Eigenlich steht der Figaro in Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla“ als Strippenzieher im Mittelpunkt. Aber Regisseurin Sabine Hartmannshenn inszeniert den Opernspaß am Theater Hagen aus Rosinas Sicht – als rosaroten Märchentraum eines Mädchens, das sich in einen Grafen verliebt.
Bühne ist schnell verwandelbar
Bühnenbildner Stefan Heinrichs arbeitet sehr geschickt: Er projiziert Bilder von einem Neuschwanstein-Märchenschloss auf eine halbrunde Spiegelwand an der Bühnenrückseite.
Dieses Bühnenbild sieht nicht nur märchenhaft aus und ist sicher preiswerter als ein gebautes Bühnenbild – es ist auch schneller verwandelbar. Heinrichs lässt uns auch in die Gemächer des Doktor Bartolo blicken und entführt uns in einen Wald mit Fliegenpilz-Wache. Das alles mit nahtlosen, schnellen Übergängen, die perfekt zu Rossinis quirliger Musik passen.
Basilio ist ein Maikäfer
Wunderschöne Kostüme hat Susana Mendoza entworfen: Ihre Rosina ist eine Märchen-Barbie, Haushälterin Berta (Sophia Leimbach) eine Krake, Don Basilio (Dog-Won Seo) ein putziger Maikäfer, und Doktor Bartolo trägt einen Drachenschwanz unter dem Königsmantel.
Sabine Hartmannshenn umschifft sehr gut die Grenzen zum Kitsch, und das spielfreudige Ensemble des Hagener Theaters bringt die Situationskomik von Rossinis Oper punktgenau und mit viel Witz auf die Bühne.

Das macht diesen „Barbier“ zu einem unterhaltsamen Komödienspaß und – trotz der vielen Gäste in der Solistenriege – zu einem glänzenden, gut auf einander eingespielten Ensemblestück.
Rodrigo Tomillo führt das Philharmonische Orchester Hagen mit Temperament durch die zweieinhalb Stunden. Gesungen wird in Hagen auf hohem Niveau: Anna-Doris Capitelli ist eine großartige Rosina mit schöner Mezzotiefe und buffohafter Leichtigkeit – im Spiel und in den Ensembleszenen
Gute Solisten
Anton Kuzenok singt den Grafen Almaviva mit silbrig-hellem Tenor und viel Rossini-Spritzigkeit.
Der Italiener Tiziano Bracci ist als Doktor Bartolo eine Idealbesetzung – grummelig, ein liebenswerter Tölpel. Yevheniy Kapitula ist als Figaro optisch die schillernste Figur und zeigt auch stimmlich viel Präsenz.
Triste Hinterhof-Realität
Vorangestellt hat Sabine Hartmannshenn dem Märchen einen Prolog in einem Siedlungs-Hinterhof – mit Scooter-Fahrern und Skatboardern. Es erschließt sich nicht richtig, warum die Regisseurin der Märchenwelt die triste Realität als Bruch gegenüberstellt.
Wir hätten uns auch sofort in Rossinis Märchenwelt wohlgefühlt und die Liebesgeschichte zwischen Rosina und dem Grafen durch die rosarote Brille angeschaut. Sehenswert (und hörenswert) ist dieser „Barbier“ auf jeden Fall.
Termine und Karten
Termine: 9. / 18. 2., 30. 3.: Karten: Tel. (02331) 207 32 18 oder Hier gibt es Karten