Bundestag lehnt Migrationsgesetz ab 12 Union-Mitglieder stimmten nicht für eigenes Gesetz - Newsblog

Showdown im Bundestag zu Migration: Regierungserklärung von Scholz, CDU mit umstrittenen Plänen
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31.1., 19 Uhr: Wir beenden unsere Live-Berichterstattung an dieser Stelle. Über die wichtigsten Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich weiterhin mit Folgeartikeln auf dem Laufenden.

Die hitzige Debatte und die anschließende Abstimmung des Gesetzentwurfes können Sie im Live-Video der Bundestagssitzung jederzeit nachschauen. Dafür bis zum Timecode -05:11 zurückspulen. (Die Bundestagssitzung wird noch bis circa 22 Uhr live übertragen).

Bundesstagssitzung und Debatte zum Nachschauen

12 Unionsabgeordnete gaben keine Stimme ab

Update 31.1., 18.38 Uhr: Mittlerweile ist die Abstimmungsliste über das heftig diskutierte Gesetz der Union zur Begrenzung der Migration öffentlich. Demnach haben 12 Unions-Abgeordnete nicht an der Abstimmung teilgenommen und dem eigenen Gesetz demnach auch nicht zugestimmt. Dabei sei eine Abgeordnete gewesen, bei der eine Krankheit ursächlich war, sagte Parteichef Merz in seinem Pressestatement. Aus der FDP-Fraktion, die zuvor ebenfalls ihre Zustimmung signalisiert hatte, gab es zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen. 16 FDP-Abgeordnete gaben keine Stimme ab.

Merz Statement im Video: „Hätte gern ein anderes Ergebnis gesehen“

AfD attackiert Union: „Merz endet als Bettvorleger“

Update 31.1., 17.52 Uhr: Die AfD attackiert CDU und CSU nach dem im Bundestag gescheiterten Gesetzentwurf zur Migration scharf. Co-Parteichefin Alice Weidel geht davon aus, die Mehrheit bei der Abstimmung über das Migrationsgesetz wegen Abweichlern in der Unions-Fraktion nicht zustande gekommen ist. „Das ist die Demontage von Friedrich Merz als Kanzlerkandidat gewesen.“ Seine eigene Fraktion habe ihn „abgesägt“. „Er kann kein Kanzler, er kann kein Kanzlerkandidat.“ Weidel fügt hinzu: „Friedrich Merz ist als Tiger gesprungen und endete als Bettvorleger.“

Grüne erleichtert über Abstimmung

Update 31.1., 17.45 Uhr: Die Grünen haben erleichtert darauf reagiert, dass der Entwurf der Union über das umstrittene Migrationsgesetz keine Mehrheit gefunden hat. Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagt, nach einem sehr schwierigen Tag im Bundestag sei das eine gute Nachricht. Zugleich meint sie aber auch, es seien „großen Risse“ in der demokratischen Mitte sichtbar geworden. Darüber kann niemand froh sein.“

Union scheitert im Bundestag mit umstrittenem Migrationsgesetz

Update 31.1., 17.14 Uhr: Merz‘ Migrationsgesetz ist im Bundestag gescheitert. Das teilte Sitzungsleiterin Petra Pau nach der Abstimmung in zweiter Lesung über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz mit. 338 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 349 dagegen, fünf Abgeordnete enthielten sich.

Abstimmung ist abgeschlossen

Update 31.1., 17 Uhr: Die Zeit für die namentliche Abstimmung ist vorbei. Jetzt beginnt die Auszählung. In wenigen Minuten wird das Ergebnis verkündet.

Namentliche Abstimmung läuft

Update 31.1. 16.30 Uhr: Der Bundestag stimmt jetzt über den Gesetzesentwurf ab. Die namentliche Abstimmung endet um 16.50 Uhr. In der Zwischenzeit treten verschiedene Politiker an das Rednerpult. Das Thema unter anderem: ein Bericht aus der Enquete-Kommission zu „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“.

SPD und Grüne beantragen Überweisung in Ausschuss - Union lehnt ab

Update 31.1. 16.19 Uhr: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagt, die Fraktionen von SPD und Grünen beantragen die Überweisung des Entwurfs des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ der Union zurück in den Ausschuss. Somit würde die Abstimmung verschoben werden.

Thorsten Frei (CDU/CSU) schießt scharf dagegen und lehnt den Vorschlag ab. Die Union habe Angebote gemacht, aber die Grünen seien nicht bereit gewesen, in inhaltliche Gespräche einzusteigen. Frei warf den Grünen vor, sie wollten eine Rücküberweisung in den Ausschuss, damit dieser dort bleibe.

Wagenknecht: „AfD ist stark, weil jeder fünfte sie wählen würde“

Update 31.1. 16.04 Uhr: BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hält die aktuelle Debatte für „absurd“. „Die AfD ist nicht deshalb stark, weil irgendjemand am Mittwoch mit ihr abgestimmt hat. Die AfD ist deshalb stark, weil aktuell jeder fünfte Wähler ihr die Stimme geben würde. „ AfD-Wähler hätten legitime Ansichten, sagte Wagenknecht. „Diese Wähler sind keine Nazis.“ Wer aber nicht wolle, dass eine Partei mit Rechtsextremisten und Neonazis immer stärker werde, täte gut daran, die Anliegen dieser Wählerinnen und Wähler ernst zu nehmen.

