Nach tödlicher Messerattacke in Mannheim Täter weiter nicht vernehmungsfähig

Attacke in Mannheim: Polizei schießt Angreifer nieder
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Update 5.6., 11.27 Uhr: Auch fünf Tage nach der tödlichen Messerattacke in Mannheim ist der Täter weiter nicht vernehmungsfähig. Dies bestätigte ein Sprecher des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg am Mittwoch auf Nachfrage.

FDP-Fraktion: Extremistische Moscheen schließen

Nach der Messerattacke hat die FDP-Bundestagsfraktion ein Positionspapier zur Bekämpfung des Islamismus beschlossen, das unter anderem ein entschlosseneres Vorgehen gegen extremistische Moscheegemeinden und radikale Influencer vorsieht. In dem Papier heißt es: „Moscheen wie das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), in denen islamistisches Gedankengut gelehrt wird, müssen geschlossen werden.“ Vereine wie Muslim Interaktiv sollten verboten werden. Anhänger dieses Vereins hatten zuletzt in Essen und Hamburg bei Kundgebungen gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen Schilder mit Aufschriften wie „Kalifat ist die Lösung“ gezeigt.

Um die Radikalisierung von Einzeltätern über das Internet einzudämmen, schlägt die Fraktion auch vor, aufenthaltsrechtliche Maßnahmen gegen islamistische Influencer zu verhängen, die zu Gewalt und Hass aufrufen. Zudem wolle man auf deutscher und europäischer Ebene gegen Plattformen vorgehen, die strafrechtlich relevante Inhalte nicht ausreichend bekämpften. „Auch sogenannte Tiktok-Prediger tragen zur Radikalisierung junger Muslime und Musliminnen bei“, heißt es in dem Papier. Es dürfe nicht sein, „dass politische Informationen gedrosselt werden, während islamistische Influencer ungestört ihre Gewaltaufrufe verbreiten dürfen“. Außerdem plädiert die FDP-Fraktion für eine Gesetzesverschärfung: Wenn jemand die einzelne Terrortat eines Einzeltäters billige, solle auch dies künftig schon ein besonders schweres Ausweisungsinteresse begründen.

Strobl: Täter hatte islamistisches Motiv

Update 4.6., 16.05 Uhr: Die tödliche Messerattacke von Mannheim war den Behörden zufolge mutmaßlich islamistisch motiviert. Es verdichteten sich die Erkenntnisse, dass es sich um eine islamistisch-extremistisch motivierte Straftat handle, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart.

Es gebe zudem keine Hinweise, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um eine Person handle, die einer größeren Gruppe angehöre. Es könne sich um einen islamistisch radikalisierten Einzeltäter handeln. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen die Ermittlungen übernommen. Unterdessen mehren sich Forderungen nach strikteren Abschiebungen ausländischer Straftäter.

Ein 25-jähriger Afghane hatte fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Ein anderer Beamter schoss den Angreifer nieder, nach Angaben vom Dienstag war der Mann bislang nicht vernehmungsfähig.

Innenminister Strobl sagte, dass gerade islamistisch radikalisierte Einzeltäter besonders gefährlich seien, da Einzeltäter nicht in Gruppen kommunizierten und schlecht zu überwachen seien. Der 25-Jährige war zuvor nicht polizeilich bekannt gewesen.

Der Angreifer kam nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 2013 als Teenager nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Der Antrag wurde 2014 abgelehnt. Es wurde allerdings ein Abschiebeverbot verhängt, vermutlich wegen des jugendlichen Alters. Im hessischen Heppenheim wohnte der Täter zuletzt mit seiner Ehefrau und zwei Kleinkindern.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hatte mitgeteilt, die Ermittlungen zu übernehmen. Die oberste deutsche Anklagebehörde begründete dies mit der „besonderen Bedeutung des Falls“. „Wir gehen von einer religiösen Motivation der Tat aus“, sagte eine Sprecherin. Man gehe davon aus, dass der Mann islamkritischen Menschen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen wollte.

Nach Messerattacke: Forderung nach strikteren Abschiebungen

Update 4.6., 6.19 Uhr: Nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim mehren sich Forderungen nach strikteren Abschiebungen ausländischer Straftäter. Mehrere unionsregierte Bundesländer unterstützten den Vorschlag des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD), schwerkriminelle Ausländer künftig auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der „Bild“: „Personen, die hier islamistisch auffällig werden, sollten auch in Länder abgeschoben werden, in denen das bisher nicht möglich war, wie beispielsweise Afghanistan.“

Bundesjustizminister Marco Buschmann schrieb auf der Plattform X, mittlerweile lägen „klare Hinweise für ein islamistisches Motiv“ vor. Der Fall hat die Debatte über den Umgang mit Islamismus und ausländischen Straftätern befeuert.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Donnerstag im Bundestag eine Regierungserklärung zur aktuellen Sicherheitslage abgeben. Dies geht aus einem Schreiben des Kanzleramts an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hervor, das der dpa vorliegt. Ob der Schwerpunkt innen- oder außenpolitisch sein wird, blieb allerdings offen.

