Schulterschluss im Kreis Unna verpasst Ein „Bündnis gegen rechts“ spaltet statt zu einen

Schulterschluss verpasst: „Bündnis gegen rechts“ spaltet statt zu einen
Lesezeit
Redakteur Marcus Land Hellweger Anzeiger

Wer die ganze Gesellschaft im Kampf für eine gute Sache mitnehmen will, darf nicht einen großen Teil ausklammern. Auch wenn das nur auf sprachlicher Ebene geschehen mag, ist die Wirkung auf viele zweifellos demokratisch Gesinnte mehr als ungünstig: Ein „Bündnis gegen rechts“ richtet sich nämlich gegen weit mehr als nur Rechtsextremismus, wenn man es wortwörtlich nimmt.

Kürzlich hatte das „Bündnis Schwerte gegen rechts“ zu einer Podiumsdiskussion eingeladen – übrigens noch wenige Tage vor der gemeinsamen Abstimmung von CDU, FDP und AfD im Bundestag.

Gekommen waren auch sechs von acht Direktkandidaten im Wahlkreis Unna I bei der Bundestagswahl. Es waren jene Bewerber, die die Gastgeber der demokratischen Mitte zuordneten – von rechts bis links.

Mitte-rechts fühlt sich von „gegen rechts“ nicht angesprochen

Anwesend waren also die Vertreter von CDU und FDP ebenso wie von Volt, SPD und Grünen wie auch der Linken. Dass die Kandidatin der AfD nicht eingeladen worden war, lag nahe. Richtete sich die Veranstaltung laut ihrem Titel „Wer hält die Brandmauer gegen rechts?“ doch ausdrücklich gegen jedwede politische Entscheidungsmacht der Rechtsaußenpartei. Auch Sebastian Rühling, der Bewerber der Kleinpartei Bündnis Deutschland, der achte Direktkandidat, stand nicht auf dem Podium.

Im Publikum entwickelte sich an dem Abend mit zunehmender Zeit eine Eigendynamik: Bei den Beiträgen der Redner links bis Mitte-links, bei Oliver Schröder (Linke), Oliver Kaczmarek (SPD) und Michael Sacher (Grüne) also, brandete zuweilen stürmischer Jubel auf, der Liberale Benjamin Lehmkühler erhielt zumindest stellenweise höflichen Applaus, während Christdemokrat Dr. Tilman Rademacher auf verlorenem Posten stand, auch ausgebuht wurde.

Noch bezeichnender: Bei einigen Aussagen Rademachers nickten Zuhörer zwar zustimmend, rührten aber keine Hand zum Applaus. Mitte-links schien unter sich zu sein und sich dabei auch ganz wohlzufühlen.

Anders als bei den Demonstrationen „gegen rechts“, auf denen keine Parteiredner beklatscht oder ausgebuht werden, verdeutlichten die Reaktionen in einer proppenvollen Veranstaltungshalle, wer da überhaupt als Besucher gekommen war: Anhänger der Mitte-rechts-Partei CDU fühlten sich von Gastgebern mit dem Label „Bündnis gegen rechts“ jedenfalls nicht angesprochen.

Demokratische Mitte nicht einmütig gegen Extremismus?

Wahrscheinlich ist, dass diese Selbstdefinition sogar eher Widerwillen bei einer sich konservativen Werten verbunden fühlenden Bürgerschaft ausgelöst hat. Gekommen war praktisch niemand von ihnen.

Man kann sich darüber wundern. Denn der Linke Oliver Schröder hob lobend hervor, dass sich in Schwerte im Gegensatz zu seiner Heimatstadt Bergkamen auch Christdemokraten in dem „Bündnis gegen rechts“ engagierten. Anders als etwa der SPD-Stadtverband Schwerte taucht die örtliche CDU aber nicht in dessen offizieller Unterstützerliste auf.

Die Wirkung an dem Abend war jedenfalls fatal. Denn als Außenstehender musste man den Eindruck gewinnen, dass die Stadtgesellschaft nicht einmütig gegen Extremismus eintritt, da ein großer Teil von ihr schlicht durch Abwesenheit glänzte.

Umbenennung in „Arbeitskreis für Demokratie“

So war es aber wohl gar nicht. Selbst wenn man Konservativen vorwerfen könnte, sie lehnten sich bequem zurück und verzögen sich in die Schmollecke, obgleich sie ja wissen, worum es geht: Wer einen Schulterschluss aller demokratischen Parteien im Kampf gegen politischen Extremismus anstrebt, muss sich auch nach außen als offen für alle Demokraten präsentieren – stellt damit sein Fundament zugleich auf eine breitere Basis und stärkt den Wir-Gedanken. Dass „Werner Bündnis gegen rechts“ geht diesen Weg wie Schwerte ebenfalls nicht.

Dass es auch anders geht, beweisen die Bürgerinitiative „Zivilcourage für Kamen“, der „Lüner Aktionskreis gegen Rechtsextremismus“ oder ein Bündnis vergleichbarer Ausrichtung in Unna. Von dessen Namen „Runder Tisch gegen Gewalt und Rassismus“ kann sich niemand ausgeschlossen fühlen, der für Vielfalt, Toleranz und Pluralismus durch seine Mitarbeit und seine Stimme eintreten möchte. Und in Bergkamen ist der frühere „Arbeitskreis gegen rechts“ in „Arbeitskreis für Demokratie“ umbenannt worden – einen Zacken hat sich damit sicherlich niemand aus der Krone gebrochen.