Chef fährt mit Azubi für neuen Pass von Velen nach Berlin Einsatz für Mitarbeiter

Von Sebastian Brock
Chef fährt mit Azubi für neuen Pass von Velen nach Berlin: Einsatz für Mitarbeiter
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Albert Sagno aus Guinea kam Ende 2022 nach Deutschland und begann im August 2024 eine Ausbildung beim Velener Malerbetrieb „Kreativraum Rieken“. Doch im November wurde sein Asylantrag abgelehnt – seither lebt er hier mit einer Duldung. Um seine Ausbildung fortsetzen zu können, benötigt Sagno aber eine „Ausbildungsduldung“ – und dafür einen gültigen Pass.

Bisher hatte der 21-Jährige nur eine Konsularkarte, die jedoch für die Beantragung nicht ausreicht. Also fuhren Simon Rieken und sein Azubi frühmorgens mit dem ersten ICE nach Berlin, um in der Botschaft Guineas die nötigen Dokumente zu beantragen. Dort lief zwar nicht alles glatt, die reisenden Maler hoffen aber nun beide, dass für den engagierten Azubi am Ende eine Bleibeperspektive herausspringt.

„Wenn Simon nicht dabei gewesen wäre, dann wäre es nicht gut gelaufen“, sagt Albert Sagno. Denn in der Botschaft wollte man sie mehrmals abwimmeln. „In der Botschaft gab es das ein oder andere Hindernis“, umschreibt Rieken die Situation. Erst seien sie zu spät gekommen, obwohl sie innerhalb des angegebenen Zeitfensters da waren. Dann brauchten sie drei Passbilder anstatt nur eines, weshalb sie extra zum Hauptbahnhof liefen, um welche zu machen. Zurück in der Botschaft sagten die Mitarbeiter, sie bräuchten doch nur eines. Simons Vater Josef Rieken bezeichnete diese Behandlung als „Schikane“.

Viele schlaflose Nächte

Bei Albert Sagno überwiegt jetzt die Erleichterung. „Jetzt kann er wieder vernünftig schlafen. Das hat ihm schon echt schlaflose Nächte bereitet“, erzählt Simon Rieken. Zur Belohnung machten die beiden noch eine Tour zum Reichstag. „Wir haben da einen schönen Döner gegessen“, sagt Sagno lachend.

Der Einsatz des Chefs für seinen Azubi ist nicht selbstverständlich. Aber für Rieken ist Albert Sagno eine starke Unterstützung im Team. „Er ist handwerklich super begabt, motiviert, sozial kompetent und eine Frohnatur“, betont er. „Es ist immer schwieriger, kompetentes Fachpersonal zu bekommen und zu halten. Da investiert man dann gerne Zeit und Geld in die Mitarbeiter, die das Team stärken“, erklärt Rieken.

Bevor Albert Sagno zum Velener Malerbetrieb kam, habe er im Arbeitskreis „Willkommen in Velen“ des Caritas-Ausschusses ausgeholfen. „Weil er da sehr motiviert und arbeitswillig war, hat Pastoralreferent Jürgen Schulze Herding uns angesprochen und gefragt, ob wir Lust auf einen Praktikanten haben“, erzählt Rieken. Seine hohe Motivation habe sich schon beim einwöchigen Praktikum gezeigt. „Da hat er einen super Eindruck gemacht“, erinnert sich Simon Rieken. Deshalb habe er sich um eine Arbeitserlaubnis für den Guineer bemüht, um ihn zunächst als Hilfsarbeiter anzustellen.

Schnell haben Simon und Josef Rieken gefragt, ob Albert Sagno sich eine Ausbildung vorstellen könnte. „Eigentlich kommst du nur weiter, wenn du eine Ausbildung machst“, hat Josef Rieken ihm gesagt. Sagno war sofort Feuer und Flamme. Und die Riekens sind das Wagnis schneller eingegangen, als sie eigentlich vorhatten.

Die Entscheidung, ihn als Azubi anzustellen, bereuten beide nicht. Im praktischen Teil sei er „super“. „Da hat er jetzt mit Note 2 bestanden“, erzählt Simon Rieken stolz – eine der besten Leistungen in seiner Klasse, sagt er. Schulisch sei es wegen der Sprache noch „herausfordernd“. „Klappt aber ganz gut“, meint Simon Rieken. Spätestens ab Mai soll Sagno noch Nachhilfeunterricht für den schulischen Teil bekommen.

Wohnung ist gefunden

Wenn Albert Sagno den Pass hat, soll auch der Ausbildungsduldung nichts im Wege stehen, bestätigen sowohl Elisabeth Olbing vom Flüchtlingsrat, die Sagno bei Behördengängen begleitet, als auch der Kreis Borken. „Wenn der Betroffene die Ausbildung entsprechend erfolgreich abschließt, kommt auch eine Aufenthaltserlaubnis in Betracht“, sagt die Kreis-Pressestelle auf BZ-Anfrage.

Simon Rieken würde es freuen, wenn Albert Sagno dem Betrieb lange erhalten bleibt. Eine Wohnung haben die Riekens für ihren Azubi gefunden. „Da kann er im April wahrscheinlich einziehen. Dann hat er seine eigenen vier Wände.“