Eine neue Vorschrift, die Sanktionen bei Pflichtverstößen vorsieht, stößt bei Behörden meist nur auf mäßige Begeisterung: Die Verwaltung muss Gesetze in der Praxis umsetzen und die häufig nicht eindeutigen Paragrafen ebenso befolgen wie die Menschen die Regelungen.
So sind denn auch beim Vollzug des kürzlich beschlossenen Cannabisgesetzes neben den Jointrauchern und Hanfanbauern vor allem Ordnungsämter und Polizei in der Pflicht: Die Einhaltung von Regeln muss kontrolliert und Verstöße müssen geahndet werden. Regeln gibt es viele – Verstöße voraussichtlich auch.
„Großer Kontrolldruck“ auf Drogenbesitzer
Das Cannabisgesetz gibt zwar größere Freiheiten beim Umgang mit Haschisch und Marihuana als jemals zuvor in Deutschland – gleichzeitig macht es etliche Vorgaben wie Verbotszonen, Besitzhöchstmengen oder Konsumgrenzen im Straßenverkehr, die die Ordnungshüter im Blick haben müssen.
Vor eine gänzlich neue Aufgabe sieht sich die Kreispolizeibehörde indes nicht gestellt. Schließlich war der Besitz schon geringster Mengen von Cannabis bisher strafbar und führte zu etlichen Prozessen vor den Amtsgerichten, wenn die Polizei in den Taschen von Drogenkonsumenten ein paar Krümel Gras fand.
„Wir haben schon einen sehr großen Kontrolldruck“, sagt Kreis-Polizeisprecher Bernd Pentrop im Gespräch mit unserer Redaktion. Pentrop verweist beispielhaft auf die erst Mitte März in Bergkamen erfolgte Großkontrolle im Straßenverkehr, bei der auch Alkohol- und Drogenmissbrauch geahndet wurde. „Daran werden wir auch nichts ändern“, sagt Pentrop.
Die Krux bei den künftigen Kontrollen ist also gar nicht, dass sie vielleicht noch häufiger stattfinden müssten. Es wird eher um noch genauere Ermittlungen der Polizei gehen: zur Menge an Cannabisprodukten, die eine Person bei sich führt, des THC-Wertes, der einen Kraftfahrer fahruntauglich macht, und vor allem des Tatortes, an dem eine Person einen Joint geraucht hat.
Grenzwerte für erlaubten Besitz
Denn Grenzwerte für den erlaubten bzw. unerlaubten Besitz von Haschisch oder Marihuana gibt es nach wie vor: Jede erwachsene Person darf ab dem 1. April bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und mit sich führen. Straffrei ist auch der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis zu Hause, wenn es dem Eigenkonsum dient.
Wer mehr als 25 Gramm und bis zu 30 Gramm (oder zwischen 50 und 60 Gramm getrocknetes Cannabis) besitzt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Ist es mehr, macht man sich weiterhin strafbar.
Verboten ist aber auch der Konsum etwa in der Nähe von Schulen, Jugendeinrichtungen oder Spielplätzen. Bernd Pentrop kann sich vorstellen, dass künftig zum Beispiel bei Streifen im Rahmen der Ordnungspartnerschaft mit den örtlichen Ordnungsämtern kontrolliert wird.
Cannabis-Kontrolle in Verbotszonen
Wie aber fällt womöglich strafbarer Konsum auf der Straße überhaupt auf? Dass jemand in der Nähe nicht Tabak, sondern Marihuana raucht, bemerken Polizeibeamte mit sehr großer Sicherheit. „Ich rieche das mittlerweile 50 Meter gegen den Wind“, sagt Bernd Pentrop. Er müsse nur durch eine Innenstadt gehen und wisse bei einem charakteristischen Geruch sofort: Der Joint ist nicht weit.
Spannend wird künftig die Frage, ob sich der Raucher in einer „Tabuzone“ aufgehalten hat. Einfach ist das etwa beim Konsum zwischen 7 und 20 Uhr in den Fußgängerzonen.
Hält sich aber der erwischte Kiffer womöglich auch verbotenerweise innerhalb eines Umkreises von 100 Metern um ein Schulgebäude oder eine Kindertagesstätte auf? „Der Kontrollort wird in der Anzeige notiert“, so Pentrop. Anschließend werde in der Behörde ausgewertet.
Laut Bundesgesundheitsministerium stellt etwa der Konsum in einer Verbotszone eine Ordnungswidrigkeit dar und sei mit einer Geldbuße zu ahnden.
THC-Grenzwerte im Straßenverkehr
Im Straßenverkehr gelten schon bislang THC-Grenzwerte (also für den Wirkstoff im Cannabis). Das jetzt beschlossene Gesetz sieht aber vor, dass das Verkehrsministerium THC-Grenzwerte für das Führen von Kraftfahrzeugen auf wissenschaftlicher Grundlage ermittelt. Hierzu gibt es eine Arbeitsgruppe, Ergebnisse sollen im weiteren Jahresverlauf vorliegen, so der ADAC.
Bei Verkehrskontrollen werde man, so Bernd Pentrop, Blutproben von Autofahrern nehmen lassen müssen, wenn man den Eindruck von übermäßig großen Mengen von Gras annehmen müsse.
Somit könne man den Konsum „beweissicher“ festlegen. „Das geschieht ja nicht nur, um die Verdächtigen zu belasten, sondern auch zu entlasten“, betont Pentrop.
Jedenfalls gilt: Wer kifft und Auto fährt, riskiert auch weiterhin seinen Führerschein.
