100 Jahre Schettler Immobilien Jahrhundertunternehmen baut weiter auf Herten und Umgebung

Buch zu 100 Jahren Schettler: Chef gibt Versprechen trotz Baukrise
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Nur wenige Menschen erreichen ein Alter von 100 Jahren. Ähnlich sieht es in der Wirtschaft aus: „Lediglich zwei Prozent aller Familienunternehmen in Deutschland schaffen diese Marke“, weiß Rolf Schettler. Sein Betrieb ist darunter – einer, der tief in Herten verwurzelt ist: Dass die „Schettler Immobilien Holding“ ursprünglich gar nicht aus Herten stammt, dürfte sogar Alteingesessenen längst entfallen sein.

Alles fing in der Nachbarstadt Herne an. „In einer Zeit großer Unruhe“, wie der Chef in einem Buch zum Jubiläum schreibt. Zusammen mit Stefan Prott vom RDN-Verlag aus Recklinghausen spannt Rolf Schettler darin einen Bogen bis zur Gegenwart: Deutsche Geschichte und eigene Firmengeschichte sind eng miteinander verknüpft.

Ein historisches schwarz-weiß Porträtfoto von Firmengründer Friedrich Leickel.
Mit ihm nahm 1924 die Erfolgsgeschichte von Schettler ihren Anfang: Friedrich Leickel gründete vor genau 100 Jahren den gleichnamigen Heizungsbau-Betrieb in Wanne-Eickel. Sein Enkel und einer seiner Ur-Enkel setzen mittlerweile längst andere Schwerpunkte in der Baubranche. © Schettler Holding

Mitten in den Nachkriegswirren, geprägt durch die Besetzung des Ruhrgebiets und eine Hyperinflation, „hat mein Großvater den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt“, sagt Rolf Schettler über diese „totale Krise“. Vor genau hundert Jahren legte Friedrich Leickel mit seinem Heizungsbaubetrieb in Wanne-Eickel los. „Heizungsbau, überhaupt die Bauhandwerke, sind ja nicht weit weg von der Immobilienwirtschaft. Insofern war es kein großer Schritt, dass später eigene Immobilien hinzukamen.“

50 Jahre bei Schettler gearbeitet

Der Start erfolgte 1924, mit nur einem Gesellen und einem Lehrling an Bord. „Das war ein roter Faden für uns. Wir sind immer Ausbildungsbetrieb gewesen – und werden es auch bleiben. Denn gute Leute zu finden, wird zunehmend schwieriger“, meint Rolf Schettler. Wer einmal den Weg in sein Unternehmen gefunden hat, der bleibt. Manche ein Leben lang: „Eine Mitarbeiterin feierte im letzten Jahr ihr 50-jähriges Dienstjubiläum. Das ist außergewöhnlich!“, sagt der Chef stolz.

Der 65-Jährige erinnert sich als Buchchronist an eine weitere Beziehung, die seit vielen Jahrzehnten hält: die mit der Sparkasse. Deren Gebäude in Wanne befreite „Leickel“ von der Kohlenheizung und rüstete es auf ein zentrales Heizungssystem um: „Da hatte mein Großvater seinen ersten Großauftrag. Bis heute haben wir Geschäftsverbindungen, aktuell zur Sparkasse Vest Recklinghausen.“

Der jetzige Inhaber blickt auch zurück auf die Wirtschaftswunder-Zeit, als der erste Generationenwechsel anstand. „In den 50er-Jahren war das für meinen Vater, als eingeheiratetem Schwiegersohn, eine schwierige Aufgabe. Aber er war gut qualifiziert, hat noch als Student für Heizungs- und Lüftungsbau bei meinem Großvater angefangen und in Karlsruhe sein Ingenieurexamen gemacht.“

Schwarz-weiß-Foto von zwei Männern und einem Jungen auf einer Großbaustelle.
Drei Schettler-Generationen auf einem Bild, hier 1995 auf der Baustelle für die Siedlung Gertrudenau in Scherlebeck: Werner Schettler (l., ✝ 2019) entwickelte die Immobiliensparte und verkaufte 1981 die ursprüngliche Firma Leickel & Co. Heizungsbau an die VEBA Kraftwerke Ruhr. Sie ist noch heute als Wärmetechnik Leickel GmbH am Markt tätig. Sein Sohn Rolf (r., jetzt 65) und sein Enkel Andreas (jetzt 37) stehen heute gemeinsam an der Spitze der „Schettler Holding GmbH und Co. KG“. © Wolfgang Quickels

Nach dem Tod von Leickel senior 1961 entwickelte Werner Schettler, neben dem Heizungshandwerk, mit schnell steigender Tendenz bauliche Aktivitäten. Daraus entstand die Wohnungsverwaltung Schettler, aus der später die „Schettler Holding GmbH und Co. KG“ hervorging.

