Cinderella tanzt barfuß Bezaubernde Choreografie von Maillot begeisterte in Essen

Cinderella tanzt barfuß
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Das Ballett „Cinderella“ schenkte dem Premierenpublikum einen bezaubernden Samstagabend, und es bejubelte die gut zweistündige Aufführung mit Bravo-Rufen und Ovationen im Stehen. Im Essener Aalto-Theater war die Übernahme von Jean-Christophe Maillots Choreografie zu sehen, die er 1999 mit seinem Les Ballets de Monte-Carlo uraufführte.

Nicht nur Maillots Mix aus klassischer Balletttechnik und moderner Bewegungssprache, den das Aalto Ballett Essen souverän meisterte – tänzerisch und schauspielerisch, sondern auch seine Interpretation des Märchens „Aschenputtel oder der kleine Glasschuh“ von Charles Perrault überzeugte. Denn der Choreograf zieht Cinderella die Schuhe aus, barfuß schickt er sie zum Ball – allerdings sind ihre Füße mit Goldstaub verziert.

Verliebt tanzen Cinderella (Sena Shirae) und der Prinz (Kieren Bofinger) miteinander.
Verliebt tanzen Cinderella (Sena Shirae) und der Prinz (Kieren Bofinger) miteinander. © Gerritsen

Doch bevor es so weit ist, geht es um Verlust und Trauer. Cinderella (Sena Shirae) verliert ihre Mama – und am Ende des federleicht-verspieltes Pas de deux von Vater (Enrico Vanroose) und Mutter (Yuki Kishimoto) wird die Verstorbene von einer goldenen Wolke aufgenommen. Als Fee wird sie in Cinderellas Leben zurückkehren.

Nicht einfach ist das Leben in einer Patchwork-Familie, von den Stiefschwestern (Anna Maria Papaiakovou und Silvia Insalata) wird Cinderella gemobbt, und unter der Fuchtel der dominanten Stiefmutter (Mariya Tyurina) steht der Vater. Während Cinderella im tristen grauen Kleid steckt, hat Jerôme Kaplan die anderen drei mit sexy Dessous ausgestattet.

Wände werden zum Schiff

Amüsant inszeniert Maillot die Ballvorbereitungen und auch Cinderellas Traum, wie es wäre, wenn sie auch zum Ball dürfte: Im Schnelldurchlauf wird das Märchen – diesmal mit Schuh – witzig-pantomimisch erzählt. Die Mama-Fee verpasst ihr anschließend vergoldete Füße, und sie eilt zum Ball, wo der Prinz (Kieren Bofinger) ihrem Charme erliegt – ein hinreißendes Pas de deux.

Wandlungsfähig ist das schlichte Bühnenbild von Ernest Pignon-Ernest: Weiße Stellwände erinnern an riesige Märchenbuchblätter, die auch für Projektionen zur Markierung der Spielorte genutzt werden. Als sich der Prinz mit seinen vier Kumpels auf die Suche nach Cinderella macht, werden die Wände zu Segeln, und für das Wasser sorgt ein riesiges blaues Tuch, das von den beiden Dienern bewegt wird. Das Duo Wataru Shimizu und Hiroki Amemiya bescherte mit ihren Slapstick-Einlagen immer wieder heitere Momente in diesem Ballettabend.

Musik kommt vom Band

Obwohl die Musik von Sergej Prokofjew nur vom Band kommt, ist es dennoch ein wunderbares Balletterlebnis für die ganze Familie.

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Termine: 26. / 27. 4., 11. / 17. / 23. / 30. 5., 15. / 27. / 28. 6., 9. / 10. 7.; Karten: Tel. (0201) 812 22 00. www.theater-essen.de

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