Dachdecker sucht Azubi, aber keine Juden oder „Bimbos“ Rassismus-Skandal in Sachsen

Dachdecker sucht Azubi, aber keine Juden oder Schwarze: Rassismus-Skandal in Sachsen
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In sozialen Netzwerken sorgt ein Foto aus dem Amtsblatt der sächsischen Stadt Sebnitz für Empörung. Darin sucht ein seit 30 Jahren etablierter Dachdeckermeister ab kommendem Jahr einen Auszubildenden, schränkt aber ein, dass „Hakennasen“, „Bimbos“ oder „Zeppelträger“ sich nicht bewerben brauchen. Der Handwerker möchte offenbar keine Schwarzen oder Juden als Bewerber. Was mit „Zeppelträgern“ gemein ist, ist unklar. Gegen den Dachdecker ist Anzeige erstattet worden.

„Beschämend“, „untragbar“, „verachtend“, „ausländerfeindlich“

Bürgermeister Ronald Kretzschmar (Freie Wähler) und die Stadt Sebnitz haben sich in sozialen Netzwerken bereits distanziert, bezeichnen die Anzeige als „beschämend und für uns absolut untragbar“ und verspricht Aufklärung. In dem Grenzblatt sei eine „private Anzeige mit verachtendem und ausländerfeindlichem Inhalt erschienen.“ Volksverhetzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit hätten in der Stadtverwaltung keinen Platz.

Ronald Kretzschmar, Oberbürgermeister von Sebnitz, steht vor dem Rathaus.
Mit einer Anzeige im Amtsblatt der Stadt Sebnitz sucht eine Dachdeckerfirma nach Azubis - und macht dabei eine menschenverachtende Einschränkung. Bürgermeister Ronald Kretzschmar entschuldigte sich für den Vorfall. © picture alliance/dpa

Wie es zu dem Fall kommen konnte, ist noch unklar. Die Stadtverwaltung verteidigt sich: Sie sei nur für den redaktionellen Teil des Blattes verantwortlich und kenne den Anzeigenteil bis zur Veröffentlichung auch nicht. Der Verlag, der Anzeigen und redaktionelle Inhalte zusammenbringt, sei für Anzeigen verantwortlich. So steht es auch im Impressum. Herausgeber ist die Große Kreisstadt Sebnitz, um Beilagen und Anzeigenteil kümmert sich Linus Wittich Medien, das dem MDR zufolge von einem „schwerwiegenden Fehler“ spricht, „für den wir aufrichtig um Entschuldigung bitten.“

Sebnitz mit hohem Stimmenanteil für die AfD

Die Mediengruppe mit Sitz in Rheinland-Pfalz betreut Blätter zahlreicher Kommunen und Kreise in Deutschland und Österreich und gibt die wöchentliche Auflage mit sechs Millionen Exemplaren an. Das Amtsblatt von Sebnitz erscheint wöchentlich. In der online verfügbaren PDF-Version tauchte die Anzeige am Donnerstagabend bereits nicht mehr auf. Die Geschäftsbeziehungen zu dem Handwerker seien gekündigt worden. Interne Prozesse würden überprüft.

Sebnitz liegt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und hat rund 9500 Einwohner. Es grenzt direkt an Tschechien und hat auch einen Grenzübergang zum Nachbarland. 57,4 Prozent der Erststimmen gingen bei der Bundestagswahl 2025 an die AfD. Rechtsextreme gehen hier schon lange auf Stimmenfang. Im August trat der rechte Herausgeber Jürgen Elsässer auf dem Marktplatz auf.

Heftige Reaktionen auf Rassismus-Skandal in Amtsblatt Sednitz

Die Reaktionen auf den Vorfall fallen deutlich aus. Der Kreisverband der Linken hat ebenfalls Anzeigen erstattet und den Handwerker, den Verlag, aber auch die Stadtverwaltung angezeigt. „Wer von ‚Hakennasen‘ und ‚Bimbos‘ spricht, verlässt jeden zivilisatorischen Grundkonsens. Dass diese Worte in einem Amtsblatt erscheinen konnten, ist ein unfassbarer Vorgang und ein politisches Alarmsignal. Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinung – sie sind ein Verbrechen“, erklärte Kreisvorsitzende Lisa Thea Steiner und ruft zu einer Kundgebung am Ostermontag auf.

Der Antisemitismusbeauftragte von Brandenburg, Andreas Büttner, schrieb auf Twitter: „Antisemitismus und Rassismus gehen oft Hand in Hand, insbesondere in der rechten Szene. Eines der ekelhaftesten Beispiele erleben wir gerade in Sebnitz.“

„Als katholische Kirche der Region sind wir erschüttert, mit welcher Dreistigkeit hier rassistisches und antisemitisches Vokabular genutzt, verbreitet und das dahinterstehende Gedankengut zur Schau gestellt wird“, erklärte der Sprecher des Bistums Dresden-Meißen. „In welche Richtung soll sich unsere Gesellschaft entwickeln, wenn beschämende, provozierende, dreiste und menschenverachtende Äußerungen in privaten Anzeigen im Amtsblatt geäußert werden dürfen“, sagte die Leitende evangelische Geistliche im Kirchenbezirk Pirna.