Abschiebungen ins Taliban-regierte Afghanistan?

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), „die Voraussetzungen für Rückführungsmöglichkeiten von Straftätern und Gefährdern nach Syrien und Afghanistan zu schaffen – natürlich unter verfassungsgemäßer Abwägung der Grund- und Menschenrechte und bei differenzierter Betrachtung der Einzelfälle“. Der Bund verweise regelmäßig auf fehlende diplomatische Kontakte - das sei nicht akzeptabel.

Für die nächste Innenministerkonferenz (IMK) war ein Hamburger Vorstoß bekanntgeworden. Die Ministerrunde solle das Bundesinnenministerium bitten, die Sicherheitslage in Afghanistan und in der Region der syrischen Hauptstadt Damaskus neu zu bewerten. „Wir müssen einen Weg finden, für Straftäter, aber auch für Gefährder und islamistische Verfassungsfeinde, Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen“, sagte Senator Grote.

„Zu spät, aber immerhin“, sagte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) dem RND dazu. „Wären Hamburg und die Bundes-SPD den Vorschlägen der unionsgeführten Länder wie Sachsen schon im letzten Jahr gefolgt, dann gäbe es Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien längst.“

Innenministerium sieht schwierige Fragen

Aus dem Bundesinnenministerium hieß es, Ministerin Nancy Faeser (SPD) prüfe intensiv Möglichkeiten, wie Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan wieder erfolgen könnten. In diesen Fällen müsse das Sicherheitsinteresse Deutschlands klar gegenüber dem Bleibeinteresse des Betroffenen überwiegen. Angesichts der schwierigen Sicherheitslage und der Tatsache, dass keine international anerkannte Regierung in Afghanistan existiere, seien aber schwierige Fragen zu klären.

In Afghanistan hatten im Sommer 2021 die islamistischen Taliban die Macht zurückerobert. In Syrien hatte Machthaber Baschar Al-Assad 2011 Proteste brutal niedergeschlagen, der folgende Bürgerkrieg dauert bis heute an.

Der IMK-Vorsitzende, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), sagte dem RND: „Die Debatte, schwere Straftäter auch in Länder wie Afghanistan und Syrien abzuschieben, gibt es schon lange. Wenn wir jetzt zu einer Einigung in dieser Frage kommen, wäre das sehr zu begrüßen.“ Es müsse aber auch klar sein, „dass wir alleine mit Abschiebungen nicht alle Probleme lösen“.

Update 3.6., 19.40 Uhr: Im Fall der tödlichen Messerattacke in Mannheim hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Die oberste deutsche Anklagebehörde in Karlsruhe begründete dies mit der „besonderen Bedeutung des Falls“. „Wir gehen von einer religiösen Motivation der Tat aus“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Zuerst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet. Die Sprecherin führte aus, man gehe davon aus, dass der Mann islamkritischen Menschen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen wollte.

Update 3.6., 12.42 Uhr: Nach dem Tod eines jungen Polizisten nach einer Messerattacke in Mannheim hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) eine Schweigeminute und Trauerflor angeordnet. Am kommenden Freitag - eine Woche nach der Tat - soll um 11.34 Uhr des 29-Jährigen gedacht werden, teilte das Innenministerium am Montag mit. Auch eine Trauerfeier ist geplant. Wann diese stattfinden soll, stehe bisher nicht fest, sagte ein Polizeisprecher. Man wolle zunächst der Familie Raum zum Trauern geben. „Wir brauchen noch etwas Zeit.“ Für den Abend ist in Mannheim eine Kundgebung geplant, an der auch Strobl teilnehmen will.

Aktuelle Stunde zur Tat

Laut „Rheinischer Post“ soll sich auf Antrag der Unionsfraktion der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit der Tat und der Gewalt gegen Polizisten beschäftigen. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, sagte der Zeitung: „Die Aktuelle Stunde ist jetzt wichtiger denn je. Der Deutsche Bundestag muss das Thema Gewalt gegen Polizisten und Messergewalt zusammen debattieren.“ Dann müsse auch „Entschlossenheit im Durchsetzen von Abschiebungen von Straftätern und Rückhalt für Polizisten folgen“.

