Knapp sechs Monate nach einem nächtlichen Großbrand in einem Wohnhaus an der Hohen Straße hat ein ehemaliger Mieter aus Datteln am Bochumer Schwurgericht zugegeben, das Feuer gelegt zu haben. Die Brandlegung skizzierte der 45-Jährige als Verzweiflungstat. Bei einem „Lebensretter“ bedankte er sich.
Der Dattelner kann sich nach eigenen Angaben noch gut an die Nacht auf den 22. November 2023 erinnern. „Ich habe eine Kurzschlussreaktion gefasst, Kleidung und Zeitungen angezündet und mich dann auf mein Bett gesetzt“, sagte er am Montag, 13. Mai, beim Prozessauftakt.
Seit mehr als zehn Jahren schon leide er an einer psychischen Erkrankung. Wenn er eine Psychose habe, werde er regelmäßig von Stimmen in seinem Kopf terrorisiert. Angeblich auch in dieser Nacht. Und diesmal habe er sich endgültig davon befreien wollen.

„Ich hatte die Schnauze von den Stimmen gestrichen voll. Ich wollte in meinem Bett verbrennen“, erinnerte sich der 45-Jährige.
Die Stimmen in seinem Kopf hätten ihn innerlich zermürbt. Schon kurz nachdem er die um sein Bett geschichteten Gegenstände angezündet hatte, habe er es allerdings mit der Angst zu tun bekommen.
„Die Flammen wurden so groß und so heiß, dass ich Panik gekriegt habe“, sagte der Dattelner.
Mit einem großen Wassertopf will der 45-Jährige noch einen Löschversuch unternommen haben, dabei allerdings gescheitert sein: „Das Feuer wurde immer größer, dann bin ich rausgelaufen.“
Bewohner in Lebensgefahr?
Staatsanwalt Max Hagemann wirft dem Dattelner schwere Brandstiftung und versuchten Mord vor.
Durch die Brandlegung und das Verlassen des Hauses „ohne die übrigen Bewohner auf die Gefahr aufmerksam zu machen“, habe der 45-Jährige billigend in Kauf genommen, dass „schlafzeitbedingt arg- und wehrlose Hausbewohner durch Feuer oder Rauchentwicklung zu Schaden kommen“, heißt es in der Anklage. Insbesondere der direkte Dachgeschossnachbar habe in Lebensgefahr geschwebt.
„Ich bin davon ausgegangen, dass meine Nachbarn nicht zu Hause sind“, beteuerte der Angeklagte an der Seite seines Verteidigers Olaf Krekeler. Anders als sonst sei in dieser Nacht nichts zu hören gewesen.
Auf Nachfrage räumte der Dattelner ein, beim Anzünden des Feuers seinen Nachbarn und dem möglichen Ausmaß keinen Gedanken gewidmet zu haben: „Ich habe nur daran gedacht, die Stimmen endlich loszuwerden. Ich wollte endlich meine Ruhe haben.“
Auch den nachfolgenden Satz formulierte der Angeklagte, ohne mit der Wimper zu zucken: „Hätte ich eine Pistole zu Hause gehabt, wäre ich heute nicht hier.“ Heute, das versicherte er aber, gehe es ihm wieder „gut“. Er habe weder Suizidgedanken noch werde er (weil medikamentös behandelt) von Stimmen geplagt.

Auf seinem Fußweg durch die Stadt will der 45-Jährige angeblich noch an einen Notruf an einer Telefonzelle gedacht haben, die bereits vorbeifahrenden Feuerwehrwagen hätten ihn dann aber davon abgebracht.
Der Dattelner war Stunden später zum Brandort zurückgekehrt und von der Polizei festgenommen worden. Aktuell sitzt er seit sechs Monaten in U-Haft.
Dass aus dem verheerenden Feuer - der Sachschaden beläuft sich laut Anklage auf mehr als 100.000 Euro - letztlich keine tödliche Katastrophe geworden ist, lag wohl entscheidend an einem Zeitungsboten der Dattelner Morgenpost.
„Die Stadt hat so komisch gerochen“, erinnerte sich der 19-Jährige im Zeugenstand an die Brandnacht. Früher oder später sei er an der Hohen Straße angekommen, habe Sturm geklingelt und sofort die Feuerwehr alarmiert. Acht Menschen konnten durch die Rettungskräfte aus dem Haus gerettet werden.
Gefängnisstrafe droht
Für den Prozess sind noch vier Verhandlungstage bis zum 24. Juni anberaumt. Dem Angeklagten droht eine mehrjährige Gefängnisstrafe, möglicherweise aber auch verknüpft mit einer Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie.