Mit seinem Alt-Gesellen habe er sich sogar darum gestritten, wer welche Arbeiten erledigt, lacht Marcel Lange. „An so einem Haus muss man nichts machen“, sagt der Malermeister. „Es ist eine Freude, es zu dürfen.“ Denn die Massener Straße 24 zählt nicht nur zu den ältesten Gebäuden der Unnaer Innenstadt. Sie ist auch eines der schönsten, und nun eben wieder perfekt aufgefrischt.
Nur anderthalb Wochen hat der junge Unnaer Malermeister mit zwei Mitarbeitern daran gearbeitet, das 1587 errichtete Gebäude mit neuer Farbe zu versehen. „Anstreichen“ wäre wohl ein viel zu nüchterner Begriff für die Sorgfalt, die der 32-jährige Lange und seine Leute in die Fassade und ihre Zierteile gesteckt haben.
Alte Farbschichten mussten mit Metallbürsten und Schleifern entfernt werden, weil der Denkmalschutz den Einsatz von Strahlgeräten ausschließt.

Filigrane Feinarbeit war zum Teil der Auftrag der neuen Farbe. Denn neben schwarze Balken und weißen Gefachen finden sich an dem Haus aufwändige Zierelemente: geschnitzte Fächerrosetten etwa, eine religiöse Inschrift, eine Hausmarke und eine Reihe von kleinen Symbolen, deren Deutung Mutmaßungen erfordern. „Das braucht schon eine ruhige Hand“, sagt Lange, der in den Familienbetrieb an der Ohmstraße regelrecht hineingewachsen sei, wie er erklärt. „Mein Vater war Maler aus Leidenschaft. Ich hab ihm als Kind schon geholfen, um mir das Taschengeld aufzubessern.“ Mit 20 war Lange Geselle, mit 28 Meister.
Eigentlich sollte nur etwas ausgebessert werden
Gebäudeeigentümer Thies Friederichs war beeindruckt von der Begeisterung und dem Talent des jungen Handwerkers für sein Gebäude. „Eigentlich wollten wir es nur ein bisschen ausbessern lassen, weil die Tauben so viel kaputt machen. Aber dann habe ich gesehen: Der kann was! Also bekam er den Auftrag für die ganze Fassade. Nach der Fertigstellung der Fußgängerzone war es jetzt einfach auch der richtige Zeitpunkt.“
Friederichs steht für die vierte Eigentümergeneration aus seiner Familie, die sich um das Gebäude kümmert. 1843 hatte sein Urgroßvater Karl Friederichs es gekauft – im Grunde als Altbau, hatte das Haus schon damals 256 Jahre überdauert. Viele Fragen zur Geschichte des Hauses sind offen, wie etwa die nach dem Erbauer, auf den die Hausmarke mit den Buchstaben D und B hinweist. Und doch ist genug überliefert über dieses Haus, um viele Geschichten darüber zu erzählen.
Dabei helfen dem Eigentümer auch die Nutzer: Im Erdgeschoss befindet sich der Senfladen von Annett Kyncl, die Etagen darüber nutzen Frauke und Dietmar Nowodworski mit ihrem „Arthaus“. Und gemeinsam bieten sie inzwischen Hausführungen im ältesten Haus an der Massener Straße an – Galeriebesuch und Verköstigung inklusive. Selbst eine spezielle Senfsorte „nach Art des Hauses“ gibt es inzwischen.
Das Patrizierhaus muss von einem wohlhabenden Menschen aus Unna in Auftrag gegeben worden sein. Es überstand Kriege, den verheerenden Stadtbrand von 1723 und die Besatzungsherrschaft von Marschall Henry Turenne, der 1673 selbst an der Massener Straße einzog, aber ansonsten die Hälfte der Gebäude in Unnas Altstadt zerstören ließ. Das Haus gilt als das zweitälteste in Unnas Innenstadt nach dem der ehemaligen Eisenwarenhandlung Lowitzer an der Gürtelstraße.
Neben dem großen Fachwerkhaus am Markt 10 mit seiner geschnitzten Luther-Karikatur gilt es zudem als das Fachwerkhaus mit dem aufwändigsten Fassadenschmuck in der Altstadt.
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