„Drehende“: Verein wettert gegen vermeintliche Gendersprache beim ZDF - und blamiert sich

Verein Deutsche Sprache

Der Verein Deutsche Sprache kämpft seit Jahren gegen genderneutrale Sprache. Jetzt hat der Verein ein Sprachungetüm beim ZDF entdeckt. Doch dabei handelt es sich um eine peinliche Verwechslung.

Mainz

16.10.2021, 05:30 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die Genderdebatte sorgt immer wieder für ausufernde Diskussionen in den sozialen Netzwerken.

Die Genderdebatte sorgt immer wieder für ausufernde Diskussionen in den sozialen Netzwerken. © picture alliance/dpa

Der Verein Deutsche Sprache (VDS) unter Leitung des Dortmunder Statistikprofessors Walter Krämer kämpft seit Jahren gegen das Gendern in Behördentexten und Medien. Begriffe wie etwa „die Radfahrenden“, die alle Geschlechter inkludieren sollen, bezeichnet der Verein auf seiner Website als „lächerliche Sprachgebilde“ und ruft dort zum Widerstand dagegen auf. In den vergangenen Jahren wurden seitens des Vereins zahlreiche Aktionen gegen den selbsternannten „Genderunfug“ initiiert.

Nun hat der VDS ein weiteres solcher Sprachungetüme entdeckt - oder glaubt das zumindest. In einer Pressemitteilung des ZDF heißt es in der Überschrift: „Drehende für ZDF-Fernsehfilm ‚Der Bär‘ in Rumänien. Mit Joachim Król und Désirée Nosbusch in den Hauptrollen.“ Anlass für die Aufregung: Das eigentlich sehr harmlose Wort „Drehende“.

Ein Drehende sorgt für Aufregung

„Hey @ZDFpresse @Maigart, was ist eigentlich aus dem Wort ‚Filmteam‘ geworden? Und sind die ‚Drehenden‘ beim Feierabendbier auch noch ‚Drehende‘? Habt ihr eigentlich eine Extra-Abteilung beim @ZDF für ‚Krass lustige Absurditätenwörter*innen_de‘?“, twittert der Verein am Freitag an das ZDF gerichtet.

Auch Unterstützerinnen und Unterstützer des Vereins machen sich unter dem Tweet über die öffentlich-rechtliche Anstalt lustig. Der Filmtitel „Der Bär“ sei aber „nicht sehr inklusiv“ heißt es da etwa - es müsse doch „Die Bär:in“ heißen.

„Der Verein Deutsch Sprache kann nicht lesen“

Das Problem: Der Verfasser des Tweets hatte sich schlichtweg verlesen. Denn statt den „Drehenden“ war tatsächlich einfach das „Drehende“, also der Drehschluss der TV-Produktion gemeint. „Es würde vielleicht helfen den ersten Satz zu lesen“, kommentiert das ZDF süffisant unter die Beschwerde. „,Das ZDF hat die Dreharbeiten zum Fernsehfilm der Woche mit dem Arbeitstitel „Der Bär“ in Rumänien beendet‘.“

Auch andere Twitter-Nutzerinnen und Nutzer machen sich über den Fauxpas lustig. „Der Verein Deutsche Sprache kann also nicht richtig lesen und hat kein Textverständnis“, schreibt einer.

Lustige Verwechslungen sind nicht selten

Zu solch lustigen Verwechslungen im Kampf gegen den „Genderwahnsinn“ kommt es auf der Plattform Twitter immer wieder mal. Im vergangenen Jahr etwa echauffierte sich etwa der AfD-Politiker Gunnar Linnemann über das Wort „Fahrspurende“.

„Jetzt werden sogar Fahrspuren gegendert. Wie wäre es mal mit der guten alten Duden-Rechtschreibung anstatt mit diesem links-grünen Ideologien liebe @bzberlin?“, twitterte Linnemann an die Berliner „BZ“ gerichtet. „Dann verstehen Euch vielleicht auch die Leser wieder.“ Später erklärte Linnemann dem RND, es habe sich um einen Scherz gehandelt. Er habe „die Medientreibenden und alle anderen Leser ein wenig für die deutsche Sprache sensibilisieren“ wollen.

Ähnlich rechtfertigt nun auch der Verein Deutsche Sprache: „Es ist eben das perfekte Beispiel dafür, dass der ÖRR seine Gender-Religion so sehr durchzieht, dass Wörter, die es tatsächlich gibt, drohen, nicht mehr als solche wahrgenommen zu werden“, twittert der VDS-Account als Antwort auf das ZDF.

Briefe an Rundfunkräte

Im Sommer 2020 hatte der Verein Deutsche Sprache rund 500 Mitgliedern in den Rundfunkräten der öffentlich-rechtlichen Sender einen Beschwerdebrief geschrieben. Darin bat er darum, das „Problem“ mit der Gendersprache „auf die nächste Tagesordnung des Rundfunkrates setzen zu lassen“. Insbesondere störe sich der Verein am „Knacklaut“, der etwa in Wörtern wie „Ärzt*in“ zu hören ist.

Dem RND sagte Krämer seinerzeit: „Die deutsche Sprache wandelt sich eben schon lange nicht mehr frei und unbeeinflusst. Es gibt Teile unserer Sprachgemeinschaft, die viel größeren Einfluss ausüben, namentlich Journalisten, Werbeleute, Politiker, die ‚Duden‘-Redaktion und so weiter. (...) Die Gendersprache ist das beste Beispiel dafür, wie eine kleine Gruppe von Sprachpolizisten die Sprachentwicklung mit radikalen Mitteln selbst in die Hand nimmt. Das darf nicht sein.“

Tatsächlich hatten mehrere Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den vergangenen Monaten die Gendersprache in ihrem Programm oder zumindest bei ihren Online-Aktivitäten eingeführt. Andere Sendungen, wie etwa die „Tagesschau“, hatten angekündigt, vorerst keine genderneutrale Sprache benutzen zu wollen. Sie Sendung begrüßt ihre Zuschauerinnen und Zuschauer weiterhin mit „Sehr geehrte Damen und Herren.“

RND/msc