
© Johannes Brüne
Eine Stadt verkommt zum Friedhof für herrenlose Einkaufswagen
Ärgernis in Bergkamen
Wer einkauft, nimmt einen Einkaufswagen und bringt ihn danach wieder zurück. Sollte man meinen. In Bergkamen ist das anders: Die Einkaufswagen werden zum öffentlichen Ärgernis.
Eine Anwohnerin der Lessingstraße spricht vom „neuen Shopping-Center an der Fritz-Husemann-Straße“. Ein Anwohner der Erich-Ollenhauer-Straße schreibt einen Beschwerdebrief an das Ordnungsamt. Das Thema ist das gleiche: die zahlreichen Einkaufswagen, die in Bergkamen in der Gegend rumstehen oder auch liegen.

Diese Einkaufswagen blockieren einen Abstellplatz für Fahrräder auf der Präsidentenstraße. © Johannes Brüne
Wer einen kurzen Spaziergang von der City über die Erich-Ollenhauer-Straße bis zur Fritz-Husemann-Straße unternimmt, kann das Problem nicht übersehen. An der ehemaligen Gaststätte „Haus Sauerland“ hat sich sogar so etwas wie ein Friedhof für herrenlose Einkaufswagen entwickelt.
Externe Firma sammelt die Wagen für Lidl regelmäßig ein
Dabei sind sie eigentlich gar nicht herrenlos. Auf den meisten Wagen steht, zu welchem Supermarkt oder Discounter rund um den Nordberg sie gehören. Und wer mit Markt- und Filialleiterin spricht, erfährt, dass auch sie die herumstehenden Wagen durchaus als Problem ansehen.

Die Mahnung der Märkte nehmen viele Kunden nicht ernst. © Johannes Brüne
Lidl und Netto im Nordberg-Center haben sogar eigens Schilder aufgehängt, die deutlich auf das Verbot hinweisen, die Wagen einfach mitzunehmen. Weil viele Kunden das ignorieren, hat Lidl eine externe Firma engagiert, die die Einkaufswagen regelmäßig einsammelt, berichtet der Marktleiter.
Andere Einzelhändler greifen zur Eigeninitiative: Sowohl Beyza Curuoglu, Leiterin des Erdemli-Supermarktes an der Präsidentenstraße, als auch Patrick Schmidt, Chef bei Rewe Littau ganz in der Nähe, berichten, dass ihre Unternehmen regelmäßig mit eigenen Lieferwagen unterwegs sind, um die Einkaufswagen von der Straße zu holen.
„Aber das funktioniert natürlich nur bei denen, die vor den Häusern stehen“, sagt Schmidt. Wagen, die in Privatgärten oder an anderen verborgenen Stellen gelandet sind, werden schon mal übersehen.
„Das Problem sind die Plastikchips“
Die Märkte haben schon allein deshalb ein Interesse an der Rückhol-Aktion, weil so ein Metallwagen ja auch ein Wirtschaftsgut darstellt. Deshalb schützen die meisten ihre Einkaufswagen per Pfandsystem. Das hält aber etliche Kunden nicht davon ab, die Wagen mitzunehmen.

Diesen Einkaufswagen hat ein Kunde im Durchgang vom Nordberg-Center zur Präsidentenstraße stehen lassen. © Johannes Brüne
„Das Problem sind die Plastikchips“, sagt der Filialleiter des Lidl im Nordberg-Centers. Mit ihnen lassen sich die Münzen ersetzen, sodass die Einkäufer, die die Wagen einfach irgendwo stehen lassen, keinen Verlust haben.
Auch im Rathaus laufen regelmäßig Beschwerden auf. Heiko Brüggenthies vom Ordnungsamt war gerade erst wieder damit beschäftigt, einen Brief eines Einkaufswagen-geplagten Anwohners der Erich-Ollenhauer-Straße zu beantworten. Tenor: Wir sind nicht zuständig.

Für Einkaufswagen auf Privatgrundstücken ist das Ordnungsamt nicht zuständig. © Johannes Brüne
Zumindest dann nicht, wenn die Wagen auf Privatgrundstücken stehen: „Dort dürfen wir nicht eingreifen“, sagt Brüggenthies. Zumindest so lange nicht, wie eine unmittelbare Gefahr besteht. Das ist bei Einkaufswagen eher selten der Fall. Der Mieter, der sich von den Wagen vor seiner Tür belästigt fühlt, muss sich also im Zweifelsfall an den Hausbesitzer wenden.
Auch auf dem Bauhof stehen verlassene Einkaufswagen
Es sei denn, der unerwünschte Einkaufswagen rollt auf den Bürgersteig oder ein anderes öffentliches Areal, das in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fällt.
Dann sammeln ihn die Mitarbeiter des Bauhofs ein, wenn sie dort vorbeikommen. Am Bauhof gibt es eine Fläche, auf der die Einkaufswagen abgestellt werden, sagt Brüggenthies: „Wenn sich bis zu einer bestimmten Frist keine Eigentümer meldet, dann lassen wir sie verschrotten.“
1967 in Ostwestfalen geboren und dort aufgewachsen. Nach Abstechern nach Schwaben, in den Harz und nach Sachsen im Ruhrgebiet gelandet. Erst Redakteur in Kamen, jetzt in Bergkamen. Fühlt sich in beiden Städten wohl.