Linken-Politikerin Heidi Reichinnek richtet sich an Merz

Update 31.1., 15.55 Uhr: Die Linke-Politikerin Heidi Reichinnek fordert in ihrem Wortbeitrag, dass Merz als Kanzlerkandidat zurücktritt. „Sie haben gerade gesagt: Von meiner Partei reicht niemand der AfD die Hand. Stimmt! Sie liegen sich ja schon lange glücklich in den Armen.“ Reichinnek fordert nicht nur eine Entschuldigung von Merz. „Ich erwarte, dass Sie als Kanzlerkandidat zurücktreten.“

Heidi Reichinnek (Die Linke) spricht bei der Sitzung des Bundestags.
Heidi Reichinnek (Die Linke) erwartet eine Entschuldigung von Merz und seinen Rücktritt als Kanzlerkandidat. (Archivbild) © picture alliance/dpa

Dobrindt: „Tabubruch ist, dass sich Rot-Grün der Abstimmung verweigern“

Update 31.1., 15.48 Uhr: CSU-Politiker Alexander Dobrindt spricht von einer „Zäsur“, die mit dem Anschlag in Aschaffenburg stattgefunden hätte. Er verteidigt das Gesetzesvorhaben der Union und die umstrittene Erlassabstimmung am Mittwoch und ruft in Richtung SPD und Grünen: „Der Tabubruch ist, dass sich Rot-Grün einer notwendigen Abstimmung verweigern.“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisiert die Regierung

Update 31.1., 15.40 Uhr: „Das Lebenselixier von Rechtsaußen, das ist die ungelöste Migrationsfrage, die Sicherheitsfragen, die steigende Angst - Sie tun dagegen nichts.

Faeser fordert mehr Zusammenhalt

Update 31.1., 15.24 Uhr: Jetzt spricht Nancy Faeser und beginnt ihre Rede mit ihrem Besuch bei der Trauerfeier in Aschaffenburg am vergangenen Sonntag. Sie betont, dass der Fall eigentlich nicht politisch instrumentalisiert werden sollte und appelliert: „Wir brauchen mehr Miteinander, wir brauchen mehr Zusammenhalt.“ Und weiter: „Dafür muss die demokratische Mitte zusammenstehen.“ Der Unions-Gesetzentwurf bringe das Land inhaltlich nicht weiter, sagt die Innenministerin in Richtung CDU-Chef Friedrich Merz. „Bei der Begrenzung der irregulären Migration geht es ums Handeln, nicht um Symbolik.“

Kubicki greift die Grünen an

Update 31.1., 15.15 Uhr: Wolfgang Kubicki (FDP) stellt zunächst die Frage in den Raum, ob der Bundestag gut beraten sei, bei der Frage nach Migrationssteuerung permanent über die AfD zu reden. Dann sagt er, es sei „unmoralisch“, dass die Grünen in den letzten Jahren Initiativen zur Begrenzung von Migration blockiert hätten, und auch, dass die deutschen Grünen im EU-Parlament gegen die GEAS-Reform gestimmt hätten. „Es geht Ihnen nicht ums Land, es geht Ihnen nur um sich selbst“, sagt Kubicki. Darüber hinaus werde die FDP-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen.

AfD-Politiker Frohnmaier schießt gegen Baerbock

Update 31.1., 15.05 Uhr: AfD-Mitglied Markus Frohnmaier schießt in einer Zwischenmeldung gegen Baerbock. Er wirft den anderen Parteien vor, das Geschehen im Bundestag in dieser Woche sei „schändlich“ gewesen, sie alle verfolgten nur „Ränkespiele“. Er betont, dass allein die AfD Konsequenzen aus dem tödlichen Messeranschlag in Aschaffenburg ziehen würde und einen Plan hätte. Baerbock forderte die Union daraufhin erneut auf, sich keine Mehrheiten mit der AfD zu besorgen.

CSU-Politiker Hoffmann wirft Baerbock übergriffige Rhetorik vor

Update 31.1., 15 Uhr: CSU-Politiker Alexander Hoffmann verweist in einer Zwischenmeldung auf die Migrationsgeschichte seiner Familie und wirft Baerbock übergriffige Rhetorik vor. Baerbock antwortet: „Niemand kann sich anmaßen zu wissen, was in einer Mutter vorgeht, deren zweijährige Tochter mit acht Messerstichen brutal getötet wurde“, so die Außenministerin mit Blick auf die Tat in Aschaffenburg. Sie legt emotional nach: „Jedes Kind in diesem Land verdient gleich viel Schutz, egal ob seine Eltern aus Syrien, Marokko, Potsdam oder Schwerin kommen.“

Baerbock: Europa schaut auf Deutschland

Update 31.1., 14.50 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht schwere außenpolitische Folgen wegen der Durchsetzung eines Unionsantrags zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Hilfe der AfD im Bundestag. Baerbock sagte, dies besorge Partner Deutschlands vor allen Dingen in Europa. „Sie wollen gar nicht wissen, wie viele Nachrichten ich in den letzten 48 Stunden bekommen habe. Denn Europa schaut auf Deutschland.“ Deutschland trage als größtes Land Europas eine besondere Verantwortung in dieser Zeit. Baerbock sagte: „Welche Bilder hat unser Land an ganz Europa und vor allen Dingen an Moskau am vergangenen Mittwoch gesendet? Feixende Rechtsextreme, die ihr Glück kaum fassen konnten. AfD-Abgeordnete, die grinsend Selfies machen, um diesen historischen Tag festzuhalten.“

Auch Baerbock kritisiert Merz

Update 31.1., 14.44 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) spricht im Bundestag und übt Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz und der Union. „Verantwortung heißt auch, sich korrigieren zu können. Wahre Größe heißt, einen Schritt zurückzutreten“, erklärt sie in Bezug auf die Ereignisse vom vergangenen Mittwoch im Bundestag.

Merz weist Vorwurf der Zusammenarbeit mit AfD strikt zurück

Update 31.1., 14.35 Uhr: Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat den Vorwurf einer Zusammenarbeit mit der AfD bei den Abstimmungen über eine schärfere Migrationspolitik erneut strikt zurückgewiesen. Zur Forderung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, er solle sich dafür entschuldigen, dass er der AfD die Hand gereicht habe, sagt der CDU-Vorsitzende und Unionskanzlerkandidat in der Debatte über einen Gesetzentwurf seiner Fraktion für schärfere Migrationsregeln: „Von meiner Partei aus reicht niemand der AfD die Hand.“ Die AfD sei „eine in großen Teilen rechtsextreme Partei“, sie untergrabe das Fundament der Demokratie, rief Merz. Die Union sei jene Partei, „gegen die sich der Furor der AfD“ richte, sie wolle die CDU vernichten. „Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass wir einer Partei die Hand reichen, die uns vernichten will“, rief Merz. „Es gibt keine tieferen Gräben im Parlament als zwischen der Union und der AfD“, fügte er hinzu.

