Conny Lehmann hat alleine schon 380 freilebende Katzen eingefangen und „gesichert“, wie sie es ausdrückt. Das heißt, die Tiere wurden zum Tierarzt gebracht, gegen Krankheiten behandelt und kastriert. Mit ihrem Engagement will die Tierschützerin aus Marl das Leid der sogenannten Streunerkatzen mildern. Doch sie stellt fest, dass dies zunehmend ein Kampf gegen Windmühlenflügel ist.
Conny Lehmann ist eine von den Tierfreunden, die im April dieses Jahres die „Tierschutzinitiative Kreis RE“ gegründet haben. Unter diesem Dach haben sich Tierschutzvereine und -organisationen, ehrenamtliche Tierschützer und engagierte Bürger aus dem Vest zusammengeschlossen. Aktuell setzt sich die Initiative für die Einführung einer flächendeckenden, einheitlichen Katzenschutzverordnung für den Kreis Recklinghausen zum Schutz der freilebenden Katzen ein. Ein entsprechender Antrag ist an den Kreistag in Recklinghausen gerichtet worden.
Ein Streuner ist eine verwilderte Katze, die keinem Besitzer mehr zugeordnet werden kann. Es sind Nachkommen ausgesetzter, zurückgelassener oder entlaufener Hauskatzen. Sie ernähren sich von Mäusen und Müll, „aber eigentlich kommen sie ohne menschliche Unterstützung nicht zurecht“, berichtet Lars Riedel von der privaten Initiative „Streunerseelen“, die sich in Castrop-Rauxel und Waltrop um das Wohlergehen dieser Tiere kümmert. Kreisweit sollen es rund 15.000 Streuner sein, die auf den Straßen, in Schrebergärten, in Industriegebieten oder auf Bauernhöfen leben. Ihr Dasein sei von Hunger, vor allem aber auch von Krankheiten geprägt. „Die meisten Katzen werden voller Parasiten, teilweise schwer krank, durch Unfälle verletzt, unterernährt oder durch Inzucht missgebildet aufgegriffen“, heißt es in einem Papier der Tierschutz-Initiative.

Weniger Spenden für den Tierschutz
Der Tierschutz im Kreis Recklinghausen kämpft gegen dieses Tierelend an. In den Jahren von 2019 bis 2021 seien kreisweit 3900 Katzen gesichert worden. „90 Prozent waren nicht kastriert, 80 Prozent krank“, berichtet Conny Lehmann von den „Streunerkatzen Marl“. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, ergänzt Lehmanns Teamkollegin Simone Zeglinski. Denn die Population verwilderter Hauskatzen wachse unaufhaltsam, die Zahl kranker Tiere nehme zu, die (Tierarzt-)Kosten stiegen. Gleichzeitig nehme die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten ab.

Von einer Katzenschutzverordnung verspricht sich die Tierschutzinitiative Kreis RE wirksame Hilfe. Sie würde zum Beispiel die Kastration von „Freigängern“ - das sind Katzen, die einen Besitzer haben, der ihnen unkontrollierten Zugang nach draußen gewährt - zur Pflicht machen; ebenso deren Kennzeichnung (Chip) und Registrierung. Denn diese Tiere sind ein Teil des Problems, betont Iris Koczwara vom Dorstener Verein Graues Gold e.V. (Tierschutz, Jugend- und Seniorenhilfe). Unkastrierte Freigänger sorgten stetig für Nachwuchs in den Streuner-Populationen.
Helfer hoffen auf finanzielle Unterstützung
Auch würde eine kreisweite Verordnung den Helfern Rechtssicherheit verschaffen, etwa beim Betreten von Firmen- und Privatgrundstücken. Und schließlich versprechen sich die Tierschützer eine finanzielle Unterstützung bei ihrer Arbeit. Der Nachbarkreis Coesfeld zum Beispiel habe im Rahmen einer Katzenschutzverordnung ein Budget von 70.000 Euro eingerichtet, berichtet Conny Lehmann. Das Geld würde helfen, um zum Beispiel die Tierarztrechnungen zu begleichen. „Wir selbst würden uns natürlich weiter ehrenamtlich engagieren und uns um die Streunerkatzen kümmern“, versichert die Tierschützerin aus Marl.
Der Tierschutz ist im Grundgesetz verankert (Artikel 20a).
In §1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) heißt es: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
§13b TierSchG ermächtigt die Landesregierungen, eine Katzenschutzverordnung für die Gegenden zu erlassen, in denen durch große Populationen Schmerzen, Leiden und Schäden an freilebenden Katzen nachgewiesen werden. Diese Ermächtigung wurde 2015 auf die Kreisordnungsbehörden übertragen.
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