Eine mögliche Haftstrafe müsste der Mannheimer Täter in Deutschland verbüßen. Ob und wann ein ausländischer Straftäter nach Verbüßung der Haftstrafe abgeschoben wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Situation in seinem Herkunftsland zum Zeitpunkt der Haftentlassung.

Tod des Polizisten in Mannheim: Bundesweite Anteilnahme

Update 3.6., 6.30 Uhr: Der Tod eines jungen Polizisten nach einer Messerattacke in Mannheim hat bundesweit Bestürzung ausgelöst. Zugleich wird über Konsequenzen des Angriffs debattiert. Für das Rathaus der Stadt hat Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) Trauerbeflaggung ab heute angeordnet.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat nach dem Tod des Polizisten Trauerflor an Funkstreifenwagen und Streifenbooten der Polizei angeordnet. Zudem soll für die Auftritte der Behörden in den sozialen Medien ein virtueller Trauerflor umgesetzt werden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Sonntagabend.

„Was für eine tragische Nachricht aus Mannheim. Dieser mutige Polizist hat Menschen beschützt und musste diesen Einsatz mit seinem Leben bezahlen“, wird Innenminister Herbert Reul (CDU) zitiert. Die NRW-Polizei trauere mit den Angehörigen des verstorbenen Mannes sowie mit den Kolleginnen und Kollegen der baden-württembergischen Polizei.

Weitere Reaktionen von Politikern

Zahlreiche Politiker verbanden ihre Stellungnahmen aber mit Warnungen vor dem Islamismus. „Der Täter muss mit maximaler Härte des Gesetzes für seine mörderische Tat bestraft werden. Das Motiv wird weiter untersucht, aber klar ist: Unsere Sicherheitsbehörden haben die islamistische Szene fest im Visier und verstärken diesen Kampf weiter“, schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf X.

FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich auf der Plattform „wütend, was in unserem Land passiert“. „Gegen den islamistischen Terrorismus müssen wir uns zur Wehr setzen. Die Sicherheitsbehörden werden wir dafür finanziell weiter stärken. Schluss mit falscher Toleranz“, mahnte der Bundesfinanzminister.

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla äußerten Sorge, dass sich Beamte „wegen einer verfehlten Migrations- und Sicherheitspolitik täglich in Lebensgefahr begeben müssen“. Weidel und Chrupalla forderten zugleich, die Zuwanderung aus Afghanistan zu beenden und Rückführungen dorthin in Angriff zu nehmen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte: „Ich bin tief erschüttert über den Tod des Polizisten, der in Mannheim mutig eingriff, um Menschenleben zu schützen.“ Steinmeier zeigte sich zugleich besorgt über eine „Verrohung der politischen Auseinandersetzung und der wachsenden Gewaltbereitschaft in unserem Land.“ „So darf es nicht weitergehen. Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat“, mahnte der Bundespräsident.

Mannheim: Polizist stirbt nach Messerangriff

Update 2.6., 19 Uhr: Der Polizist, der bei dem Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz attackiert worden war, ist an seinen Verletzungen gestorben. Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt mit.

Der Angreifer habe dem 29 Jahre alten Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen. „Er wurde unmittelbar nach der Tat notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt, erlag aber in den späten Nachmittagsstunden des 2. Juni seinen schweren Verletzungen“, teilten die Behörden mit. „Wir trauern um einen Polizeibeamten, der für unsere Sicherheit sein Leben gegeben hat.“

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist indes noch immer unklar. Bisher ist der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig - er war nach der Attacke durch einen Polizeischuss ebenfalls verletzt worden. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten.

Politiker würdigen Topdesopfer

„Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark“, teilte Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit. Die Gedanken seien bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen, so der Grünen-Politiker. „Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind.“ Der Dienst von Polizistinnen und Polizisten für den Staat, das Gemeinwesen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei nicht hoch genug zu würdigen. „Wir sind Ihnen als Gesellschaft zu höchstem Respekt und Wertschätzung verpflichtet.“

„Dies sind Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint“, erklärte Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Die gesamte Polizei Baden-Württemberg wird ihm stets und für immer ein ehrendes Andenken bewahren.“ Der Polizist sei Opfer eines brutalen, bestialischen Angriffs geworden. „Er ließ sein Leben, weil er dafür eingestanden ist, andere Menschen zu schützen.“

„Dieser junge Polizist hatte sein ganzes Leben noch vor sich“, sagte CDU-Landeschef Manuel Hagel. „Nichts kann diesen schmerzlichen Verlust wohl jemals heilen.“ Das ganze Land sei dem jungen Beamten für seinen Heldenmut zu tiefem Dank verpflichtet.

