Bei dem schweren Zugunglück vom 2. Februar 2023 in Recklinghausen war ein zehnjähriger Junge getötet und sein damals neun Jahre alter Freund lebensgefährlich verletzt worden. Es hatte 90 Minuten gedauert, bis die Kinder überhaupt gefunden wurden – und das auch nur durch einen an ein Wunder grenzenden Zufall.
Nach Ansicht des eingesetzten Notarztes Dr. Elmar Segbers hatte es gravierende Mängel beim Rettungseinsatz gegeben. Er hatte auf Aufklärung gedrängt, damit sich solche Fehler nicht wiederholen. Als es dazu nicht kam, erstattete er Anfang des Jahres Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Feuerwehr-Chef Thorsten Schild, den Ersten Beigeordneten Ekkehard Grunwald und den Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Recklinghausen, Oliver Weber.
Die in mit insgesamt drei Fortsetzungen eingereichten Dienstaufsichtsbeschwerden hat die Bezirksregierung jetzt einhellig zurückgewiesen.
In dem entsprechenden Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, weist die Bezirksregierung zunächst darauf hin, dass sie eigentlich gar nicht zuständig sei. Für Mitarbeiter der Stadt – also den Feuerwehr-Chef und den Ersten Beigeordneten – sei der Bürgermeister, für den Leiter des Rettungsdienstes der Landrat zuständig.

Die Stadt und der Kreis hätten daher die Vorwürfe überprüft und die Ergebnisse der Überprüfung der Bezirksregierung mitgeteilt. Die Bezirksregierung habe hier nur eine „koordinierende Funktion“. Über das Ergebnis dieser Prüfung hatten Stadt und Kreis bereits im März berichtet.
Die dort von den Behörden dargestellte Argumente macht sich die Bezirksregierung zu eigen. Sie schreibt: „Nach Durchsicht und Würdigung der mir diesbezüglich vorgelegten Berichte sehe ich derzeit keine Veranlassung, die dort getroffenen und dargelegten Entscheidungen zu beanstanden.“ Und dann wiederholt die Bezirksregierung in langen Passagen die von den Behörden vorgelegten Erklärungen.
Zeugen wurden nicht gehört
Dieses Vorgehen verteidigt die Bezirksregierung so: „Ich möchte hier auch darauf hinweisen, dass – anders als in gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Verfahren, die kommunalaufsichtliche Prüfung weder vertiefte Ermittlungskompetenzen noch Zeugenvernehmungen vorsieht.“ Das heißt: Zeugen wie der Notfallsanitäter, der die Jungen überhaupt erst gefunden hatte und die Darstellungen von Dr. Segbers bestätigt hatte, wurden gar nicht erst gehört.
„Grundlage der rein rechtlichen Prüfung sind vornehmlich der vorgetragene Sachverhalt und die Stellungnahmen der Kommunen“, schreibt die Bezirksregierung und fährt fort: „Im Übrigen bitte ich um Ihr Verständnis, dass meine Prüfung nicht die Bewertung einzelner Verhaltensweisen der Personen untereinander oder von persönlichen Charaktereigenschaften umfasst. Dies gehört vorliegend nicht zum Prüfbereich der allgemeinen Kommunalaufsicht.“
„Sensiblerer Umgang miteinander wäre wünschenswert“
Bei aller Zurückhaltung übt die Bezirksregierung – wenn auch sehr gemäßigt – Kritik: „Sicherlich wäre mit Sicht von außen gerade vor dem Hintergrund eines derart belastenden Rettungseinsatzes ein sensiblerer Umgang der beteiligten Personen miteinander wünschenswert gewesen.“
Und: „Mir ist bewusst, dass manche der in Rede stehenden Verhaltensweisen beteiligter Personen Unmut bei Ihnen hervorrufen.“ Jetzt müsse es, so schreibt die Bezirksregierung, um die „die Wiederherstellung einer ausreichenden Vertrauensbasis“ gehen. Daher habe er eindringlich dafür geworben, möglichst zeitnah ein Mediationsverfahren durchzuführen. „Sowohl die Stadt als auch der
Kreis Recklinghausen haben bereits signalisiert, dass sie an einem Einigungsprozess interessiert sind“, so die Bezirksregierung.
Im Übrigen beschäftige sich ja auch die Staatsanwaltschaft noch mit den Vorgängen. Das Ergebnis dieser Ermittlungen bleibe abzuwarten.
Dr. Segbers war für eine Stellungnahme zu dem Einstellungsbescheid nicht zu erreichen.