SPD-Fraktionschef: Merz will mit Kopf durch die Wand

Update 31.1., 14.30 Uhr: Im Streit um die Migrationspolitik macht SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich CDU-Chef Friedrich Merz heftige Vorwürfe. Merz sei nicht zu Beratungen auf Augenhöhe bereit gewesen. „Immerzu wollen Sie mit dem Kopf durch die Wand“, rief er dem Oppositionsführer im Bundestag zu. Nach einer stundenlangen Unterbrechung debattiert der Bundestag über ein umstrittenes Gesetz. Mützenich sagte nach Gesprächen mit Merz, der CDU-Chef wolle nur zu seinen Bedingungen verhandeln. „Das geht nicht in einer Demokratie.“ Das Prinzip „friss und stirb“ müsse aber für immer vorbei sein, sagte Mützenich unter lautem Applaus der SPD-Fraktion. An Merz gerichtet und mit Blick auf breite Proteste gegen dessen Kurs sagte Mützenich: „Kehren Sie um.“ Mützenich sagte, er habe der Union angeboten, auch unter anderem über ein Sicherheitspaket zu verhandeln, das die Union im Bundesrat aufgehalten habe.

Mit Blick auf Unionsanträge über eine Verschärfung der Migrationspolitik, die am Mittwoch mit Zustimmung der AfD eine Mehrheit gefunden hatten, sprach Mützenich von einem Sündenfall, der Merz begleiten werde. Merz solle sich entschuldigen. Er könne noch zurückkehren und das „Tor zur Hölle“ schließen.

Verschärfung der Migrationspolitik: Bundestag stimmt heute ab

Update 31.1., 14.10 Uhr: Der Bundestag soll doch schon heute über den Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Verschärfung der Migrationspolitik abstimmen. Die FDP verzichtet auf einen zuvor von ihrer Fraktion angekündigten Antrag für eine Vertagung der Abstimmung und weitere Beratung in den Ausschüssen, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin aus Kreisen der FDP-Fraktion erfuhr. Zuvor hatten die Fraktionen intern drei Stunden über das weitere Vorgehen in der Debatte beraten.

Update 31.1., 11 Uhr: Im Streit um einen möglichen Gesetzesbeschluss mit Stimmen der AfD laufen im Bundestag intensive Gespräche auf höchster Ebene. Nacheinander kamen die Fraktionschefs von FDP, SPD und Grünen am Vormittag ins Büro von Unionsfraktionschef Friedrich Merz. Zuvor hatte die FDP vorgeschlagen, den umstrittenen Entwurf für ein „Zustrombegrenzungsgesetz“ in die Ausschüsse zurückzuschicken und damit heute nicht darüber zu entscheiden.

Die Bundestagssitzung wurde daraufhin unterbrochen – und diese Unterbrechung noch einmal verlängert, weil es zwischen den Fraktionen akuten Gesprächsbedarf gab. Sollte der Antrag der FDP durchkommen, könnte in letzter Minute verhindert werden, dass der Gesetzentwurf mit entscheidenden Stimmen der AfD beschlossen würde. Eine Zustimmung hat bisher die SPD angekündigt. Ergebnisse der Beratungen der Fraktionschefs wurden zunächst nicht bekannt.

Update 31.1., 10.52 Uhr: Die FDP hat vorgeschlagen, den Unionsentwurf für ein „Zustrombegrenzungsgesetz“ in die Ausschüsse des Bundestages zurückzuschicken und erst später darüber abzustimmen. Einen entsprechenden Antrag werde seine Fraktion in der anstehenden Debatte zu dem Vorhaben stellen, kündigte FDP-Fraktionschef Christian Dürr an.

Wenn SPD und Grüne diesen Weg nicht unterstützen sollten, würde dies zeigen, dass sie kein Interesse an der Lösung der anstehenden Probleme in der Migrationspolitik hätten, fügte er hinzu. In diesem Fall werde die FDP dem Unionsvorhaben zustimmen.

Bundestag stimmt über Migration ab

Update 31.1., 7.45 Uhr: Zehntausende Menschen demonstrieren gegen eine gemeinsame Abstimmung von Union und AfD in der Migrationspolitik – dennoch könnte am Freitag ein Gesetz den Bundestag passieren, bei dem die Stimmen der AfD mit entscheidend sein könnten. In dem von CDU und CSU eingebrachten Entwurf geht es um konkrete Regelungen zur Eindämmung der Migration. Nach dem Bundestag müsste das Vorhaben aber noch durch die Länderkammer, den Bundesrat. Dort ist eine Zustimmung nicht sicher.

Bereits am Mittwoch hatte die Union mithilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag durchgesetzt. Der Antrag hatte allerdings nur Appellcharakter. Kern des Gesetzentwurfs der Unionsfraktion, zu dem die FDP, die AfD und das BSW Zustimmung signalisiert haben, ist die Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Außerdem sollen die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie soll künftig, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich - also etwa an Bahnhöfen – Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können.

Die Union dringt in ihrem Entwurf überdies darauf, das Ziel einer „Begrenzung“ des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen. Das hatte die inzwischen auf Rot-Grün reduzierte Ampel-Koalition gestrichen.

Von März 2016 bis Juli 2018 war der Familiennachzug für sogenannt subsidiär Schutzberechtigte von der damaligen schwarz-roten Koalition ausgesetzt worden. Begründet wurde dies damals mit der Absicht, eine Überlastung bei der Aufnahme und Integration zu vermeiden. Seit August 2018 dürfen monatlich insgesamt 1.000 Menschen als Angehörige von Menschen mit diesem Schutzstatus einreisen. Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sah eigentlich vor, dass der Familiennachzug auch zu Menschen aus dieser Gruppe wieder unbegrenzt möglich werden soll. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben aber nicht.

Michel Friedman verlässt aus Protest die CDU

Update 31.1., 7.35 Uhr: Der Publizist und Moderator Michel Friedman (68) hat nach der gemeinsamen Zustimmung von Union und AfD zu einem Antrag zur Migrationspolitik seinen Parteiaustritt aus der CDU erklärt. „Ich bin nicht mehr Mitglied der CDU“, sagte der frühere stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland dem Hessischen Rundfunk (HR).