Kanzler Scholz „zutiefst“ bestürzt

Auch zahlreiche Bundespolitiker zeigten sich erschüttert über den Tod des jungen Mannes. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich auf X „zutiefst“ bestürzt. „Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient allerhöchste Anerkennung. Ich bin in diesen bitteren Stunden in Gedanken bei seiner Familie und bei allen, die um ihn trauern“, schrieb der SPD-Politiker.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte, der Tod des Polizisten mache sie „unendlich traurig“. „Er war mutig eingeschritten, um Leben zu retten. Er ist im Dienst für unsere Sicherheit gestorben“, betonte die SPD-Politikerin. Auch FDP-Chef Christian Lindner, der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour und zahlreiche andere Politiker reagierten schockiert auf den Tod des Polizisten.

Wut bei Polizeigewerkschaft

Die Deutsche Polizeigewerkschaft reagierte betroffen, aber auch wütend. „Die Gewalt, die uns täglich begegnet, ist schonungslos brutal, menschenverachtend und oft tödlich“, sagte Landeschef Ralf Kusterer. Die Kampagnen gegen Hass und Hetze würden oft nicht einmal im Ansatz die Probleme treffen, die Polizistinnen und Polizisten täglich ertragen müssten. „Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint.“ Auf der Plattform X bekundeten Polizeibehörden bundesweit unter dem Hashtag #einervonuns ihre Trauer über den Tod des Kollegen.

Haftbefehl gegen 25-jährigen Angreifer

Update 1.6., 18.46 Uhr: Nach dem Messerangriff in Mannheim bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) ist gegen den 25 Jahre alten Angreifer Haftbefehl erlassen worden. Ihm wird versuchter Mord zur Last gelegt, wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mitteilten.

Der mutmaßliche Täter lebe seit 2014 in Deutschland. Er sei verheiratet, habe zwei Kinder und sei zuletzt im hessischen Heppenheim wohnhaft gewesen.

Wohnungsdurchsuchung des mutmaßlichen Täters

Update 1.6., 11.20 Uhr: Nach dem Messerangriff in Mannheim während einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa ist eine Wohnung im hessischen Heppenheim durchsucht worden. Medienberichte, wonach es sich um die Wohnung des mutmaßlichen Täters handelte, bestätigt das Landeskriminalamt in Stuttgart bislang nicht. Die Durchsuchung vom Freitagabend sei im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Mannheim erfolgt, sagte ein Sprecher vom LKA.

Sorge um verletzten Polizisten

Update 1.6., 7.40 Uhr: Einen Tag nach der Messerattacke bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa in Mannheim versuchen die Ermittler weiter zu klären, wie es zu der Bluttat kommen konnte. „Was uns am meisten umtreibt, ist die Frage nach dem Motiv“, hieß es aus dem baden-württembergischen Landeskriminalamt.

Der von der Polizei niedergeschossene Täter sei operiert worden und zurzeit nicht vernehmungsfähig, die Suche nach seinen Beweggründen daher bislang nicht vorangekommen. Zu seiner Identität machten die Ermittler bislang keine Angaben.

Nach übereinstimmenden Medienberichten handelt es sich um einen 25-Jährigen aus Herat in Afghanistan, der in Südhessen lebt. Der bei dem Angriff verletzte Polizist schwebe indes „weiterhin in höchster Lebensgefahr“, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts.

Aus dem LKA heißt es, zahlreiche Fragen seien noch ungeklärt und Gegenstand der Ermittlungen. „Was ist das für ein Messer? Woher stammt das? Hat er das Messer gekauft?“ - über die Antworten darauf wolle man auch herausfinden, ob der Festgenommene die Tat geplant oder ob es sich um einen spontanen Angriff gehandelt habe. Die für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt in dem Fall.

Polizei schießt Angreifer nieder

Erstmeldung 31.5.: Mit einem Messer hat ein Mann Teilnehmer einer islamkritischen Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz angegriffen und sechs Menschen verletzt. Ein Polizist ringe um sein Leben, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU).

Der Angriff richtete sich nach Behördenangaben gegen Teilnehmer einer Veranstaltung der islamkritischen Organisation Pax Europa. Nach Darstellung der Schatzmeisterin der Organisation, Stefanie Kizina, wurde auch das Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger verletzt.

Die Polizei schoss den Angreifer nieder, ein Polizist wurde verletzt. Die für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt. Strobl sagte, über die Motivation könne man noch nichts sagen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben.“

Messerangriff in Mannheim: Verein Pax Europa „islamfeindlich“

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) bezeichnete den Messerangriff als Terrorattacke. Kanzler Olaf Scholz sprach von einem Attentäter und verurteilte den Angriff, auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich bestürzt.

