
Joachim Meyerhoff und Angelika Winkler als Sohn und Mutter in Jan Bosses „Eurotrash“-Inszenierung. © Schellhorn
Das Publikum feiert zwei Star-Schauspieler in ungewöhnlichen Rollen
Angela Winter und Joachim Meyerhoff bei den Ruhrfestspielen
Nicht nur Mutter-Tochter-Beziehungen sind schwierig. Christian Kracht schickt in seinem Roman „Eurotrash“ Mutter und Sohn, die ebenfalls eine komplizierte Verbindung eint, auf die Reise.
Jan Bosse hat das Werk für die Berliner Schaubühne am Lehniner Platz adaptiert. Seine Uraufführungsinszenierung der Roadmovie-Komödie mit Angela Winkler und Joachim Meyerhoff, der am Anfang seiner Karriere auch mal zum Dortmunder Schauspiel-Ensemble gehört hatte, war am Freitag erstmals bei den Ruhrfestspielen auf der großen Bühne des Festspielhauses in Recklinghausen zu sehen.
Und nach 140 pausenlosen, unterhaltsamen Minuten feierte das Publikum die beiden Ausnahme-Schauspieler mit Ovationen im Stehen und ließ einen Blumenregen auf die beiden niedergehen.
Mutter und Sohn haben ein schwieriges Verhältnis
In Parka, Jeans und mit Zauselbart richtet Meyerhoff die Bühne vor einer grauen Waschbetonwand mit Requisiten ein. Noch bei Saallicht beginnt er gekonnt mit dem Erzählen. Seine alte und nicht nur an Demenz leidende Mutter hat ihn nach Zürich bestellt.
Das bereitet dem Sohn eine Verstopfung, denn die Familien-Konstellation ist nicht einfach. Während er sich für Mama schick macht (Kathrin Plath hat ihm einen himmelblauen Anzug verpasst) führt er in die Familiengeschichte ein.
Erinnerung an die Vergangenheit mit Nazis und Missbrauch
Den 80. Geburtstag verbrachte die Mutter schon in der Psychiatrie. Sie vertreibt braune Geister der Vergangenheit und die Missbrauchserfahrung, die auch ihr Sohn machte, mit Alkohol und Tabletten. Sie versteht es – laut Sohn – aber immer noch, ihre Mitmenschen zu manipulieren, auch den Sohn.
Dann betritt Angela Winkler im knallgelben Kleid, mit aufgeschminkten Blutergüssen im Gesicht die Bühne. Spielszenen wechseln sich nun mit Erzählungen des Sohnes ab.
Die Reise führt im Segelboot mit viel Slapstick nach Afrika
Sie steigen in ein Taxi, denn Mama will nach Afrika, Zebras gucken. Stéphane Laimé hat ihnen für die Erinnerungsreise allerdings ein Segelboot auf die Bühne gestellt, das von Meyerhoff mit viel Slapstick geentert wird.
Angela Winklers Mutter ist keine gebeugte, klapprige Alte, sie kann resolut, verletzend und verletzlich, kindlich sein. Ihr Sohn schluckt die Demütigungen, ist um sie besorgt und von ihr genervt. Familie kann so grausam sein.