Der Platz neben Rechtsanwalt Helge Rust in Saal 106 des Arbeitsgerichts in Herne blieb am Freitag (31.1.) leer. Sein Mandant, erklärte der Jurist aus Köln, sei leider erkrankt. „Er wäre gern dabei gewesen, hätte auch viel dezidierter antworten können.“ So musste Rust an Segbers‘ Stelle erklären, warum dieser mit der Kündigung durch dessen Arbeitgeber, das Elisabeth-Krankenhaus in Recklinghausen, nicht einverstanden ist.
Dass es überhaupt zu diesem Termin vor Gericht gekommen ist, hat mit der Vorgeschichte zu tun: Der Notarzt Dr. Elmar Segbers hatte nach dem Zugunglück vom Februar 2023, bei dem ein Kind starb und ein anderer Junge schwer verletzt wurde, mit Blick auf den Einsatz massive Vorwürfe gegen Stadt, Feuerwehr und Kreisleitstelle erhoben und Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.
In der Folge eskalierte der Streit trotz eines Mediationsverfahrens: Die Stadt schloss den Mediziner im April 2024 von den Notarztdiensten aus, Ende Oktober dann erklärte die Stadt gegenüber dem Elisabeth-Krankenhaus als Vertragspartner schriftlich, dass Segbers nicht mehr eingesetzt werden dürfe. Daraufhin sprach die Klinik-Leitung ihrem langjährigen Mitarbeiter eine Änderungskündigung aus.
„Versucht, eine Stelle für ihn zu bauen“
Vor dem Arbeitsgericht betonten Krankenhaus-Anwältin Dr. Dagmar Keysers und Jochem Kalthegener als Chef der Personalabteilung, dass man sich in den vergangenen Monaten „schützend vor den Kläger gestellt“ habe, ihm aufgrund des Dienstverbotes durch die Stadt ein Änderungsangebot unterbreitet habe: Segbers könne als leitender Oberarzt in der Notaufnahme arbeiten, für die Leitungsposition fehle ihm allerdings die Qualifikation. „Wir haben versucht, eine Stelle für ihn zu bauen“, so Kalthegener wörtlich. „Und wir können ihn ja nicht schlechter stellen.“ Den Verantwortlichen sei klar, dass Segbers durch den Wegfall der Notarzteinsatzpauschale finanzielle Einbußen habe.

Es habe außergerichtlich viele Gespräche mit dem Mediziner gegeben, man sei im ständigen Austausch gewesen und werde sich dem weiterhin nicht verschließen. Das Krankenhaus habe Segbers freigestellt, „um Emotionen aus der Diskussion zu nehmen“ und um das Mediationsverfahren nicht zu gefährden. „Und es ist unwahr, dass Dr. Segbers nicht an diesem Verfahren beteiligt gewesen sein soll“, unterstrich der Personalverantwortliche der Klinik. „So bedauerlich die Situation ist: Wir sehen nicht, dass all das unverhältnismäßig war“, so Dr. Dagmar Keysers.
„Von Arbeitgeberseite geschieht nichts“
Ganz anders bewertete Segbers‘ Anwalt die Situation: „Spätestens im Juni war allen klar, dass es so nicht weitergehen kann. Das Mediationsverfahren war doch nur eine Veranstaltung für die Öffentlichkeit“, entgegnete Helge Rust. Das Krankenhaus habe sich eben nicht vor seinen Mandanten gestellt. Die Vorgänge seien ausschließlich „durch die Stadt und das, was der Bürgermeister vorgibt“, bestimmt worden.
So seien seinem Mandanten nie die Gründe für die Kündigung genannt worden, der Wunsch nach einem Zwischenzeugnis nicht erfüllt worden – „von Arbeitgeberseite geschieht nichts“. Er und sein Mandant hättens sich bislang „extremst zurückgehalten, weil wir nicht möchten, dass das Verhältnis zerrüttet wird“. Aber mit seiner Qualifikation sei Dr. Segbers auf der ihm alternativ angebotenen Stelle in der Notaufnahme „nicht notwendig. Das, was er jetzt tut, kann jeder, auch ein Assistenzarzt“.
„Es ist eine beschissene Situation“
Auf Nachfrage von Richter Ulrich Nierhoff erklärte Anwalt Rust, dass Dr. Segbers bisher nicht juristisch gegen die Stadt Recklinghausen vorgegangen sei. „Aber die Weigerung der Stadt ist doch existenziell“, machte Nierhoff deutlich und fügte an: „Ich werde die Stadt nicht davon überzeugen können, Dr. Segbers wieder einzusetzen.“ Nur zu gerne würde er im Sinne des Gütetermins eine Lösung präsentieren, doch das sei nicht möglich. Wie verfahren das Ganze ist, brachte der Richter im Folgenden auf den Punkt: „Es ist eine beschissene Situation.“ Klar sei aber: „Das, was die Stadt gemacht hat, wird nicht Gegenstand meiner Prüfung sein.“

Segbers‘ Anwalt will nun die schriftliche Klageerwiderung des Krankenhauses abwarten. Er stellte in Aussicht, dass es vor oder bei einem Kammertermin vor dem Arbeitsgericht zu einer Lösung kommen könnte. Und ganz offenbar hegen Helge Rust und Dr. Elmar Segbers noch eine andere Hoffnung: „Nach den Kommunalwahlen im September wird es den Bürgermeister nicht mehr geben, vielleicht ändert sich dann was...“ Fortsetzung folgt.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 31. Januar 2025.