„Das war die Hölle“ Schiedsrichter Caner Mavis (19) macht Gurbet Spor Bergkamen heftige Vorwürfe

„Das war die Hölle“: Schiedsrichter Caner Mavis (19) macht Gurbet Spor Bergkamen heftige Vorwürfe
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So etwas will niemand erleben. Schon gar nicht auf dem Sportplatz. Caner Mavis ist seit knapp zwei Jahren als Schiedsrichter im Fußballkreis Unna-Hamm aktiv, pfeift für den SSV Hamm. Doch ob oder wie lange der 19-Jährige seinem Hobby noch weiter nachgehen wird, ist unklar.

Zu heftig sollen die Geschehnisse rund um den Spielabbruch der C-Liga-Partie zwischen Gurbet Spor Bergkamen und dem TuS Hamm II am Sonntag (4. Dezember) gewesen sein. Der Unparteiische jedenfalls erhebt schwere Vorwürfe gegen den Bergkamener Verein und denkt offen übers Aufhören nach. Der Vorstand von Gurbet Spor jedenfalls relativiert die Anschuldigungen, der Sportchef will handeln.

Caner Mavis hat sich ganz bewusst für seine öffentliche Aussprache entschieden. Der Schiedsrichter der Partie wollte zunächst klarstellen, dass nicht er es war, der am Sonntag eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt habe. Wie die Polizei inzwischen bestätigte, sei diese „von Amts wegen“ − also von der Polizei selbst − gegen eine unbekannte Person gestellt worden.

Was sich Caner Mavis von dieser/diesen unbekannten Person/en am Sonntag während des besagten Spiels habe anhören müssen, wäre ein weiterer Teil einer fatalen Entwicklung im Amateurfußball: Schiedsrichter können sich offensichtlich mancherorts nicht mehr sicher fühlen. „Wenn mir ein Verein so dermaßen auf die Pelle rückt, brauchen sie sich nicht wundern, dass ich spreche“, sagt Mavis. Hier ist seine Sicht der Dinge.

Schiedsrichter hatte Angst

„Ich wurde heftig von der Seitenlinie beleidigt, weil ich angeblich gegen Gurbet Spor gepfiffen hätte“, erzählte Caner Mavis. Irgendwann reichte es dem Teenager. Er wollte wegen Beleidigung die Rote Karte zücken. Das habe jemand von Gurbet Spor gesehen, der den Schiedsrichter daraufhin türkisch auf sexueller Basis beleidigt und bedroht habe.

Die direkte Frage, ob dies eine Drohung sei, habe die Person von Gurbet Spor laut dem Referee sogar bejaht. „Dann habe ich abgebrochen. Die haben mir alles mögliche zugerufen, aber ich lasse mir nicht drohen“, sagt Caner Mavis.

Ob er in diesen Momenten Angst gehabt hätte? „Ja“, sagt der Unparteiische ohne lange zu überlegen, „wenn 20 Typen dir hinterherschreien, ich müsse aufpassen, wenn ich aus der Kabine komme und sie hätten meine Adresse herausgefunden, dann schon.“

Mavis habe sich nach dem durch ihn durchgeführten Spielabbruch in der Kabine eingeschlossen und auf die Polizei gewartet. Zu bedrohlich sei ihm die Lage gewesen, hatte er neben zwei Roten Karten für Gurbet-Spor-Spieler zusätzlich auch noch zwei Rote Karten gegen Vereinsverantwortliche ausgestellt.

Gurbet will Image aufpolieren

Onur Öncü, der stellvertretende Vorsitzende von Gurbet Spor wollte die Dinge so nicht unkommentiert stehen lassen. Dass der Schiedsrichter belagert worden sei, stimme nicht. „Niemals“, meint Öncü, „so etwas machen wir nicht. Nach dem Spiel war alles ruhig. Unsere Spieler sind duschen gegangen, haben etwas gegessen und sind nach Hause gefahren.“ Das bestätigte indirekt auch die Polizei, die bei der Ankunft am Sonntag am Bergkamener Häupenweg keine großen Menschenmasse mehr angetroffen habe.

Laut Öncüs Aussage habe der Schiedsrichter übertrieben. Er bestätigte aber nochmal: „Vielleicht hat jemand gerufen: ‚Wir wissen, wo du wohnst.‘ Aber das war mehr ein typischer Kreisliga-Spruch, eine blöde Floskel.“ Dem Vorstand ist es wichtig, zu betonen, dass man bei Gurbet Spor Bergkamen nach wie vor alles versuche, das in der Vergangenheit in Verruf geratene Image des Vereins aufzubessern. Die ganze Aktion von Sonntag sei zutiefst rufschädigend. „Das wollen wir nicht, das wollen auch unsere Sponsoren nicht“, sagt Öncü.

Gurbet-Sportchef Emre Demircan sitzt
Gurbet-Sportchef Emre Demircan hat sich zu den Vorkommnissen am Sonntag geäußert und die Drohungen gegen den Schiedsrichter verurteilt. © Schürmann

Emre Demircan ist der Sportliche Leiter bei den Bergkamener. Auch er bestätigt die „Wir-wissen-wo-du-wohnst“-Rufe, verurteilt diese aber: „Das gehört sich nicht und ist nicht in Ordnung. Wer es gesagt hat, weiß ich nicht. Aber es muss von den Zuschauern gekommen sein. Die bedrohliche Situation, die der Schiedsrichter beschreibt, kann ich nachvollziehen.“

Deshalb werde der Verein auch handeln. Demircan hat eine konkrete Idee: „Wir werden diesen ganzen Ärger intern klären und werden konsequent durchgreifen. Wir als Gurbet Spor Bergkamen distanzieren uns von jeglicher Form der Gewalt, Bedrohungen und Beleidigungen. In Zukunft müssen wir zusehen, dass wir mehr Ordner abstellen, damit wir solche Aktionen vermeiden.“

Schiri will nie wieder Gurbet-Spiele pfeifen

Für den Referee steht zumindest eines fest: Zu Gurbet Spor Bergkamen werde er nie wieder hingehen: „Das war die Hölle für mich. An keinem Ort der Welt habe ich mich je so unsicher gefühlt wie an diesem Tag bei Gurbet Spor.“

Sein Hobby Fußball − es wurde zum „Horror“, wie Caner Mavis sagt. Dieser erlebte Horror veranlasst den 19-Jährigen jetzt dazu, umzudenken: „Ich weiß nach der ganzen Sache noch nicht, ob ich Schiedsrichter bleibe. Ich habe mich fast schon entschieden, aufzuhören. Wenn dir Leute sagen, sie kommen zu dir nach Hause, weil du angeblich schlecht pfeifst, dann ist mir das persönlich zu gefährlich.“

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