Mit Blick auf die Abstimmung im Bundestag am Mittwoch sagte Friedman dem HR: „Zum ersten Mal hat eine demokratische Partei, in dem Fall meine ehemalige Partei CDU, es möglich gemacht, dass die AfD eine Mehrheit im Parlament mit dieser demokratischen Partei durchgeführt hat. Und dieser Tabubruch ist unentschuldbar.“

In den ARD-„Tagesthemen“ sagte der in Frankfurt am Main lebende Friedman, der Zweck heilige dieses Mittel nicht. „Dieser Abstand zwischen Demokraten und Nichtdemokraten ist wichtig, weil er eine Orientierung anbietet. Die AfD ist nicht am Rande der Demokratie, sie ist außerhalb der Demokratie. Das weiß auch die CDU.“

„Meine innere Glaubwürdigkeit und auch meine äußere kann das nicht mittragen“, sagte Friedman dem HR. „Ich kämpfe dagegen, dass Antidemokraten und Menschenhasser irgendeinen politischen Einfluss bekommen. Das war Brandbeschleuniger für die AfD und ihren politischen Einfluss.“

Friedman war 1983 der CDU beigetreten, zwischen 1994 und 1996 gehörte der dem Bundesvorstand an. Nach dem Spendenskandal der hessischen CDU wechselte er im Jahr 2000 aus Protest in den saarländischen Landesverband.

Habeck: „Wortbrüche gehören nicht dazu“

Update 30.1., 21.30 Uhr: Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck sieht nach der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD für eine schärfere Migrationspolitik neue Hürden für eine mögliche Koalition mit der Union. „Ist jedenfalls schwieriger geworden“, sagte Habeck am Rande einer Veranstaltung in Berlin auf die Frage, ob die Union für die Grünen noch koalitionsfähig sei. „Die Union muss vertragstreu sein und Wortbrüche gehören nicht dazu, aber es liegt ja bei der Union“, fügte Habeck hinzu.

NRW-Minister äußern sich zu Union-Antrag

Update 30.1., 18.30 Uhr: Nach der Durchsetzung des Unions-Antrags zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag hat NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) an die demokratischen Parteien appelliert, die drängenden Probleme zusammen zu lösen. Der Aufstieg der AfD müsse verhindert werden, sagte Wüst zu Beginn des Plenums im nordrhein-westfälischen Landtag. „Diese Partei dort ist menschenfeindlich, sie ist in Teilen rassistisch, sie ist europafeindlich.“ Er sei der festen Überzeugung, „dass die großen Probleme in dieser Zeit aus der demokratischen Mitte heraus gelöst werden müssen“.

Die Union hatte am Mittwoch ihren Fünf-Punkte-Plan für eine schärfere Migrationspolitik knapp mit Stimmen von AfD, FDP und Fraktionslosen durch den Bundestag gebracht. Erstmals beschaffte die AfD dabei im Plenum eine Mehrheit. Der Antrag ist nicht bindend. Am Freitag steht die Abstimmung über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz der Union im Bundestag an. Auch da hat die AfD Zustimmung signalisiert. Das Gesetz muss auch den Bundesrat passieren.

Wüst schweigt zu Merz, Neubaur nicht

Wüst erwähnte die Abstimmung im Bundestag nicht wörtlich und positionierte sich auch nicht direkt zu Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Sein Appell zur Zusammenarbeit der demokratischen Parteien und die Warnung vor dem Aufstieg der AfD könnte aber auch als indirekte Kritik am Handeln der Union verstanden werden.

Als erstes Mitglied der schwarz-grünen NRW-Landesregierung übte die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) offen Kritik an Merz. „Es liegt jetzt in der Verantwortung von Friedrich Merz, seinen schweren Fehler von gestern zu korrigieren. Die Zeit dafür ist da“, sagte Neubaur. Grundsätzlich gelte für die NRW-Landesregierung: „Mit Rechtsextremen macht man keine gemeinsame Sache und man unterstützt auch keine Initiativen, die nur durch ihre Zustimmung zustande gekommen sind. Darin sind wir innerhalb der Landesregierung klar.“

Wüst äußerte sich erstmals, nachdem der SPD-Oppositionsführer Jochen Ott am Morgen außerhalb der Tagesordnung eine persönliche Erklärung abgab und eine Reaktion des Regierungschefs einforderte. „Viele Menschen machen sich Sorgen“, sagte Wüst. Die Politik müsse darauf Antworten finden - „sachlich und ohne Hetze, aber konsequent“, betonte er. „Es darf nicht passieren, dass nur der rechte Rand die schnellen Antworten gibt.“

Auch die Unions-Bundestagsfraktion habe klargemacht, dass sie für Gespräche über das Asylrecht bereitstehe. „Zeigen wir gemeinsam Handlungsfähigkeit aus der demokratischen Mitte“, sagte Wüst mit Blick auf Freitag.

Stars und Promis kritisieren Vorgehen der Union

Update 30.1., 14.15 Uhr: Zahlreiche deutsche Weltstars und Prominente wie Daniel Brühl und Jella Haase kritisieren das Vorgehen der Union, eine Verschärfung der Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchzusetzen. „Dieser Pakt mit der AfD bedeutet einen historischen Tabubruch“, heißt es in einem offenen Brief, den die deutsche „Vogue“ als erstes Medium in Gänze veröffentlicht hat. Initiatoren des Briefs sind die Schauspieler Luisa Gaffron und Jonathan Berlin.

Zu den Unterzeichnenden gehören auch Film- und TV-Stars wie Karoline Herfurth, Jasna Fritzi Bauer, Maximilian Mundt, Bjarne Mädel, Philip Froissant, Anna Maria Mühe, Caroline Peters, Jördis Triebel, Dimitrij Schaad, Albrecht Schuch, Joko & Klaas oder Musiker wie Bela B und Johannes Oerding.

