene, ob die Personalauswahl für eine Stelle fehlerfrei war. Dr. Guido Mareck wies zudem darauf hin, dass es ganz allgemein empfehlenswert sei, im öffentlichen Dienst bei der Besetzung von Führungspositionen externe Berater einzusetzen, „die einen anderen Blick auf die Bewerbungen haben.“

Das Gebäude des Arbeitsgerichtes, aufgenommen am 21.09.2011 in Köln (Nordrhein-Westfalen).
Die Konkurrentenklage kam nicht bis ins Hauptsacheverfahren, weil das Eilverfahren mit einem Vergleich beendet worden war. © picture alliance / dpa

Zu einem Urteil kam es am Arbeitsgericht nicht. Auf einen Vergleich habe sich seine Frau, so ihr Ehemann, am Ende eingelassen, weil sie befürchtet habe, bei einer Wiederholung des Besetzungsverfahrens mit zusätzlichen Stellenanforderungen konfrontiert zu werden, die sie nicht hätte erfüllen können.

Er wirft dem Kreis Unna ein nicht korrektes Verfahren vor: „Dass der Kreis Steuergeld dafür verwendet, die beste Wahl für seine Bürger zu verhindern und sich über ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren hinwegsetzt, kann nicht im öffentlichen Interesse sein. Meine Frau hat dem Kreis mehrere Möglichkeiten gegeben, die Fehler gütlich zu heilen. Als das nicht passierte, klagte sie, um das Fehlverhalten öffentlich zu machen.“