Nicht in Wien, sondern „in einem Badeort in der Nähe einer Großstadt“ spielt die Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß. Regisseur Hinrich Horstkotte macht daraus in seiner Inszenierung für die Oper Dortmund „Baden bei Wien“ und verlegt die Handlung in eine Badeanstalt. Dass er damit baden geht, mag auch daran liegen, dass die Glanzzeiten der Operette vielleicht vorbei sind und manche Gags heute nicht mehr zünden. Nach der Premiere am Samstagabend im Opernhaus gab es auch Buhs für das Regieteam.
Man fühlt sich ins Uraufführungsjahr 1874 zurückversetzt: Ein Sisi-Gemälde hängt bei den Eisensteins über dem Tisch. Die Rückseite des Drehbildes zeigt die Kehrseite gesitteten Lebens, die entblößte Kaiserin – einer der gelungenen Gags des Abends.

Schön bunt ist diese „Fledermaus“, aber sie hat mit fast drei Stunden Spieldauer Längen, vor allem in den Dialogen im zweiten Akt. Aber sie beginnt launig während der Ouvertüre: Hinter sieben Türen in der Badeanstalt verschwinden Paare, die nicht zusammengehören. Da linsen Kinder durch Schlüssellöcher, und es fallen Badehosen – es sieht nach einer „Tür auf, Tür zu-Komödie“ aus. Aber dann bringt Bühnenbildner Martin Dolnik mit Eisensteins Puppenstuben-Kammern angestaubten Mief auf die Bühne.
Im zweiten Akt, im Ballsaal, beim Fest des Fürsten Orlofsky (Countertenor David DQ Lee), zu dem man gerne nicht eingeladen sein möchte, dreht Dolnik auf, lässt einen Wasserhahn einschweben und die Festgesellschaft im Waschbecken tanzen. Allerdings verpufft auch dieser Gag, denn außer dass Glitzerstoff aus dem Hahn tropft, passiert nichts.
Westfalen-Polonaise
Das Gefängnis im dritten Akt liegt in der Kanalisation unterhalb des Waschbeckens, durch dessen Abflussrohr alle auf die Bühne rutschen. Und wenn man denkt, tiefer sinken kann die Inszenierung nicht, kommt ein Steffen Schortie Scheumann daher und quasselt als Frosch gute Laune herbei. Der dritte Akt ist gutes Volkstheater, toll gespielt und kurzweilig. Auch Tenor Sungho Kim unterhält in der Zelle als irrtümlich inhaftierter Alfred mit Zitaten von „Fidelio“ bis „Traviata“.
Schillernde Typen hat die Inszenierung. Und den Falken (Daegyun Jeong) als Fledermaus und Strippenzieher stellt Horstkotte auch gut heraus. Aber es mangelt an Personenführung, vor allem der Dortmunder Opernchor tänzelt wie die Westfalen, die mal richtig lustig sein wollen, auf einer Ballsaal-Polonaise. Dass die Tänzer in den Einlagen Ballett-Mäuse mit Disney-Ohren sind – geschenkt.
Wiener Blut
Die Dortmunder Philharmoniker ließen unter Motonori Kobayashi immer mal wieder an Champagnerklängen nippen. Auch das Sängerensemble entschädigte für die Albernheiten der Regie.
Fritz Steinbacher wienert sich launig als Eisenstein durch die Seitensprung-Seifenoper, Tanja Christine Kuhn singt eine starke Rosalinde – weniger mit Csárdás-Stimme, dafür aber mit feurigem Paprika-Hut (die Kostüme stammen auch von Hinrich Horstkotte). Sooyeon Lee, gerade von einer Erkältung genesen, war mit Adelen-Silberstimme die „Unschuld vom Lande“. Für Morgan Moody war die Rolle des Gefängniswärters zu klein, um richtig zeigen zu können, was er kann. Insgesamt war das aber mehr alkoholfreier Punsch als Champagner.
Weitere Aufführungen
Termine: 1. / 13. / 19. / 31. 12., 2025: 4. / 24. / 26. / 31. 1., 7. / 9. / 19. 2., 1. 3.; Karten: Tel. (0231) 502 72 22 oder www.theaterdo.de
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