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Babys und Teenager stecken sich jetzt viel öfter mit dem Coronavirus an als alte Menschen
Coronavirus
In welchem Alter lauert derzeit die größte Gefahr, sich mit Corona anzustecken? Neue Daten des Robert-Koch-Instituts stützen all jene, die eine rasche Aufhebung der Impf-Priorisierung fordern.
Als die Impfungen gegen das Coronavirus um die Jahreswende herum begannen, wurden all jene geimpft, bei denen die Gefährdung besonders groß war. Das waren die Alten und Pflegebedürftigen. In diesen Altersgruppen gab es auch die mit Abstand größte Zahl an Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen.
So lag diese 7-Tage-Inzidenz in der Weihnachtswoche 2020 in ganz Deutschland insgesamt bei 167,4. In der Altersgruppe der 85- bis 89-Jährigen dagegen betrug dieser Wert extrem hohe 638,9. In der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen lag die Inzidenz immer noch bei 374,73 – selbst das war noch etwa doppelt so hoch wie in der Altersgruppe mit dem nächsthöheren Wert von 197,2 (20- bis 24-Jährige).
Jetzt hat sich das Blatt vollkommen gewendet. In den in der vergangenen Aprilwoche 2021 veröffentlichten Daten des RKI wird für Deutschland eine durchschnittliche Inzidenz von 173,2 ausgewiesen. Die höchsten Inzidenzen finden sich aber nicht mehr in den ältesten Jahrgängen, sondern bei den Jungen und Jüngsten.
So weist die Altersgruppe der Teenager, genauer der 15- bis 19-Jährigen, mit 260,4 mit Abstand die höchste Inzidenz auf, gefolgt von den 20- bis 24-Jährigen mit einer Inzidenz von 243,2. Selbst die Gruppe der Säuglinge und Kleinkinder kommt auf eine Inzidenz von 140,6. In sämtlichen Altersstufen von 0 bis 64 Jahren liegen die Inzidenzen inzwischen über den Werten selbst der hochbetagten Menschen über 90 Jahren.
Die niedrigsten Werte finden sich dagegen inzwischen in der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen (60,8), der 75- bis 79-Jährigen (64,0) und der 85- bis 89-Jährigen (75,1). Diese Zahlen belegen überdeutlich, wie die Impfungen gegen das Coronavirus wirken: In den Altersgruppen mit vielen Impfungen sind die Zahlen drastisch gesunken.
Die Daten geben aber auch all jenen Menschen Auftrieb, die für eine rasche Aufhebung der Priorisierung beim Impfen eintreten. Denn die meisten Menschen stecken sich jetzt im Alter zwischen 15 und 24 Jahren an. Das ist genau jene Altersgruppe, die besonders mobil ist.
Diese jungen Menschen suchen ihre Kontakte weniger im Kreis der Familie daheim als vielmehr in Cliquen, bei Klassenkameraden und Studienkolleginnen und -kollegen. Und: Sie suchen in der Regel viel mehr Kontakt zu anderen Menschen als Ältere. Kontaktbeschränkungen einzuhalten fällt diesen Altersgruppen daher naturgemäß viel schwerer als Menschen in einem etwas höheren Alter.
Wenn diese jungen Menschen sich aber über ihre Kontakte mit dem Virus infizieren, tragen sie es weiter in jene Altersgruppen, die noch nicht geimpft sind. Vor diesem Hintergrund ist die Frage durchaus berechtigt, ob die aktuell in großen Teilen des Landes noch aufrecht erhaltene Impf-Priorisierung nicht schneller aufgehoben werden sollte als das bisher angedacht ist.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
