Pünktlich vor dem Beginn der Sommerferien ändern sich an diesem Mittwoch (7. Juni) die Fahrgastrechte der Deutschen Bahn. Bisher war es völlig egal, aus welchem Grund ein Zug ausfiel oder zu spät kam: Kundinnen und Kunden hatten einen Anspruch auf Entschädigung.
Das gilt ab sofort nicht mehr, denn mit dem 7. Juni ist eine neue EU-Verordnung in Kraft getreten. Sie besagt, dass die Bahn bei „außergewöhnlichen Umständen“ nicht mehr zahlen muss. Was darunter zu verstehen ist, darüber dürfte schon bald heftig gestritten werden.
Im vergangenen Jahr 2022 hatten im Fernverkehr nur 65,2 Prozent der Züge der Deutschen Bahn eine Verspätung von weniger als sechs Minuten. Ein Negativ-Rekord. Die Unzufriedenheit der Kunden ist groß.
Da stellt sich die Frage: Fahren eigentlich die acht Vorstandsmitglieder der Deutschen Bahn (Dr. Richard Lutz, Dr. Daniela Gerd tom Markotten, Dr. Levin Holle, Berthold Huber, Dr. Sigrid Nikutta, Evelyn Palla, Dr. Michael Peterson und Martin Seiler) selbst mit der Bahn? Diese Frage beantwortet die Pressestelle der Deutschen Bahn auch trotz mehrmaliger Nachfrage teils nur ausweichend, teils auch gar nicht.
Eine BahnCard 100 für die erste Klasse
Stattdessen verweist sie darauf, dass jedem Mitglied des Bahn-Vorstands eine „BahnCard 100 First“ zustehe. Das heißt: Mit dieser Karte kann man in jedem Zug der Deutschen Bahn zu jeder Zeit in der ersten Klasse mitfahren. Wenn ein normaler Bahn-Kunde sie kaufen würde, müsste er dafür 7.356 Euro bezahlen.
Wenn aber mal wieder gestreikt wird, Personal ausfällt oder ein Zug defekt ist, ist das für einen Bahn-Vorstand auch kein Problem. Jedem der acht Menschen aus der Chefetage steht ein eigener Dienstwagen, der auch voll privat genutzt werden kann, samt Chauffeur zur Verfügung.
Die Beantwortung weiterer Fragen zum Thema Dienstwagen hat die Bahn-Pressestelle trotz wiederholter Nachfragen abgelehnt. Gründe dafür nennt sie nicht. So die Frage, welches Auto dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Richard Lutz zur Verfügung steht.
Auch die Frage, wie viele Kilometer er 2022 mit dem Dienstwagen und wie viele Kilometer er mit der Bahn zurückgelegt hat, bleibt unbeantwortet.
Die Gehälter und Boni der Chefs
Das gilt auch für die Frage, wie hoch die Jahreskosten der Dienstwagen der einzelnen Vorstände sind. Dazu verweist die Pressestelle lediglich auf den Geschäftsbericht.
Dort findet man in der Tat auf Seite 200 eine Auflistung all dessen, was die Vorstände an Vergütung erhalten. Der Vorstands-Vorsitzende Lutz hat 2022 ein festes Gehalt von 968.000 Euro erhalten. Für ihn war zudem ein Bonus von 1.262.000 Euro vorgesehen. Dessen Auszahlung wurde allerdings vorerst vom Aufsichtsrat gestoppt.
Bei den übrigen sieben Vorstandsmitgliedern liegen die fixen Gehälter zwischen 200.000 und 699.000 Euro, die vorgesehenen Boni zwischen 214.000 und 736.000 Euro.
„Geldwerte Vorteile“ und was dahinter steckt
Hinzu kommen aber eben unter anderem noch sogenannte „geldwerte Vorteile aus Fahrvergünstigungen und aus der Benutzung von Dienstwagen“. Für diese Vergütungen weist der Geschäftsbericht beispielsweise für den Vorstandsvorsitzenden Lutz einen Jahresbetrag von 8.000 Euro aus.
Da aber allein die „BahnCard 100 First“ einen Wert von 7.356 Euro hat, blieben damit nur noch 644 Euro übrig, um damit einen Dienstwagen zu fahren und einen Chauffeur zu bezahlen. Bei zwei weiteren Vorständen liegt der Wert der angegebenen „sonstigen Vergütungen“ mit 5.000 beziehungsweise 6.000 Euro sogar unter dem Wert der BahnCard 100 First.
Eine Nachfrage, wie das denn möglich sei oder wo der Denkfehler in dieser Rechnung liege, ließ die Bahn ebenfalls unbeantwortet.
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