„Die Union ist bereit, diese Rechte mit den ideologischen Erben der Täter zu beschließen und mit dem historischen Konsens des „Nie wieder“ zu brechen. In der Woche des Holocaustgedenktages“, heißt es in dem Brief. Das Schreiben ist adressiert an Abgeordnete von Union, FDP und BSW: „Sie alle haben so oft gesagt: „Nie wieder ist jetzt!“ So oft haben Sie gesagt: „Die Brandmauer steht.“ Doch nein, Sie sind es nicht, die sie stützen, Sie destabilisieren sie auf dramatische Weise...“

Weiter heißt es: „Wir, die Zivilgesellschaft dieses Landes, müssen nun diese Brandmauer sein und Sie an Ihre Versprechen erinnern. Sie drohen, Grundrechte mithilfe von Rechtsextremen auszuhöhlen und verhelfen der AfD so zu Einfluss und Macht - sogar auf gesetzgeberischer Ebene, sollte auch am Freitag bei der nächsten Abstimmung gemeinsame Sache mit ihr gemacht werden.“

Holocaust-Überlebender will Verdienstkreuz zurückgeben

Update 30.1., 12.47 Uhr: Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg will sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben, nachdem die Union mit Stimmen der AfD einen Bundestagsantrag zur Migrationspolitik durchgebracht hat. Der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano, der sich wie Weinberg für ein NS-Gedenken engagiert, möchte es ihm gleichtun. Er habe den Plan gemeinsam mit seinem Freund Weinberg, der aus Leer in Ostfriesland kommt vereinbart, sagte Toscano. Er werde die ihm 2021 verliehene Ehrung zusammen mit Weinberg zeitnah in Berlin an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurückgeben. „Entweder empfängt uns der Bundespräsident oder wir werfen es bei ihm in den Briefkasten“, sagte er. Er sei erschüttert, empört und aufgewühlt über das, was am Mittwoch im Bundestag geschehen sei. „Ich bin um meine demokratischen Werte verraten worden“, sagte Toscano der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.

Auch Weinberg ist schockiert über das Abstimmungsergebnis im Bundestag. Es sei eine spontane Entscheidung gewesen, das Bundesverdienstkreuz, das eine hohe Ehre für ihn sei, zurückzugeben. Er wolle das Gleiche tun wie sein Freund Toscano. „Es ist zu schwer geworden, es zu tragen, wenn man solche Nachrichten hat. Furchtbar“, sagte der 99-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.

Albrecht Weinberg sitzt in seiner Wohnung
Albrecht Weinberg ist über die Abstimmung von CDU und FDP mit den Stimmen der AfD enttäuscht. © Sina Schuldt/dpa

Weinberg überlebte die drei Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora im Harz, Bergen-Belsen bei Celle und mehrere Todesmärsche. Seine jüdische Familie wurde von den Nazis fast vollständig ermordet. 2012 kehrte er zusammen mit seiner Schwester aus den USA zurück in seine ostfriesische Heimat. Seitdem geht er in Schulen und berichtet Schülerinnen und Schülern von seinen Erinnerungen.

Das will er auch weiter tun. „Ich gehe in den letzten zehn Jahren in Schulen und spreche zu Schülern, was sein kann und was würde sein, wenn die die Macht wieder übernehmen“, sagte Weinberg mit Blick auf die AfD. „Die haben ja keine Ahnung, wie das ausgesehen hat ‚45 Deutschland.“ Er hoffe, dass die Menschen zur Vernunft kommen. „Politik ist ein komisches Geschäft.“

Toscano erwartet Einsatz für Demokratie

Toscano, Fotograf und Filmemacher, macht mit dem Erinnerungsprojekt „Gegen das Vergessen“ die Schicksale der Überlebenden öffentlich und verschafft den letzten Zeitzeugen der NS-Verbrechen Aufmerksamkeit.

„Die Probleme, die wir haben mit der Migration, wir wissen, dass sie da sind, aber die dürfen wir nicht mit den Steigbügelhaltern der Rechten lösen“, sagte er weiter. Er erwarte von Demokraten eigentlich hundertprozentigen Einsatz für die Demokratie. Was gestern passiert sei, habe damit nichts mehr zu tun. „Die Symbolik und die Gefahren, die daraus resultieren, sind verheerend.“

Landesweit Demos nach CDU-Migrationsantrag im Bundestag

Update 30.1., 12.34 Uhr: In zahlreichen Städten in Nordrhein-Westfalen finden Demonstrationen gegen Rechts sowie für eine Aufrechterhaltung der Brandmauer zwischen CDU und AfD statt. Einige der Demos werden vor Parteihäusern der CDU abgehalten, hieß es von der Polizei. Anlass ist der Antrag der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik, der im Bundestag mit AfD-Stimmen durchgesetzt wurde.

Schon direkt nach der Durchsetzung des Antrags gab es erste Demos, zum Beispiel in Bonn mit 600 Teilnehmenden, wie die Polizei mitteilte. Auch unter anderem in Köln, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen und Münster sollen heute und in den nächsten Tagen Demonstrationen stattfinden, die sich gegen die AfD und eine Zusammenarbeit der CDU mit ihr richten. Auch ein AfD-Verbot wird teilweise verlangt - diese Forderung ist am Abend Thema im Bundestag.

CDU-Büros in Dortmund und Lünen beschmiert

Update 30.1., 12.07 Uhr: In der Nacht zu Donnerstag sind mehrere Parteibüros der CDU Ziel von Farbangriffen geworden. Die Kreisgeschäftsstelle in Dortmund wurde mit roten Farbbeuteln beschmissen. Zudem haben Unbekannte Parolen wie „Verrat an unserem Rechtsstaat“, „Wir wollen Vielfalt“ und „Eure Politik ist schmerzhaft“ mit Kreide geschrieben. Ein A4-Zettel mit „Schämt euch“ wurde mit Tesafilm ans Fenster geklebt.

An der Lüner Geschäftsstelle der CDU fanden sich ebenfalls Schmierereien. Demnach sollen Unbekannte dort mit schwarzer Farbe „politische Schriftzüge“ angebracht haben. Direkt neben der Eingangstür wurde der Satz „Blut an euren Händen!“ platziert. In beiden Fällen ermittelt nun der Staatsschutz.