Pax-Europa-Schatzmeisterin Stefanie Kizina sagte, die Attacke sei gezielt gegen Stürzenberger gerichtet gewesen, der mit einem Messer im Gesicht verletzt worden sei. Der „Bild“-Zeitung erläuterte sie: „Er wurde am Bein und im Gesicht getroffen, wird notoperiert. Lebensgefahr besteht offenbar nicht.“ Der 59-Jährige ist einer der führenden Köpfe des Vereins.

Plakate eines Standes liegen auf dem Marktplatz auf dem Boden.
Bei einem Einsatz auf dem Mannheimer Marktplatz hat die Polizei einen Angreifer niedergeschossen. © picture alliance/dpa

Pax Europa macht auf seiner Website keinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus - beiden schreibt die Organisation unter anderem „aggressive Verachtung und Intoleranz“ zu. Der bayerische Verfassungsschutz schrieb in seinem Bericht für das Jahr 2022 über Stürzenberger und den bayerischen Landesverband von Pax Europa, es lägen „tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür, dass diese „verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen“ verfolgten, „die auf eine Abschaffung der Religionsfreiheit für Muslime gerichtet sind“. Im jüngsten Bericht der Behörde für 2023 tauchen Stürzenberger und die Organisation nicht mehr auf. Nach Angaben des Landesamts für Verfassungsschutz liegt das aber nur daran, dass diese weniger aktiv seien. Sowohl Stürzenberger als auch der Landesverband Bayern würden weiter beobachtet.

Video der Tat im Internet

Kurz nach dem Angriff kursierte ein Video von der Tat im Internet: Darauf zu sehen ist ein Mann, der auf bei der Veranstaltung auf mehrere Menschen einsticht. Umstehende rufen: „Das Messer weg“. Auf dem Video ist auch zu sehen, wie ein Beamter auf den Angreifer schießt. Mehrere Polizisten fixieren den Verdächtigen danach auf dem Boden. Nach Angaben von Polizei, Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt wurde ein Schuss abgegeben.

Der lebensbedrohlich verletzte Polizist hatte nach Angaben der Ermittler eingegriffen und einen Verletzten aus dem Gefahrenbereich gebracht, als er von dem Täter mehrmals von hinten in den Kopf gestochen wurde. Bei den übrigen fünf Verletzten handelt es sich demnach um Angehörige von Pax Europa.

„Es ist dem beherzten, mutigen, entschlossenen und hochprofessionellen Eingreifen der Polizei zu verdanken, dass es nicht noch mehr Verletzte gegeben hat“, sagte Strobl. Die Identität des Täters war zunächst ungeklärt. Der Mannheimer Marktplatz befindet sich inmitten der Innenstadt der 300.000-Einwohner-Stadt im Norden Baden-Württembergs.

Erschütterte Reaktionen aus der Politik

Über das Ausmaß und die Schwere der Verletzungen der anderen Betroffenen könne bislang keine Aussage getroffen werden, hieß es von den Ermittlern. Rettungskräfte brachten die Verletzten in verschiedene Kliniken, wo sie zum Teil notoperiert wurden. Nach der Tat war der Marktplatz mit rot-weißem Flatterband abgesperrt worden. Sichtschutzwände wurden aufgebaut, eine nahe Straßenbahnstation gesperrt. Auch ein Rettungshubschrauber war im Einsatz, um die Verletzten zu versorgen. Ermittler sicherten Spuren.

Ein Mitarbeiter der Spurensicherung hält hinter umgeworfenen Plakaten eines Standes eine Tüte in den Händen.
Ein Mitarbeiter der Spurensicherung hält hinter umgeworfenen Plakaten eines Standes eine Tüte in den Händen. © picture alliance/dpa

Kanzler Scholz zeigte sich erschüttert. „Die Bilder aus Mannheim sind furchtbar“, schrieb er auf der Plattform X. „Mehrere Personen sind von einem Attentäter schwer verletzt worden. Meine Gedanken sind bei den Opfern. Gewalt ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie. Der Täter muss streng bestraft werden.“

Bundespräsident Steinmeier zeigte sich entrüstet. „Ich verurteile die Tat in Mannheim aufs Schärfste!“, schrieb seine Sprecherin Cerstin Gammelin in Steinmeiers Namen auf der Plattform X. „In unserer Demokratie darf kein Platz für Gewalt sein - Gewalt zerstört Demokratie. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut.“

dpa