Nach dem Bombenanschlag in der türkischen Metropole Istanbul mit sechs Todesopfern und über 80 Verletzten haben die Behörden nach eigener Darstellung die Person festgenommen, die die Bombe auf der Einkaufsstraße Istiklal hinterlegt haben soll. Das teilte Innenminister Süleyman Soylu am frühen Montagmorgen nach Angaben des staatlichen Senders TRT mit. Es gebe Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Soylu kündigte laut TRT Vergeltung an.
Die türkische Regierung hatte zuvor von einer verdächtigen Frau gesprochen. Auf Videos sei zu sehen, dass die Frau etwa 40 Minuten lang auf einer Bank auf der Einkaufsstraße gesessen habe und kurz vor der Detonation aufstand, so Justizminister Bekir Bozdag.
Medien veröffentlichten am Montagmorgen Videos von der Festnahme der Verdächtigen. Der Staatssender TRT veröffentlichte ein Einsatzvideo von Sicherheitskräften, das eine auf dem Boden liegende mit Handschellen fixierte Frau zeigt. Dem Bericht zufolge soll sie die am Sonntag detonierte Bombe auf der belebten Einkaufsstraße Istiklal deponiert haben.
Innenminister Süleyman Soylu hatte in der Nacht die Festnahme der Hauptverdächtigen und 21 weiterer Verdächtiger mitgeteilt. Es werde im Umfeld der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK ermittelt, so der Innenminister. Die PKK gilt in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation. Soylu zufolge waren die Opfer etwa im Alter zwischen 9 Jahren und Anfang 40.
Bei dem Anschlag am Sonntagnachmittag starben nach offiziellen Angaben mindestens sechs Menschen, weitere 81 wurden verletzt. Vizepräsident Fuat Oktay sprach am Abend von einem „Terroranschlag“. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem „hinterhältigen Anschlag“ auf die Metropole, in der rund 16 Millionen Menschen leben.
Türkische Medien verhängen Nachrichtensperre
Unter anderem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock drückte ihr Mitgefühl aus. „Furchtbare Bilder kommen aus Istanbul“, erklärte die Grünen-Politikerin über Twitter. „Meine Gedanken sind bei den Menschen, die einfach nur an einem Sonntag auf der Einkaufsstraße Istiklal flanieren wollten und nun Opfer einer schweren Explosion wurden.“ Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, verurteilte die „Gewalttat“. „Wir stehen im Kampf gegen Terrorismus Seite an Seite mit unserem Nato-Verbündeten Türkei“, erklärte sie weiter für das Weiße Haus.
Die Einkaufsstraße Istiklal ist ein touristischer Hotspot im Zentrum des europäischen Teils der türkischen Metropole, auf der auch am Sonntag häufig großes Gedränge herrscht. Ob Deutsche oder Angehörige anderer Nationen unter den Opfern waren, war zunächst unklar.
In türkischen Medien wurde die Berichterstattung zu dem Anschlag größtenteils eingestellt. Die Rundfunkbehörde Rtük verhängte eine vorläufige Nachrichtensperre für Medien. Berichte über die Explosion sollten vermieden werden, um nicht für Angst und Panik in der Bevölkerung zu sorgen, hieß es in dem Schreiben am Nachmittag. Die Behörde für Informationstechnologie und Kommunikation (BTK) reduzierte am Abend Berichten zufolge zudem die Bandbreite für Social-Media-Plattformen. Für Nutzer bedeutete das, dass Seiten deutlich langsamer oder nur noch via VPN erreichbar waren.
Türkei war immer wieder Ziel von Anschlägen
In der Türkei ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen gekommen - auch im Zentrum Istanbuls. 2016 hatte sich etwa ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal in die Luft gesprengt und vier Menschen getötet, 39 weitere wurden verletzt. Nach Angaben der türkischen Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Gruppe selbst bekannte sich damals nicht zu der Tat.
Auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verübt immer wieder Anschläge in der Türkei. Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste und unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen. Ankara geht regelmäßig gegen die PKK vor und unterhält seit 2016 auch Militärposten im Nordirak.
Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert.
dpa
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