Die Currywurst gibt es nur, weil vor 70 Jahren in Berlin der Senf ausging

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Die Currywurst gibt es nur, weil vor 70 Jahren in Berlin der Senf ausging

rnErfindung der Currywurst

Gab es ein Leben vor der Currywurst? Schwer vorstellbar. Heute gibt es kaum ein Dorf, keine Stadt, wo sie nicht zu haben ist. Dabei wird sie erst 70 Jahre alt, die Currywurst.

Dortmund

, 23.08.2019, 11:13 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Geburtsstunde der Currywurst schlug am 4. September 1949 in Berlin. Das ist zumindest die gängigste Lesart. Die 36-jährige Herta Heuwer eröffnete im August 1949 in Charlottenburg einen Kiosk, in dem sie auch Brühwürste anbot. Im Nachkriegsdeutschland herrschte Mangel. Anfang September, so erzählte es Herta Heuwer später, ging ihr der Senf aus. Was tun? An jenem 4. September, ein Sonntag, habe sie in ihrem Kiosk festgesessen. Es habe heftig geregnet, sie habe keinen Schirm gehabt. Also habe sie die Zeit genutzt, um das Senf-Problem zu lösen. Aus dem, was noch da war, habe sie eine Soße kreiert – aus Tomatenmark, Curry und anderen Gewürzen. Die Currywurst war geboren.

Oder nicht? Ein Problem an der Geschichte: Der 4. September 1949 war in Berlin ein schöner Tag, es regnete nicht. Hatte sich Herta Heuwer in ihrer Erinnerung im genauen Tag geirrt? Möglich. Ein zweites Problem: Seit 1993 will auch Hamburg Currywurst-Geburtsort sein. Diese Behauptung stützt sich allerdings allein auf die Kindheitserinnerung des Schriftstellers Uwe Timm. Der behauptet, schon 1947 – lange vor Herta Heuwers Erfindung – in Hamburg eine Currywurst gegessen zu haben. 1947 war Timm gerade mal sieben Jahre alt. Da halten wir uns lieber an Herta Heuwer.

Mit der Wurst ohne Pelle kam der Durchbruch

Sicher ist, dass ihre Soße nicht sofort zum Erfolg wurde. Das geschah erst Anfang der 50er-Jahre, als sie sich zur Zusammenarbeit mit Max Brückner entschloss. Der hatte in Berlin eine „Wurst ohne Pelle“ entwickelt und mit Frank Friedrich die Wurstmanufaktur „Maximilian“ gegründet. Jetzt wurde die Berliner Currywurst zum Verkaufsschlager.

Heute wird unter dem Namen Currywurst höchst Unterschiedliches angeboten. Im Osten Deutschlands ist die Wurst ohne Darm die Regel, im Westen die Wurst mit Darm. Und bei der Soße gibt es fast so viele Varianten wie es Pommesbuden gibt. Currywurst mit Pommes, das ist Kult – beim Malocher ebenso wie bei Bankern. Als „Mantaplatte“, „Asischale“, „Schimanski-Teller oder „CPM“ (Currywurst, Pommes, Majo).

Das beliebteste Kantinen-Essen Deutschlands

Seit 27 Jahren, so berichtet der Verpflegungsanbieter Apetito, steht Currywurst mit Pommes auf Platz 1 der beliebtesten Kantinen-Essen Deutschlands. Seit 2002 gibt es die Currywurst auch als Tiefkühl-Fertiggericht und Gastronomen mit Hang zum Elitären bieten Currywurst mit Blattgold an. Ob die Wurst in Stückchen geschnipselt oder als Ganzes serviert wird – Currywurst darf sich alles nennen. Selbst die EU hat bis heute keine Currywurst-Richtlinie erlassen.

2009 wurde in Berlin ein Currywurst-Museum eröffnet, das allerdings Ende 2018 wieder schloss. Das Museum ermittelte 2016, dass in Deutschland im Jahr über 800 Millionen Currywürste verkauft werden. Wie gut, dass Herta Heuwer, die 1999 starb, vor 70 Jahren der Senf ausging.