Asiatische Hornisse breitet sich in NRW aus Warum Hornissen dieses Jahr oft gesichtet werden

Asiatische Hornisse breitet sich in NRW aus: Bedrohung für heimische Bienenvölker
Lesezeit

Die Asiatische Hornisse hat jetzt auch NRW erreicht und bereitet vor allem Imkern Sorge. Bereits seit Wochen und Monaten berichten Experten von einer Ausbreitung in Europa. Von Frankreich über Belgien und die Niederlande hat es die Hornisse jetzt auch nach Nordrhein-Westfalen geschafft.

Nachdem im Vorjahressommer acht Sichtungen registriert worden seien, seien es im bisherigen Sommer schon zwanzig gewesen, teilte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz auf dpa-Anfrage in Essen mit. Zudem dürfte es sehr viel mehr bisher unentdeckte Ansiedlungen in ganz NRW geben. „Eine weitere Ausbreitung ist daher zu vermuten.“ Die Einwanderung kommt vom Süden und Westen. Das nordöstlichste Vorkommen in NRW, das verifiziert wurde, gibt es bisher in Ibbenbüren.

Ergebnisse der Zählaktion „Insektensommer“

Aktuelle Ergebnisse der Zählaktion „Insektensommer“ belegen, dass in diesem Jahr auch mehr Europäische Hornissen gesichtet wurden. Der bayerische Naturschutzverband LBV und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hatten dafür die Menschen in Deutschland aufgerufen, in einem Zeitraum von zehn Tagen im Juni die Insekten in ihrer Umgebung zu zählen. Im Vergleich zum Vorjahr flog die Hornisse 19 Plätze nach vorne und landete auf Rang 11 der am häufigsten beobachteten Insekten.

Vom 4. bis 13. August 2023 geht die Zählaktion in eine zweite Runde. Die Wahrscheinlichkeit, Hornissen zu beobachten, könnte dann sogar noch höher sein, heißt es vom LBV. Denn im Spätsommer erreiche ein Hornissenvolk sein Maximum von bis zu 700 Tieren.

Aber sind Hornissen in diesem Jahr tatsächlich häufiger? Und wenn ja, warum? Im Vergleich zur Gemeinen und zur Deutschen Wespe sei die ebenfalls zu den Faltenwespen zählende Hornisse seltener, erläutert die LBV-Expertin Richter in Hilpoltstein. „Die Bestände haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt aber erholt.“ Das bestätigt der Münchner Bienen- und Wespenkundler Leander Bertsch, der gerade mit anderen Fachleuten die Roten Liste für Wespen überarbeitet. „Hornissen sind besonders geschützt. Gefährdet sind sie aber mittlerweile nicht mehr.“

Dass man die großen Insekten häufiger zu sehen bekommt, könnte nach Ansicht von Richter auch daran liegen, dass Hornissen aus ihrem natürlichen Lebensraum vermehrt in Siedlungen ziehen. Normalerweise nisten sie in Baumhöhlen in lichten Wäldern und an Waldrändern. Weil aber natürliche Baumhöhlen selten geworden seien, suchten sie andere Nistplätze, von denen es in der Nähe des Menschen reichlich gibt: zum Beispiel in Rollladenkästen, alten Schuppen, zwischen Wänden oder in Nischen auf dem Dachboden.

„Asiatische Hornissen wurden im Jahr 2022 erstmals in NRW Nester gefunden. Bestätigt wurden Vorkommen im Kreis Viersen, Kreis Heinsberg, Köln, Düsseldorf und Duisburg“, teilt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW auf seiner Website mit. Demnach habe die Asiatische Hornisse in den Nachbarländern innerhalb kurzer Zeit eine hohe Populationsdichte erreicht und breite sich rasant aus. Seit einigen Jahren wird sie auch immer häufiger in Deutschland entdeckt.

Asiatische Hornisse ist Bedrohung für Bienen in NRW

Imker sind besorgt um ihre Bienenvölker. „Im Gegensatz zu unserer heimischen Hornisse sind sie in der Lage, wie ein Hubschrauber in der Luft stehen zu bleiben“, sagt Marion Loeper vom Dresdner Imkerverein. Auffällig sei auch, dass sie rückwärts fliegen könnten. Anders als die Europäische Wespe oder Europäische Hornisse mache die asiatische Hornisse auch Jagd auf Bienen.

„Die einen sagen, sie überfallen nur schwache Bienenvölker. Die anderen sagen, sie stellen eine Bedrohung für alle dar.“ Wie gefährlich die asiatische Hornisse für die heimischen Bienenvölker wirklich ist, könne Loeper zum aktuellen Zeitpunkt nicht einschätzen, da die Datenlage in Deutschland noch zu dünn sei.

Die aus Südostasien stammende Hornissenart (Vespa velutina) war 2004 zunächst in Teilen von Frankreich gesichtet worden. „Die Asiatische Hornisse wurde vermutlich mit asiatischen Importwaren eingeschleppt", so NABU-Expertin Melanie von Orlow.

Durch den Klimawandel seien die Winter immer milder, sodass auch exotische Arten in Europa stabile Populationen bilden könnten. Die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse zeige, dass sie mit dem europäischen Klima gut zurechtkommen und hier nur geringen Druck durch Fressfeinde oder Konkurrenten erfahren.

Hornissen gehören zur Familie der Wespen und sind - anders als viele vielleicht vermuten - nicht gefährlicher als andere Wespen. „Die Stiche sind für Nicht-Allergiker ungefährlich und vergleichbar mit Wespen- oder Bienenstichen“, so das LANUV. Demnach verteidigt sich die Hornisse nur im unmittelbaren Nestbereich mit Stichen, um ihre Brut zu schützen. Zu den bevorzugten Siedlungsgebieten gehören Flussauen und Stadtränder unterhalb von 200 Höhenmetern. Sie ernährt sich von anderen Insekten. Im besiedelten Raum, etwa an Stadträndern, werden zu 66 bis 80 Prozent Honigbienen erbeutet.

Asiatische Hornissen (Vespa velutina nigrithorax) sammeln sich an einem Ausgang ihres Nestes.
Asiatische Hornissen bereiten Imkern Sorge. Sie belagern die Bienenstöcke. © picture alliance/dpa

Asiatische Hornisse in NRW: Aussehen und Verwechslungsgefahr

Die sogenannte Vespa velutina ist mit einer Körperlänge von etwa 2-3 cm im Vergleich zur Europäischen Hornisse etwas kleiner und hat einen überwiegend dunklen Körper sowie einen schwarzen Kopf mit gelber Vorderseite. Der NABU betont: Es handele sich hierbei nicht um die Riesenhornisse (Vespa mandarinia), die seit 2020 in den USA als „Honigbienenkillerin“ und gelegentlich bei allergischen Reaktionen auch für den Menschen gefährliche Art Schlagzeilen mache. Die Riesenhornisse Vespa mandarinia komme in Deutschland nicht vor.

Um allerdings die Ausbreitung der weniger gefährlichen Asiatischen Hornisse besser verfolgen und Bienenvölker schützen zu können, bitten NABU und LANUV darum, eine Sichtung der Hornisse zu melden. In der App bzw. auf der Plattform NABU Naturgucker sind Anfang Juni 2023 bereits Fälle in NRW gemeldet worden: In Essen, im Sauerland, in Wuppertal und in Grevenbroich. Alternativ können Sichtungen samt Bildmaterial im Neobiota-Portal des LANUV gemeldet werden.

mit dpa