Halloween-Krawalle in Marl Bürgermeister stellt Strafanzeige - Schnellverfahren scheidet aus

Bürgermeister stellt nach Halloween-Krawallen Strafanzeige
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Feuerwerkskörper und Steine flogen gegen alles und jeden, Einkaufswagen brannten: In der Halloween-Nacht machten junge Randalierer im Stadtkern zum vierten Mal Krawall - diesmal an der Brücke zur Planetensiedlung. Die Polizei zeigte den Halbstarken, dass ihnen die Straße nicht gehört. Sie fasste zwölf junge Männer (zunächst war von 13 die Rede). Vier wurden festgenommen, einzelne in Handschellen abgeführt.

In sozialen Medien und Stellungnahmen wird der Einsatz kritisiert. Ein Leser unserer Zeitung spricht von einem „Skandal“, wirft der Polizei Untätigkeit vor („Sie stehen rum, tun nichts“). Nicht blindlings loszuschlagen, gehörte zur Strategie, erklärte Polizeisprecherin Ramona Hörst in unserem Live-Video: „Es ist nicht vernünftig, ins Dunkle hinein diesen Leuten hinterherzurennen. Wir gehen taktisch vor und sammeln uns, damit alle möglichst unverletzt aus diesem Abend gehen.“ Das war dann zum Glück der Fall. Über die Wärmebildkamera ihres Hubschraubers sah die Polizei, in welche Richtung die jungen Männer flüchteten, stellte sie an der Herzlia-Allee.

In der zweiten Krawallnacht an Halloween gelingt es der Polizei, die randalierenden Jugendlichen ohne Gewalt von der Busplatte abzudrängen. Es gab auch Festnahmen.
In der zweiten Krawallnacht an Halloween gelingt es der Polizei, die randalierenden Jugendlichen ohne Gewalt von der Busplatte abzudrängen. Es gab auch Festnahmen. © MZ

Mobile Videokameras am Busbahnhof haben die Täter nicht abgeschreckt. Sie verlagerten ihre Randale zur Brücke. Trotzdem erhielt die Polizei aus der Videoanlage Bilder von dem Abend, die sie nun auswertet: Was kann wem vorgeworfen werden? Wie viele Taten gab es überhaupt? Das wird die Polizei dokumentieren und der Staatsanwaltschaft vorlegen. Sie entscheidet dann, ob Anklage erhoben wird.

Nur zwei der mutmaßlichen Randalierer sind älter als 21 Jahre. Die Mehrzahl wird wohl - falls Beweise vorliegen - nach dem Jugendstrafrecht bestraft: Einer der Hauptverdächtigen ist ein 16-jähriger Deutscher. Die anderen Marler sind zwischen 14 und 25 Jahren alt, deutsch-libanesischer, deutsch-türkischer, serbischer und syrischer Nationalität. Alle jungen Männer sind wieder auf freiem Fuß und wurden ihren Eltern übergeben.

Lerneffekt kommt erst später

Bei erwachsenen Tätern ermöglicht § 417 der Strafprozessordnung ein beschleunigtes Verfahren. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft können Straftäter direkt nach der Tat verurteilt werden. Noch im Juni wurde in Marl ein Ladendieb aus Georgien am Tag nach einem Batteriediebstahl im Supermarkt zu 1400 Euro Geldstrafe verurteilt. Folgt die Strafe „auf dem Fuß“ und nicht erst nach mehreren Monaten, setzt der Lerneffekt sofort ein.

Doch das Jugendstrafrecht lässt ein beschleunigtes Verfahren nicht zu. Bei Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre) kommt es nur in Betracht, wenn die Jugendgerichtshilfe zwingend mitwirkt. Auch die beiden erwachsenen Verdächtigen werden sich nicht sofort verantworten müssen. Voraussetzung für ein Schnellverfahren ist eine klare Beweislage. „Hier kommt es nicht infrage. Wir müssen ausermitteln“, sagt die Polizeisprecherin.

FDP drängt auf Videoüberwachung

Die Polizei hat Strafanzeigen wegen schweren Landfriedensbruchs, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung geschrieben. Auch Bürgermeister Werner Arndt hat Anzeige erstattet. Auf ihn und die Gruppe, in der er sich befand, wurde ein Feuerwerkskörper geworfen, der einen Meter weiter explodierte. Die Stadt Marl wird als Dienstherr ebenfalls Strafantrag stellen.

Offensichtlich haben sich die Täter bewusst vorbereitet. Werden sie an Silvester wieder im Stadtkern Randale machen? Die FDP-Fraktion drängt auf Videoüberwachung und eine ständige Präsenz von Polizei und Ordnungsamt, auch SPD und CDU positionierten sich. Die Polizei will über ihre Strategie an Silvester noch keine Auskunft geben - damit Randalierer sich nicht darauf einstellen.