Der wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung zu einer Entschädigung in Millionenhöhe verurteile ehemalige US-Präsident Donald Trump hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Eine New Yorker Geschworenenjury sah es am Dienstag als erwiesen an, dass Trump die Autorin E. Jean Carroll 1996 in einem New Yorker Nobelkaufhaus angegriffen und sexuell missbraucht hatte.
Sie ordnete auch wegen Verleumdung an, dass Trump insgesamt fünf Millionen Dollar (rund 4,56 Millionen Euro) an die heute 79-Jährige zahlen muss. Trump hatte bereits nach der Entscheidung angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Am Donnerstag reichten seine Anwälte bei Gericht ein entsprechendes Dokument ein.
„Er ist bereit, weiterzumachen. Er wird mit einer Berufung dagegen ankämpfen“, machte Trumps Anwalt Joseph Tacopina nach dem Urteil deutlich.
Für Trump, der im kommenden Jahr als Kandidat der Republikaner in die Präsidentenwahl ziehen will, ist das Urteil eine weitere juristische Schlappe. Auch einige Parteikollegen äußerten sich nach der mit Spannung erwarteten Entscheidung kritisch mit Blick auf die Bewerbung des 76-Jährigen für das höchste Staatsamt.
Trump will erneut Präsident werden
Trump will 2024 erneut US-Präsident werden und bewirbt sich für die republikanische Nominierung - rechtliches Vorgehen gegen ihn in einer Reihe von Fällen stellt er als politisch motiviert dar. Anfang April war Trump als erster ehemaliger US-Präsident in einem anderen Verfahren strafrechtlich angeklagt worden.
Die US-Autorin Carroll hatte Trump in dem aktuellen Fall vorgeworfen, er habe sie Mitte der 1990er Jahre in einem New Yorker Nobelkaufhaus vergewaltigt. Der damals noch nicht als Politiker tätige Immobilienunternehmer hatte die Anschuldigung stets zurückgewiesen. Strafrechtlich sind die Vorwürfe verjährt, zivilrechtlich stand der heute 79-jährigen Carroll der Rechtsweg jedoch offen.
Die Verteidigung Carrolls hatte versucht, ihre Vorwürfe mit mehreren Zeuginnen zu untermauern. Zwei Frauen berichteten, dass die Autorin sie kurz nach dem Vorfall angerufen und von der Tat erzählt hatte. Zwei weitere Frauen schilderten der Jury davon, dass Trump sie in ähnliche Situationen gebracht habe und übergriffig geworden sei.
Trumps Anwalt Joseph Tacopina hatte dagegen gesagt, die Anschuldigungen seien „unvorstellbar“ und „unglaubwürdig“. Trump sei zu diesem Zeitpunkt bereits als Immobilienunternehmer prominent gewesen, so dass eine solche Tat nicht unbemerkt geblieben wäre.
Trump war nicht persönlich anwesend
Trump hatte im Prozess selbst nicht ausgesagt und war bei dem Verfahren nicht persönlich anwesend. Sein Anwalt hatte das damit begründet, dass der ehemalige Präsident den New Yorkern den großen logistischen Aufwand ersparen wolle, der mit einer Reise in die Ostküstenmetropole und den zentralen Bezirk Manhattan verbunden wäre.
Carroll hatte den Vergewaltigungsvorwurf 2019 in einem Buchauszug öffentlich gemacht. Trump reagierte damals unter anderem mit der Bemerkung, Carroll sei nicht sein Typ. Er warf der ehemaligen Kolumnistin des Magazins „Elle“ auch vor, nur den Verkauf ihres Buches ankurbeln zu wollen. Die Schriftstellerin klagte daraufhin gegen Trump - zunächst wegen Verleumdung, weil er sie als Lügnerin dargestellt habe. Ein neues New Yorker Gesetz machte zuletzt die Erweiterung um den Vorwurf der - durch die Vergewaltigung verursachten - Körperverletzung möglich.
Diverse Frauen werfen Trump sexuelle Belästigung vor
Diverse Frauen haben Trump in der Vergangenheit sexuelle Belästigung vorgeworfen, was dieser stets zurückwies. Während seines Präsidentschaftswahlkampfes 2016 war außerdem eine alte Tonaufnahme publik geworden, in der sich Trump anzüglich und herabwürdigend über Frauen äußerte - und darüber, dass man als Star Frauen auch an ihren Genitalien anfassen könne, wenn man es wolle.
Bei der Argumentation der Anwälte Carrolls spielte auch diese Aufnahme von 2005 eine Rolle. Es sei nicht - wie von Trump dargestellt - Gerede unter Männern gewesen, sondern ein Geständnis über die Art, wie er sich verhalte. So habe er es auch bei Carroll getan.
Stimmung in den USA ist aufgeheizt
Die Stimmung in den USA ist angesichts der rechtlichen Verfolgung Trumps aufgeheizt. Gegen den 76-Jährigen wird wegen einer Reihe möglicher Verbrechen ermittelt. Er selbst stellt das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen ihn als „Hexenjagd“ dar, die seine Kandidatur 2024 verhindern soll. Zuletzt waren seine Umfragewerte in parteiinternen Befragungen gestiegen - Trump liegt darin deutlich vor anderen möglichen republikanischen Bewerbern.
Vor einigen Wochen ist Trump in New York in einem anderen Fall strafrechtlich angeklagt worden. Der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, wirft ihm vor, mit Schweigegeldzahlungen an zwei Frauen versucht zu haben, seine Chancen bei der Präsidentenwahl 2016 zu erhöhen und damit gegen Wahlgesetze verstoßen zu haben. Es laufen weitere Ermittlungen gegen ihn - etwa wegen seiner Rolle bei der Erstürmung des US-Kapitols wenige Wochen vor der Vereidigung seines demokratischen Nachfolgers Joe Biden als Präsident.
dpa