Antisemitische Parolen an Grundschule in Datteln „Da will jemand den Muslimen schaden“

Antisemitische Parolen an Schule: „Da will jemand den Muslimen schaden“
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Die Vorfälle vom 12. Mai haben die Schulgemeinde der Dattelner Böckenheckschule geschockt. Unbekannte haben auf die Schulwände antisemitische und sexistische Parolen geschmiert wie „Keine deutsche Lehrerfrau hat euch was zu sagen“ oder „Nur Allah ist wahre Gott“ (sic). Beim ersten Betrachten drängt sich der Verdacht auf, dass hier Islamisten am Werk waren. Die Polizei hat noch keine heiße Spur zu den möglichen Tätern, oder dem Täter. Unsere Redaktion hat in dem Zusammenhang mit Politikwissenschaftler Simon Hölscher (32) aus Datteln und dem Sprecher der türkischen-islamischen Gemeinde Datteln, Ali Kalinsazlioglu, gesprochen. Beide äußern im Gespräch ihre Zweifel, dass hinter den Schmier-Parolen an der Grundschule wirklich Muslime stecken.

Ali Kalinsazlioglu, Sprecher der türkischen Gemeinde in Datteln, steht vor einer Moschee.
Ali Kalinsazlioglu ist überzeugt: Mit den jüngsten Schmierereien an der Böckenheckschule will jemand den Muslimen in Datteln schaden. © Benjamin Kübart

Simon Hölscher ist Politikwissenschaftler und Historiker, arbeitet seit rund einem Monat am Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW in Düsseldorf, kurz IDA-NRW genannt. Es ist ein gefördertes Projekt des Landes und der 32-jährige Dattelner beschäftigt sich konkret damit, Antisemitismuskritik und Rassismuskritik „zusammen zu denken“, wie er im Gespräch erklärt.

„Passen nicht in den Sprachduktus“

Ihm gehe es nicht darum, hier Zweifel anzumelden, weil er die Situation besser einschätzen könne als zum Beispiel die Polizei. Er möchte vielmehr im Zusammenhang mit solchen Schmierereien eine Korrektur des Nachdenkens erreichen. Die Schmierereien seien klar antisemitisch. Hölscher spricht von Unstimmigkeiten. „Sie passen nicht zum Sprachduktus eines islamistischen Hintergrundes“, sagt Simon Hölscher. Er möchte einen sich radikalisierenden Täter nicht ausschließen. Oder der Täter möchte eine ideologische Motivation vortäuschen, die er tatsächlich gar nicht habe.

Porträt von Politikwissenschaftler Simon Hölscher aus Datteln.
Politikwissenschaftler Simon Hölscher aus Datteln spricht im Zusammenhang mit den jüngsten Schmier-Parolen an der Böckenheckschule von Unstimmigkeiten. „Sie passen nicht zum Sprachduktus eines islamistischen Hintergrundes.“ © Privat

Hölscher warnt davor, eine solche Debatte verkürzt zu führen. Aktuell gebe es zwei Debatten in Deutschland, die viel Verve besäßen. Das ist zum einen das Thema Migration und zum anderen die Anschläge auf Israel am 7. Oktober und seitdem der Krieg Israels gegen die Hamas. Hier bestehe die Gefahr, dass sich die Themen Antisemitismus und Rassismus miteinander verquicken. „Die Felder sind sehr aufgeladen“, sagt der Politikwissenschaftler. Er appelliert deshalb an die Stadtgemeinschaft in Datteln, sich nicht mit einfachen Antworten zufriedenzugeben. „Die Suche nach den komplizierten Antworten müssen wir gemeinsam gehen.“

Ali Kalinsazlioglu, Sprecher der türkischen Gemeinde in Datteln, hat zu den Vorfällen an der Böckenheckschule eine sehr konkrete Meinung; „Da will jemand den Muslimen schaden.“ Die Schmierereien seien natürlich auch im Vorstand der Gemeinde diskutiert worden und intern an die Gemeinde weitergegeben worden.

„Es ist ein Widerspruch in sich“

Auch er wisse natürlich nicht, wer dahinterstecke. Aber das Wort Allah auf den Boden schreiben? „Das macht kein Moslem.“ Denn das bedeute, dass man Allah mit Füßen tritt. „Das ist eine Respektlosigkeit, die sich Moslems nicht erlauben würden. Und es ist ein Widerspruch in sich“, sagt Ali Kalinsazlioglu.

Er erinnert auch an Vorfälle aus Dortmund, wo zum Beispiel eine türkische Fahne auf dem Boden ausgebreitet wurde, auf die Passanten dann Kleingeld werfen konnten, um etwas zu spenden. „Da haben sich auch viele Leute aufgeregt. Eine türkische Fahne gehört nicht auf den Boden.“ Und beim Thema Religion, beim Schreiben des Wortes Allah auf den Boden, sei das noch eine Stufe schlimmer.