Aufarbeitungskommission des Bistums Köln Zwei Mitglieder treten zurück

Aufarbeitungskommission des Bistums Köln: Zwei Mitglieder treten zurück
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Ein halbes Jahr nach Arbeitsbeginn haben zwei Mitglieder der Unabhängigen Kommission im Erzbistum Köln zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt das Gremium verlassen. Die frühere Staatssekretärin im NRW-Familienministerium, Marion Gierden-Jülich und der Kölner Jurist Prof. Stephan Rixen gaben ihren Rückzug bekannt.

Beide waren vom Land Nordrhein-Westfalen entsandt worden. Die Anfang Juni eingerichtete Kommission hat sieben Mitglieder. Zwei wurden durch den Betroffenenbeirat und drei durch das Erzbistum benannt.

„Die Situation im Erzbistum ist so, dass wir unsere Arbeit nicht in Ruhe machen können“, sagte Gierden-Jülich der „Kölnischen Rundschau“. Sie habe durchaus Vertrauen in die Arbeit der anderen Kommissionsmitglieder. „Aber die besondere Situation im Erzbistum Köln macht eine konstruktive und sachbezogene Auseinandersetzung im Aufarbeitungsprozess nahezu unmöglich“, heißt es in einer vom Erzbistum veröffentlichten persönlichen Mitteilung von Gierden-Jülich.

Streitpunkte im Erzbistum sind unter anderem der Umgang mit Missbrauchsvorwürfen und eine vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki geförderte kirchliche Hochschule.

Auch Verschickungskinder fordern Aufarbeitung

Auch der der Verein „Aufarbeitung Kinderverschickungen NRW (AKV-NRW) e.V.“ fordert angesichts des Rücktritts ein eindeutiges Bekenntnis der Kirchen zur vorbehaltlosen Aufarbeitung des Missbrauchs von Verschickungskindern durch Mitarbeiter und Verantwortliche konfessioneller Träger.
Das vorläufige Scheitern der Aufarbeitungskommission wirft Fragen nach der echten Bereitschaft der Kirchen zur Aufarbeitung von Missbrauch und sexualisierter Gewalt von Verschickungskindern auf.

Für das Frühjahr 2023 ist in NRW ein runder Tisch geplant

Für das Frühjahr 2023 ist in NRW die Konstituierung eines Runden Tischs geplant, an dem auch Vertreter der Kirchen sitzen sollen. Der Verein AKV-NRW e.V., der die Interessen der Betroffenen am Runden Tisch vertreten wird, erwartet, dass sich die Kirchen zur vorbehaltlosen Mitarbeit bei der Aufarbeitung verpflichten.

„Die neuesten Entwicklungen im Erzbistum Köln machen deutlich, dass die Kirchen jetzt handeln müssen. Wir werden uns am Runden Tisch nicht mit Lippenbekenntnissen zufrieden geben. Entweder helfen die Kirchen vorbehaltlos bei der Aufarbeitung oder der Rechtsstaat muss handeln.

Wir sind nachhaltig erschüttert von dem Signal, das von den Rücktritten von Herrn Rixen und Frau Gierden-Jülich ausgeht. Für die Aufarbeitung des Missbrauchs von Verschickungskindern in Einrichtungen der Kirchen, von Orden und karitativen Trägern brauchen wir nun von den Kirchen ein klares Signal: Sie müssen ihren unbedingten Willen zur Aufklärung beweisen.“

Aus der Community erreichen uns, aufgrund der derzeit ruhenden Arbeit der Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Köln, jeden Tag besorgte und auch empörte Betroffenen-Mails. Die ehemaligen Verschickungskinder befürchten, dass auch ihr Anliegen von den Kirchen nicht ernst genommen wird.“

dpa/blu

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