Brandschutzmängel in Haus in Kamen Bewohner fürchten um Wohnungen und Erspartes

Probleme mit Brandschutz: Bewohner fürchten um Wohnungen und Erspartes
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Das kleine Gerüst auf dem Vordach des Wohnblocks am Willy-Brandt-Platz 15 ist eher unauffällig, erfüllt aber eine wichtige Funktion: Stünde es nicht da, müsste Ewa Teichgräber womöglich ihre Wohnung räumen. Zumindest droht ihr die Stadt Kamen damit.

Hintergrund ist der Brandschutz. Betroffen von der möglichen Räumung sind neben Teichgräber noch zwei weitere Eigentümer in dem Gebäude, in dessen Erdgeschoss sich eine Apotheke befindet. Die Fenster ihrer Wohnungen weisen auf die kleine Fläche am Willy-Brandt-Platz, die vom Durchgang zur Kampstraße begrenzt worden ist. Deshalb fehlt ein zweiter Rettungsweg, falls das Treppenhaus bei einem Brand verraucht ist.

Problem trat beim Probeeinsatz zu Tage

Aufgefallen ist das Problem bei einer Stellprobe mit der neuen Drehleiter, die die Stadt Kamen im vergangenen Sommer für ihre Feuerwehr angeschafft hat. Dabei stellte sich heraus, dass die besagten Wohnungen mit der Leiter nicht zu erreichen sind.

Und direkt an das Haus heranfahren kann die Feuerwehr an dieser Stelle nicht: Die fragliche Fläche ist mit Blumenkästen aus Stahl abgesperrt.

Probeeinsatz der Drehleiter der Kamener Feuerwehr in der Adenauerstraße
Im vergangenen September probierte die Feuerwehr ihre Drehleiter in der Kamener Fußgängerzone aus. Die von den Brandschutzproblemen betroffenen Wohnungen befinden sich auf der anderen Seite des Gebäudes. © Stefan Milk

Dafür gebe es Gründe, teilt der Pressesprecher der Stadt, Peter Büttner, auf Nachfrage mit. Nämlich die Tiefgarage unter dem Willy-Brandt-Platz, die aus mehreren Bauabschnitten besteht: „Die Decken dieser Abschnitte können statisch unterschiedlich belastet werden. Die Fläche hinter den Stahlblumenkästen kann nicht mit Fahrzeugen befahren werden, demnach auch nicht mit Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr. Deswegen wurden die Pflanzkästen dort aufgestellt.“ Deshalb fordere die Stadt den Bau eines zweiten Rettungsweges, der gesetzlich vorgeschrieben ist.

Pflanzkübel auf dem Willy-Brandt-Platz in Kamen
Die Fläche hinter den Pflanzkübeln am Willy-Brandt-Platz kann nach Angaben der Stadt nicht von Fahrzeugen befahren werden. © Stefan Milk

Von dieser Forderung sind nicht nur Ewa Teichmüller und ihre unmittelbaren Nachbarn betroffen, sondern die gesamte Eigentümergemeinschaft des Hauses mit 20 Wohnungen: Sie muss die Kosten tragen. Allein das provisorische Gerüst schlägt nach Angaben der Hausverwaltung jeden Monat mit 556 Euro zu Buche. Der geforderte Bau einer neuen Fluchttreppe würde 125.000 Euro kosten. „Das zehrt unsere Ersparnisse auf“, klagt Müneşe Kaya, der eine der Wohnungen gehört. Ihre Nachbarin Petra Beumers sieht das genauso.

Inzwischen haben die Frauen und andere Eigentümer eine Rechtsanwältin eingeschaltet. Denn von der Stadt fühlen sie sich schlecht behandelt. Zum Beispiel wegen mangelnder Kommunikation. Seit November seien ihren Anfragen nicht mehr beantwortet worden, sagen die Frauen.

Eigentümerinnen beklagen Konfrontationskurs

Stadtsprecher Büttner widerspricht dem: „Es hat seit November 2023 mehrere Kontakte mit Vertretern der Eigentümergemeinschaft gegeben, sowohl mündlich als auch schriftlich. Zuletzt noch mehrfach im Februar 2024 – konkret in der vergangenen Woche“, schreibt er.

Die Hausverwaltung bestätigt, dass die Rechtsanwältin vor kurzem eine E-Mail aus dem Kamener Rathaus bekommen habe. Allerdings habe die einen nichtssagenden Inhalt gehabt und sei in keiner Weise hilfreich gewesen. Teichmüller, Kaya, Beumers und die anderen Eigentümer haben den Eindruck, dass die Stadt kein Interesse an einer konstruktiven Lösung habe und auf Konfrontationskurs gehe.

Auf diesen Vorwurf antwortet Büttner: „Die Gesetzeslage sieht das Vorhandensein eines zweiten Rettungsweges zwingend vor. Insofern geht es nicht um Konfrontation, sondern um die Rettung von Menschenleben aus Gefahrensituationen.“

Wie es in der verfahrenen Situation nun weiter geht, ist erst einmal unklar. Womöglich bringt demnächst ein Ortstermin am Willy-Brandt-Platz Bewegung in die Sache.