Er war der Mann, dem die Kunden vertrauten. Elf Jahre lang hat ein Familienvater aus Recklinghausen in seinem angestammten Bezirk DHL-Pakete ausgeliefert. Dann geriet er auf einmal unter Verdacht. Sendungen und Bargeld waren angeblich spurlos verschwunden. Am Freitag (23.2.) stand der 33-Jährige vor Gericht – und konnte es selbst nicht fassen.
„Ich habe viele meiner Kunden geduzt“, sagte er im Prozess am Recklinghäuser Amtsgericht. „Von manchen hatte ich sogar die privaten Handynummern.“ So habe man sich abgestimmt, wenn mal niemand zu Hause war. Verurteilt wurde der Recklinghäuser am Ende zwar nicht, teuer wird es für ihn trotzdem.
„Ich wollte ihr einen Gefallen tun“
Die Vorwürfe gehen auf Ende 2021, Anfang 2022 zurück. Damals war übergebenes Bargeld für Nachnahmesendungen nicht in der DHL-Buchhaltung aufgetaucht. Außerdem hatten sich Kunden beschwert, dass ein Drucker und ein teures Handy nicht angekommen seien. Insgesamt ging es vor Gericht um etwas mehr als 2000 Euro. Der Angeklagte war sich jedoch keiner Schuld bewusst.
„In der Corona-Zeit durfte ich eigentlich überhaupt kein Bargeld annehmen“, sagte er dem Richter. Dass er bei einer inzwischen 80-jährigen Dame eine Ausnahme gemacht habe, sei nur seiner Freundlichkeit geschuldet gewesen. „Ich wollte ihr einen Gefallen tun, damit sie nicht zum Paketshop laufen muss.“
Keine Quittungen für Einzahlungen
Das entgegengenommene Bargeld will er später in einem Paketshop abgegeben haben. Wie viele andere Male auch. Sein Fehler: Der 33-Jährige hatte sich die Einzahlung nicht quittieren lassen. „Wir kannten uns doch seit Jahren“, sagte er im Prozess. Er habe sich einfach darauf verlassen, dass alles ordnungsgemäß verbucht werde. Aufgetaucht sind die Einzahlungen später jedoch nirgendwo.
Auch die Warenlieferungen habe er hundertprozentig zugestellt. Ein Paket habe er wie telefonisch vereinbart hinter dem Zaun eines ruhig gelegenen Einfamilienhauses abgelegt. „Das hatten wir schon ein paar Mal so gemacht.“ Die Übergabe des angeblich verschollenen Handys habe er sich vor Ort sogar per Unterschrift bestätigen lassen.
Auf Freispruch gehofft
Beweise, dass er Geld und Waren unterschlagen hat, gibt es nicht. Nur einen Verdacht. „Es wurde versucht, ihm alles unterzujubeln“, so Verteidiger Thomas Schäfer. Tatsächlich gebe es andere mögliche Täter.
Obwohl der Angeklagte eigentlich auf einen Freispruch gehofft hatte, stimmte er am Ende einer Einstellung des Verfahrens zu, um endlich Ruhe zu haben. Als Gegenleistung muss er 600 Euro an „Brot für die Welt“ zahlen. Das Arbeitsverhältnis mit DHL war schon vorher einvernehmlich beendet worden. Das Unternehmen soll sogar erklärt haben, dass die Vorwürfe nicht mehr aufrechterhalten werden.