Seit 1992 sitzt diese in einem markanten Gebäude in Herten-Mitte. Doch der Bau des „Cirkel“ war für Werners Sohn Rolf, der als 1982 dritte Generation mit in die Geschäftsleitung eintrat, „eine lange Geschichte. Damals stand das ‚Fennel-Haus‘ unter Denkmalschutz und genau an der Straße im Weg, die neu gestaltet werden sollte.“ Die Folgen von Löscharbeiten nach einem Brand führten drinnen aber zu massivem Hausschwamm, so dass es letztlich doch abgerissen wurde.

„Wir werden weiter in Herten bleiben“

Er bewundere die Geduld des damaligen Architekten, so Rolf Schettler: „Er musste zehn Entwürfe machen.“ Am Ende wurde es die „städtebaulich attraktivste Lösung“, meint der Firmenchef, der sich – wie die rund 80 Beschäftigten auf seiner Lohnliste – nach wie vor pudelwohl an der Kurt-Schumacher-Straße 62 fühlt. Er macht ein Versprechen: „Wir werden weiter in Herten bleiben.“

Ein altes schwarz-weiß Foto des früheren „Fennel-Hauses“ in Herten.
Der Vorläufer des Cirkel, das historische „Fennel-Haus“, benannt nach dem ehemaligen Fahrradgeschäft in Herten-Mitte. Es stand bis zu seinem Abriss unter Denkmalschutz. © Stadtarchiv Herten

Obwohl es längst Projekte in entfernten Großstädten gebe: „Mein Sohn Andreas (37) ist jetzt Mitgeschäftsführer und setzt als künftiger Nachfolger auf Diversifizierung. Daher sind wir mittlerweile auch in München oder Berlin aktiv. Da kostet der Quadratmeter natürlich deutlich mehr als hierzulande.“

Beide Schettlers wollen aber weiter bei ihrem Leisten bleiben und in erster Linie „bezahlbaren Mietwohnraum“ für Menschen in Herten und Umgebung schaffen. An vielen Stellen hat die Immobilien-Gruppe das Stadtbild geprägt. Unter ihrer Regie entstanden zunächst der „Süder Markt“, dann erwähnter „Cirkel“ und später in Scherlebeck ein komplettes Wohnquartier: die Gertrudenau-Siedlung.

Das Luftbild einer Wohnsiedlung in Herten.
Das Gertrudenau-Quartier in Herten-Scherlebeck – hier ein Luftbild – wurde maßgeblich von Schettlers Ideen geprägt. Es bietet ein Pflegeheim, vier Arztpraxen, eine Kindertagesstätte, einen Supermarkt und 130 Wohnungen im Grünen. © Schettler Holding GmbH

„Wir haben schon in Quartieren gedacht, als es den Begriff noch gar nicht im Immobilienbereich gab“, sagt Rolf Schettler. Weitsicht bei Projekten bewies man außerdem in Recklinghausen (Hohbrink-Siedlung Hochlar), Marl (Wohn- und Pflegezentrum Auguste Victoria), und der Firmenheimat Herne (Wohn- und Einkaufszentrum Eickel-Center). Auch bei barrierefreiem, seniorengerechtem Wohnen und energetischer Bauweise war das Unternehmen der Zeit immer ein Stück voraus. „Ich bin daher zuversichtlich, dass es noch lange weiter geht.“

Sorgen bereiten ihm aber die weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen, etwa bürokratische Hürden. Zu spüren bekommt das die Firma aktuell bei der Entwicklung der Fläche der ehemaligen Gustav-Adolf-Kirche an der Bergstraße. Dort sollen Doppel- und Reihenhäuser sowie ein Mehrfamilienhaus mit Seniorenwohnungen entstehen. Der Aufstellungsbeschluss sei da, aber es gelte, strenge ökologische Auflagen zu beachten, unter anderen die „Vestische Klüftungszone“ betreffend, eine Gesteinsformation tief unter dem Vest RE. „Mit dem Projekt sind wir daher schon seit drei Jahren befasst.“

Aber bei Schettler werden sie bestimmt auch diese Hürde meistern. Wie schon so viele seit 1924 ...

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100 Jahre Schettler Immobilien

Das Jubiläumsbuch des RDN-Verlags bietet auf 132 Seiten eine umfassende Firmenchronik und viele historische Fotos der Städtebauprojekte von Schettler. Es kostet 24,80 Euro und kann im Buchhandel unter Angabe folgender ISBN-Nummer bestellt werden: 978-3-9818149-9-6.

Ein Mann sitzt an einem Tisch und schaut sich in einem Buch das Foto eines großen Geschäftsgebäudes an.
Zufriedener Blick zurück: Rolf Schettler und seine Beschäftigten sind stolz auf das Erreichte. Hier schaut sich der Chef im Jubiläumsbuch ein Bild des Cirkel-Gebäudes in Herten-Mitte an, das 1992 erbaut wurde. © Oliver Prause