Der Bundestag entscheidet heute über das umstrittene Heizungsgesetz. Erwartet wird, dass es mit der Mehrheit der Ampel-Koalition beschlossen wird. Das Gebäudeenergiegesetz, das oft als Heizungsgesetz bezeichnet wird, zielt darauf ab, durch einen schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen das Heizen klimafreundlicher zu machen. Ende September muss das Gesetz noch durch den Bundesrat.
Die Pläne sehen im Kern vor, dass jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Es soll Anfang 2024 in Kraft treten, aber zunächst nur für Neubaugebiete gelten.
Wärmeplanung soll Orientierung geben
Für bestehende Gebäude soll eine kommunale Wärmeplanung der Dreh- und Angelpunkt sein: Auf dieser Grundlage sollen Hausbesitzer entscheiden können, ob sie sich an ein Wärmenetz anschließen oder eine Wärmepumpe oder andere klimafreundlichere Heizung einbauen lassen. Die kommunale Wärmeplanung soll in Kommunen über 100.000 Einwohnern bis Mitte 2026 und für die restlichen bis Mitte 2028 erstellt werden.
Über das Heizungsgesetz hatte es heftigen Streit gegeben. Auf Druck vor allem der FDP gab es grundlegende Änderungen. Das Wirtschaftsministerium legte zuletzt eine neue Berechnung zur CO2-Einsparung vor. Demnach wird der Klimaschutzeffekt des Gesetzes geringer ausfallen als angenommen. Grund sind die Änderungen im parlamentarischen Verfahren. Es wird davon ausgegangen, dass mit der neuen Fassung rund drei Viertel der eigentlich geplanten Treibhausgasminderung bis 2030 möglich sind - „vielleicht etwas mehr, vielleicht weniger“. Diese neue Schätzung basiert auf einer Berechnung des Öko-Instituts.
Union: Gesetz ist „Brandbeschleuniger“ in Baukrise
Die Opposition im Bundestag war mit einem Antrag gescheitert, die Entscheidung über das Gesetz zu verzögern. Vor allem die Union drängte auf mehr Zeit für Beratungen.
Aus der Unionsfraktion kam nun erneut Kritik an dem Vorhaben. „Fakt ist, dass das GEG mit seinen überzogenen Regelungen das Bauen und Wohnen noch weiter verteuert“, sagte der stellvertretende Fraktionschef Ulrich Lange der „Augsburger Allgemeinen“. Das könne man in Zeiten hoher Inflation und hoher Bauzinsen nicht gebrauchen. Das Gesetz wirke als „Brandbeschleuniger“.
Konkret kritisierte der CSU-Politiker, für Mehrparteienhäuser sänken mit zunehmenden Wohneinheiten die förderfähigen Investitionskosten. Während sie für die erste Wohneinheit bei 30.000 Euro liegen solle, seien es ab der siebten Wohneinheit 3000 Euro. „Darin sehe ich eine Benachteiligung der Wohnungswirtschaft, auch wenn sie noch andere Möglichkeiten wie Umlagen und Abschreibungen hat.“
Fragen und Antworten zum Heizungsgesetz - Was sind die Kernpunkte?
Ab Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden. Die Regelungen des GEG sollen von 2024 an unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Bestehende Heizungen sollen weiterlaufen und auch repariert werden können. Mit anderen Worten: „Es gibt keine sofortige Austauschpflicht für bestehende Heizungen“, betont die Bundesregierung. Es gibt Übergangsfristen und Ausnahmen.
Ältere Hausbesitzer oder solche mit wenig Geld sollen nicht überfordert werden. Der Staat übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Kosten für eine neue Heizung. Die maximal förderfähigen Kosten sollen zum Beispiel bei einem Einfamilienhaus bei 30.000 Euro liegen. Der maximale staatlicher Zuschuss liegt also bei 21.000 Euro. Ferner soll es zinsgünstige Kredite geben. Verbände fordern Nachbesserungen am neuen Förderprogramm.
Was soll mit bestehenden Heizungsanlagen geschehen?
Dreh- und Angelpunkt für bestehende Heizungen soll eine verpflichtende und flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein. Erst wenn diese vorliegt, sollen die Vorgaben des Gesetzes zum Heizen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien auch für Bestandsgebäude gelten. Hausbesitzer können dann entscheiden, was sie machen.
Liegen noch keine Wärmepläne vor, sollen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern laut dem Entwurf für das Wärmeplanungsgesetz bis Mitte 2026 Zeit für ihre Wärmepläne bekommen. Alle anderen Kommunen, die noch ohne Pläne sind, sollen sie bis zum 30. Juni 2028 vorlegen. Kleinere Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern sollen ein vereinfachtes Wärmeplanungsverfahren durchführen können.
Solch ein kommunaler Wärmeplan soll zum Beispiel zeigen, ob es eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung gibt oder geben wird, an die ein Gebäude angeschlossen werden kann. Dies soll laut Bundesregierung „Planungs- und Investitionssicherheit“ geben. Heizungsgesetz und Wärmeplanungsgesetz sind also eng miteinander verbunden. Beide Gesetze sollen am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Was müssen neue Heizungen können?
Die Bundesregierung sagt, dass das Gesetz „technologieneutral“ ausgestaltet ist. So könnten Eigentümer den vorgeschriebenen Erneuerbaren-Anteil von mindestens 65 Prozent auch rechnerisch nachweisen. Als weitere Möglichkeiten für das Erreichen des Anteils sieht das Gesetz etwa einen Fernwärme-Anschluss, eine elektrische Wärmepumpe, eine Stromdirektheizung oder eine Heizung auf der Basis von Solarthermie vor. Auch eine Hybridheizung, also eine Kombination aus Erneuerbaren-Heizung und Gas- oder Ölkessel, ist möglich.