In Recklinghausen fand am Mittwochabend eine Spontan-Demo mit rund 80 Teilnehmenden vor der Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbands Recklinghausen statt. Es wurden Plakate hochgehalten mit Aufschriften wie „Schamlose Union“ und „Steigbügelhalter“, Grablichter wurden auf den Treppenstufen abgestellt - als Symbol des befürchteten Endes der Demokratie. Zudem zündeten einige Demo-Teilnehmer Bengalos als Sinnbild für die „gefallene Brandmauer“.

Eine Demo ist ebenfalls in Dortmund am Donnerstagabend um 18 Uhr vor der Reinoldikirche geplant. Dazu aufgerufen hat ein breites Bündnis von Antifa, SPD, Grüne, Linke sowie diversen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen unter dem Motto „Stoppt die AfD und ihre Helfer*innen“ und „Für die solidarische Gesellschaft“. Laut Polizei sind 500 Leute angemeldet.

Ex-Kanzlerin Merkel schießt gegen Merz

Update 30.1., 11.11 Uhr: Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Vorgehen der Union kritisiert, die ihren Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchgesetzt hat. In einer von ihrem Büro veröffentlichten Erklärung verweist sie auf eine frühere Aussage von Fraktionschef Friedrich Merz (CDU), nur mit SPD und Grünen zuvor vereinbarte Entscheidungen auf die Tagesordnung zu setzen, damit keine Mehrheit mit der AfD zustande kommt. „Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze.“

Merkel fügte hinzu: „Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“

Stattdessen sei es erforderlich, „dass alle demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts, alles tun, um so schreckliche Attentate wie zuletzt kurz vor Weihnachten in Magdeburg und vor wenigen Tagen in Aschaffenburg in Zukunft verhindern zu können“.

Der Bundestag hatte am Mittwoch einem Antrag der Union zugestimmt, der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht. Dafür stimmten 187 Abgeordnete der Union, 75 AfD-Abgeordnete sowie 80 Angehörige der FDP-Fraktion und 6 Fraktionslose. Zusammen sind das 348 Stimmen. 344 Abgeordnete stimmten dagegen.

Scholz und Merz liefern sich hitziges Wortgefecht

Update, 29.1., 16.30 Uhr: Vor der Abstimmung über die Migrationspolitik im Bundestag haben sich Kanzler Olaf Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen außergewöhnlich scharfen Schlagabtausch über den Umgang mit der AfD geliefert. Der SPD-Kanzlerkandidat Scholz warf Merz vor, die klare Abgrenzung zu extrem rechten Parteien aufzugeben. „Sie nehmen die Unterstützung der AfD für Ihre rechtswidrigen Vorschläge offen in Kauf“, rief er dem Oppositionsführer in seiner Regierungserklärung im Parlament zu.

Merz nennt Scholz‘ schwarz-blaue Spekulationen „niederträchtig“

Scholz mutmaßte auch, dass die Union nach der Wahl eine Koalition mit der AfD eingehen könnte. Merz wies das in seiner Antwort auf den Kanzler als „niederträchtig“ und „infam“ zurück. „Ich werde alles tun, das zu verhindern.“ Der CDU-Chef bekräftigte dennoch, dass er für die Durchsetzung seiner Vorschläge zur Migration die Zustimmung der AfD in Kauf nimmt. Das sei ihm lieber, als „weiter ohnmächtig zuzusehen, wie die Menschen in unserem Land weiter bedroht, verletzt und ermordet“ werden.

Weidel nennt Regierungserklärung „ungeheuerlich“

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel wandte sich sowohl gegen Scholz als auch gegen Merz. Die Regierungserklärung nannte sie „ungeheuerlich“ und warf Scholz „autoritäres“ Denken vor. „Das ist Demokratie ohne Volk, das ist Demokratie ohne Wähler“, sagte sie. Die Migrationspolitik der Regierung nannte sie einen „politisch motivierten Kontrollverlust“. Die sogenannte „Brandmauer“ gegen die AfD sei ein Hebel, um den Wählerwillen auszuschließen. Der Union warf Weidel vor, die Vorschläge zur Eindämmung der Migration von der AfD abgeschrieben zu haben.

Drei Abstimmungen über Unions-Vorschläge

CDU und CSU wollen am noch am Nachmittag zwei Anträge zur Abstimmung stellen. In einem geht es um einen Fünf-Punkte-Plan zur Bekämpfung der irregulären Migration, der mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen könnte. Gefordert wird darin unter anderem ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente, auch wenn sie ein Schutzgesuch äußern. Erst am Freitag steht das sogenannte „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Unionsfraktion zur finalen Abstimmung. Die Neuregelung soll unter anderem den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beenden.

Update 29.1., 14.35 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz hat vor Einschränkungen des Asylrechts gewarnt. Vor dem Hintergrund der tödlichen Messerattacke von Aschaffenburg sagte er in einer Regierungserklärung im Bundestag, „das Recht auf Asyl ist fester Bestandteil unserer Rechts- und unserer Werteordnung. Daran dürfen wir nicht rütteln!“ Der SPD-Politiker fügte hinzu, das Recht auf Asyl sei die unmittelbare Antwort auch auf das Grauen der NS-Herrschaft. „Damals waren es deutsche und europäische Juden, die an fremden Grenzen abgewiesen wurden.“ Das dürfe nie wieder passieren. „Das darf gerade Deutschland nie wieder zulassen.“

Wenn man heute, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, im Bundestag über Asyl, Flucht und Migration und über die Schwierigkeiten, die damit verbunden seien, diskutiere, dann gehöre das Bekenntnis zum Recht auf Asyl für politisch Verfolgte dazu.

Scholz: Regierungserklärung im Livestream

Update 29.1., 14 Uhr: Erwartet wird eine heiße Debatte: Am Nachmittag soll bei der Sitzung des Bundestages über die Asylanträge der CDU/CSU abgestimmt werden. Zuerst gibt Olaf Scholz eine Regierungserklärung ab. Hier ist der Livestream zur Sitzung zum Nachschauen:

Kirchen reden Merz und CDU ins Gewissen

Update 29.1., 10.50 Uhr: Die beiden großen Kirchen warnen Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz mit ungewöhnlich scharfen Worten davor, für einen härteren Kurs in der Migrationspolitik AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen. Die Fraktionen hätten sich mit der Auflösung der Ampel-Koalition verständigt, keine Abstimmungen herbeizuführen, in der die Stimmen der AfD ausschlaggebend seien, erklären die Berliner Vertreter der katholischen Bischöfe und des Rats der Evangelischen Kirche zu entsprechenden Unionsanträgen.