Unter bestimmten Bedingungen gibt es auch die Möglichkeit so genannter wasserstofffähiger Gasheizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Für bestehende Gebäude sind etwa Biomasseheizungen oder Gasheizungen möglich, die erneuerbare Gase wie Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff nutzten.
Auch für neue Anlagen, die bei fehlenden Wärmeplänen im Übergangszeitraum bis Mitte 2026 oder Mitte 2028 in Bestandsgebäuden eingebaut werden, gibt es Klima-Vorschriften. Sie müssen ab 2029 einen steigenden Anteil Biomasse oder Wasserstoff für die Wärmeerzeugung nutzen. Ab 2029 sind es mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent.
Welche Übergangsfristen gibt es?
Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel kaputt ist, soll es eine Übergangsfrist geben - das gilt laut Änderungsanträgen auch bei geplanten Heizungstauschen. Während der Übergangsfrist von fünf Jahren können Heizungsanlagen eingebaut, aufgestellt und betrieben werden, die nicht die Anforderungen von 65 Prozent erneuerbare Energien erfüllen. Nach Ablauf der Frist sollen dann vor Ort kommunale Wärmeplanungen vorliegen, auf Basis derer sich die Bürger für eine passende klimafreundliche Heizung entscheiden sollen.
Was ist mit den Betriebskosten bei Mietwohnungen?
Das Gesetz soll Mieterinnen und Mieter schützen, wie es im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen heißt. Bisher dürfen Vermieter maximal 8 Prozent der Kosten für eine Modernisierungsmaßnahme auf die Jahresmiete umlegen, wenn sie zum Beispiel eine Wohnung sanieren. Im GEG ist nun eine neue Modernisierungsumlage verankert.
Vermieter sollen Investitionskosten für den Heizungstausch in Höhe von 10 Prozent auf den Mieter umlegen können - Bedingung ist aber, dass eine staatliche Förderung in Anspruch genommen und die Fördersumme von den umlegbaren Kosten abgezogen wird. Das soll Vermietern Anreize zum Heizungstausch geben. Zugleich gilt eine Kappungsgrenze: Die Monatsmiete soll sich durch eine neue Heizung nicht um mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen. Kommen weitere Modernisierungsmaßnahmen hinzu, können es wie bisher zwei bis drei Euro werden.
Was steht im Gesetz noch drin?
Unter anderem sieht das Heizungsgesetz eine Beratungspflicht vor. Sie greift dann, wenn neue Heizungen eingebaut werden sollen, die mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Die Beratung soll auf mögliche Auswirkungen der Wärmeplanung sowie eine eventuelle Unwirtschaftlichkeit hinweisen, insbesondere aufgrund steigender CO2-Preise.
Wie lange darf noch mit fossilen Brennstoffen geheizt werden?
Laut Heizungsgesetz bis zum 31. Dezember 2044. Ab 2045 dürfen Gebäude dann nur noch klimaneutral mit erneuerbaren Energien geheizt werden.
Wie heizen die Bundesbürger momentan?
Vor allem mit Gas. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurden 2022 knapp die Hälfte der gut 43 Millionen Wohnungen und Einfamilienhäuser mit Erdgas beheizt. Auf Platz zwei liegt die Ölheizung mit fast einem Viertel. Auf dem dritten Rang rangiert die Fernwärme mit gut 14 Prozent. Zugelegt haben Elektro-Wärmepumpen. Lag ihr Anteil 2017 noch bei 2,0 Prozent, sind es mittlerweile 3,0 Prozent. Stromheizungen sorgten 2022 in 2,6 Prozent aller Wohnungen für Wärme. Auf sonstige Heizungsarten wie Holzpellets, Solarthermie oder Koks und Kohle entfielen 6,2 Prozent.
Was empfehlen Energieberater Hausbesitzern als beste Heizungsart?
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät ganz allgemein zu umweltfreundlichem Heizen mit erneuerbaren Energien. Ein Wechsel zahle sich wegen „attraktiver Förderprogramme“ oft schnell aus. Außerdem machten die CO2-Abgabe und die gestiegenen Brennstoffpreise das Heizen mit fossilen Energien jedes Jahr deutlich teurer.
Das Gesetz sollte eigentlich schon vor der Sommerpause verabschiedet werden. Warum steht es erst jetzt auf der Tagesordnung?
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Eilverfahren eine Verabschiedung vor der Sommerpause verboten. Es hatte Zweifel daran, dass die Rechte der Bundestagsabgeordneten ausreichend gewahrt blieben. Den Antrag auf eine einstweilige Anordnung hatte der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann wegen des engen Zeitplans im Gesetzgebungsverfahren gestellt. Die Koalition beschloss dann, dass das Gesetz nach der Sommerpause Anfang September im Bundestag verabschiedet werden soll.
Ein am Dienstag gestellter Antrag der Opposition, das Gebäudeenergiegesetz am Freitag nicht auf die Tagesordnung zu setzen, blieb erfolglos. Er wurde von den Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP abgelehnt. Heilmann sagte, er halte die letzte Lesung im Bundestag allein nicht ausreichend. Sollte die Regierung nicht nachsteuern, würde sie ein formell verfassungswidriges Gesetz beschließen. Über das Gesetz hatte es auch innerhalb der Regierungskoalition viel Streit gegeben. Auf Druck vor allem der FDP hatte es grundlegende Änderungen der ursprünglichen Pläne gegeben.
Nach dem Bundestagsbeschluss geht das Gesetz an den Bundesrat. Es gilt als wahrscheinlich, dass es Ende September die Länderkammer passiert.
dpa
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