„Wir befürchten, dass die deutsche Demokratie massiven Schaden nimmt, wenn dieses politische Versprechen aufgegeben wird“, schreiben Prälatin Anne Gidion für die Evangelische Kirche und Prälat Karl Jüsten für die Katholische Kirche an die Abgeordneten. Über die Anträge soll am Nachmittag im Bundestag abgestimmt werden, über den Entwurf des sogenannten Zustrombegrenzungsgesetzes der Unionsfraktion am Freitag. Alle Unionsvorhaben dürften im Parlament nur Mehrheiten bekommen, wenn auch die AfD zustimmt.

Kirchen: Verschärfungen nicht zielführend

Zeitpunkt und Tonlage der Debatte seien zutiefst befremdlich, kritisieren die Kirchen weiter. „Sie ist dazu geeignet, alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich bestehenden Fragen bei.“ Die vorgeschlagenen Verschärfungen seien zudem „nicht zielführend, vergleichbare Taten zu verhindern und tragfähige Antworten auf das öffentliche Sicherheitsbedürfnis zu geben“.

In den Anträgen wie im Gesetzentwurf seien Punkte enthalten, „die unserer Auffassung nach rechts- bzw. verfassungswidrig sind oder geeignet erscheinen, die Grundpfeiler der Europäischen Union zu erschüttern“. Als Beispiele für einen Verstoß gegen EU-Recht werden die von Merz geplanten dauerhaften Grenzkontrollen und eine Abweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen genannt. „Nationale Alleingänge zerstören auf Dauer das Fundament der Europäischen Union.“

Ausführliche Stellungnahme zum Unions-Gesetzentwurf

In einer ausführlicheren gemeinsamen Stellungnahme schreiben die Kirchen, die Union bringe ihren Entwurf zum Zustrombegrenzungsgesetz „im Zuge einer aufgeheizten öffentlichen Debatte über die Möglichkeiten der Begrenzung von Fluchtmigration“ ein. Mit Blick auf den Anlass für die Initiative der Union - eine Reihe tödlicher Attacken, bei denen Migranten unter Tatverdacht stehen, heißt es: „Die beiden großen Kirchen weisen hiermit darauf hin, dass die nun vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nach aktuellem Wissensstand keinen der Anschläge verhindert hätten.“

Die Todesfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt und der Messerangriff von Aschaffenburg vor einer Woche seien offensichtlich von psychisch Kranken begangen worden. „Die Taten zeigen aus Sicht der Kirchen daher ein Defizit hinsichtlich des Informationsaustausches unterschiedlicher Behörden und einen eklatanten Mangel an adäquater Versorgung psychisch Kranker auf.“

„Familiennachzug rechtlich unerlässlich“

Abgelehnt wird besonders das Ziel der Union, den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus zu stoppen. „Aus Sicht der beiden Kirchen ist es rechtlich unerlässlich, den Familiennachzug zu subsidiär

Schutzberechtigen unter erfüllbaren Bedingungen zuzulassen, da Art. 6 Abs. 1 GG (Grundgesetz) auch das tatsächliche Zusammenleben der Familienmitglieder schützt und es sich nicht um ein Deutschengrundrecht handelt.“ Das Zusammenleben als Familie gehöre zu den sozialen Grundbedürfnissen. „Dies gilt auch und besonders unter den Bedingungen von Flucht und Vertreibung.“

Die Kirche sehen nach eigenen Worten außerdem einen Widerspruch zwischen dem Ziel der Begrenzung des Zuzugs und der auch gesetzlich angestrebten Erleichterung des Zuzugs von Arbeitskräften auf allen Qualifikationsstufen.

Für die CDU verteidigte die Vizevorsitzende Karin Prien den Kurs von Merz. Die CDU müsse nicht „immer eins zu eins mit den Kirchen einer Meinung“ sein, sagte sie im Deutschlandfunk. „Wir machen Politik auf Grundlage unseres christlichen Menschenbildes.“ Menschen, die Schutz brauchten und die in Not seien, wolle die CDU auch weiter Aufnahme gewähren. „Aber das, was wir im Moment machen, ist doch ein Asylsystem, was auf europäischer Ebene, auf deutscher Ebene, auf Verwaltungsebene schlicht nicht funktioniert.“ Deshalb sei ein Politikwechsel notwendig.

Was war der Auslöser für die neue Migrationsdebatte?

Ein offenbar psychisch kranker Mann aus Afghanistan hatte am Mittwoch vergangener Woche einen zweijährigen Jungen mit marokkanischen Wurzeln aus einer Kindergartengruppe mit einem Messer getötet. Ein 41 Jahre alter Familienvater, der sich zwischen Angreifer und Kinder stellte, starb ebenfalls. Weitere Menschen wurden schwer verletzt, darunter ein zwei Jahre altes Mädchen syrischer Abstammung. Der 28 Jahre alte Angreifer war ausreisepflichtig, er befindet sich in einer psychiatrischen Einrichtung. Der Tat ging eine Reihe anderer Attacken voraus, bei denen ebenfalls Ausländer unter Tatverdacht stehen.

Worüber genau soll im Bundestag abgestimmt werden?

Ein Antrag dreht sich um den von Unionsfraktionschef Friedrich Merz vorgelegten Fünf-Punkte-Plan. Gefordert werden dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern, ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente, auch wenn sie ein Schutzgesuch äußern. Ausreisepflichtige sollen inhaftiert werden und Abschiebungen müssten täglich erfolgen. Der Bund soll die Länder beim Vollzug der Ausreisepflicht unterstützen - es sollen Bundesausreisezentren geschaffen werden. Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen in einem unbefristeten Ausreisearrest bleiben, bis sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder die Abschiebung vollzogen werden kann.

Der zweite Antrag trägt den Titel „Für einen Politikwechsel bei der Inneren Sicherheit“. Die Unionsfraktion listet hier 27 Punkte auf, etwa Mindestspeicherfristen für IP-Adressen, mehr technische Befugnisse für Ermittler etwa zur elektronischen Gesichtserkennung, einen verbesserten Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden, eine Stärkung der Nachrichtendienste sowie härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und Helfer.

Schließlich steht am Freitag das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz der Unionsfraktion zur finalen Abstimmung. Die Neuregelung soll unter anderem den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beenden. Die Bundespolizei soll, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich Ausreisepflichtige antrifft, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchführen dürfen.

Wie stehen die Chancen bei den Abstimmungen?

Sollte es bei CDU/CSU, FDP, AfD und BSW am Ende keine Abgeordneten geben, die sich enthalten, dagegen stimmen oder nicht anwesend sind, käme man bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf zusammen auf 372 Stimmen. Der Bundestag hat aktuell 733 Abgeordnete. Es würde also reichen. Sollten nicht alle Abgeordneten dieser Parteien mit Ja stimmen, käme es womöglich auf das Abstimmungsverhalten der neun Fraktionslosen an. Die meisten von ihnen gehörten früher der AfD-Fraktion an.

SPD, Grüne und Linke tragen keines der drei Vorhaben mit. Die AfD hingegen will ihnen zustimmen, trotz kritischer AfD-Passagen in den beiden Anträgen.

Am einfachsten könnte es für den Gesetzentwurf am Freitag werden. Diesem wollen neben Union auch AfD, FDP und BSW zustimmen.

Den Fünf-Punkte-Plan wollen AfD und FDP mittragen. Von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hieß es gestern hingegen, sie würde nach aktuellem Stand „nicht von einer Zustimmung ausgehen“ - dies sei aber noch offen, ergänzte eine Parteisprecherin. Der zweite Antrag zur Sicherheitspolitik findet zwar Zustimmung bei Union und AfD, nicht aber von FDP und BSW.

Dringende Warnungen von Scholz und Habeck

Auch wenn die Anträge am Mittwoch durchkämen, hätten sie nur appellatorischen Charakter. Kanzler Scholz sagte gestern Abend bei einer Wahlkampfveranstaltung in Berlin, sie würden „erstmal gar nichts bewirken“. Umso mehr sei es „empörend“, dass die Union entgegen früherer Aussagen in Kauf nehme, dass eine Mehrheit nur mit Stimmen der AfD zustande komme, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Scholz warnte zugleich vor einer schwarz-blauen Mehrheit im Bundestag nach der Wahl.

SPD-Chef Lars Klingbeil sagte in der ZDF-Sendung „Wie geht’s, Deutschland?“, er sei „bestürzt“, dass wahrscheinlich erstmals in der Geschichte des Landes Union und AfD gemeinsame Sache im Parlament machen. „Das wird unser Land verändern“, sagte Klingbeil.

„Tun Sie es nicht, Herr Merz“

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck appellierte via Instagram an seinen Konkurrenten von der Union: „Tun Sie es nicht, Herr Merz.“ Habeck sprach von einem „Scheideweg in der politischen Kultur unseres Landes“. Die Union begäbe sich in die Fänge der AfD. „Dieses Verhalten jetzt macht Europa kaputt.“

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Dass Friedrich Merz just in Zeiten, in denen Europa eigentlich zusammenstehen muss, unsere europäischen Nachbarn vor den Kopf stößt, schadet Deutschland massiv.“

AfD-Chefin Alice Weidel sieht sich hingegen mit der Union auf einer Linie. Sie sagte in der ZDF-Sendung „Wie geht’s, Deutschland?“, der Antrag mit fünf Punkten sei „von der AfD abgeschrieben“ und enthalte Forderungen, die ihre Partei bereits seit Jahren vorgebracht habe.

Rückendeckung für Merz‘ Vorgehen - Keine Zusammenarbeit mit AfD

Die Vize-Chefin der CDU, Karin Prien, verteidigte ihren Parteichef hingegen. „Ich stehe in der Sache an der Seite von Friedrich Merz“, sagte Prien, die dem liberalen Lager der Partei angehört, dem „Stern“. „Nur wenn eine Mitte-Rechts-Partei wie die CDU das Migrations-Problem in Deutschland gelöst bekommt, kann das die Erosion unserer Demokratie und den Aufstieg radikaler Kräfte noch abwenden“, sagte sie.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte der „Rheinischen Post“, das Land brauche eine „Kehrtwende in der Migrationspolitik“ und vor allem einen Stopp der illegalen Migration. Er betonte zugleich: „Ich werde nicht eine Sekunde mit der AfD oder ihren Verantwortlichen zusammenarbeiten. Sonst bin ich nicht mehr hier. Das gilt auch für Friedrich Merz.“

CSU-Chef Markus Söder verteidigte ebenfalls Merz‘ Kurs und das Vorgehen der Union gegen Kritik, für eine Mehrheit Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen. Es gehe im Bundestag nun um eine sachlich gebotene Entscheidung. „Es ist auch keine Zusammenarbeit, deswegen wird auch keine Brandmauer fallen“, sagte der bayerische Ministerpräsident in der ARD-Sendung „Maischberger“.

Bundestag stimmt über umstrittene Asylanträge der CDU ab

Erstmeldung: Eine Woche nach dem Messerangriff von Aschaffenburg mit zwei Toten stehen heute (29.1.) im Bundestag (ab 14.15 Uhr) harte Debatten und Abstimmungen über eine verschärfte Migrationspolitik an. Die Union will zwei Anträge zur namentlichen Abstimmung stellen. Zuvor will Kanzler Olaf Scholz (SPD) eine Regierungserklärung abgeben. SPD und Grüne warnten die Union und deren Kanzlerkandidat eindringlich davor, mit der AfD gemeinsame Sache zu machen. Diese hatte angekündigt, den Anträgen und auch einem Gesetzentwurf, der am Freitag zur Abstimmung steht, zuzustimmen.

mit dpa

Bundestag stimmt Migrationsantrag der Union zu: Merz bekommt Mehrheit - auch mit Stimmen von AfD