Wohnungsnot bei gleichzeitigem Leerstand Studie: Kreis Unna braucht 900 Neubauten jährlich

Appell für Neubauten: Dem Kreis fehlen 900 neue Wohnungen – pro Jahr
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Dass es in der Region zu wenig Wohnungen gebe, muss demnach in einem Punkt relativiert werden. Denn die Macher der Studie beschäftigen sich auch mit Wohnungen, die es zwar gibt, aber derzeit nicht vermietet sind. Und dies scheinen im Kreis Unna doch einige zu sein: Aus den Daten des aktuellen Zensus leitet die Studie ab, dass es im Kreis zurzeit 6260 Wohnungen gebe, die nicht genutzt würden.

Rechnerisch würden diese Reserve ausreichen, um die Wohnungsnot im Kreis Unna merklich zu lindern oder sogar zu lösen. Denn den Neubaubedarf berechnet die Studie mit 3570 Wohnungen bis zum Jahr 2028.

Allerdings werden die Aussichten darauf, die stille Reserve zu erschließen, als gering bewertet. Die Hälfte der benannten Leerstandwohnungen würden demnach schon seit einem Jahr oder länger nicht genutzt. Mögliche Gründe dafür: Ein Wohnungszustand, der die Neuvermietung unmöglich macht, Zurückhaltung vor Sanierungsprojekten wegen unklarer rechtlicher Vorgaben, aber auch Erbstreitigkeiten oder schlechte Erfahrungen mit Mietern.

900 Neubauten im Jahr werden lange nicht erreicht

Und so folgert die Studie, dass im Kreis Unna in den nächsten vier Jahre jeweils 900 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden müssten, um vorhandene Defizite auszugleichen und um abgängige Altbauten zu ersetzen. Die tatsächliche Bautätigkeit liege deutlich niedriger und sei zuletzt sogar rückläufig gewesen. Für die ersten fünf Monate dieses Jahres zählt die Studie Baugenehmigungen für 227 Wohnungen. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es 348.

Auftragsgutachten für die Baustoffwirtschaft

Die Studie stammt vom Pestel-Institut in Sarstedt bei Hannover, das durchaus als seriöses Forschungsinstitut gilt. Gegründet wurde es vom Hannoveraner Mechanik-Professor Eduard Pestel. Er zählte zu den Gründern des „Club of Rome“, dessen Simulationsmodell für Bevölkerung und Wirtschaft auch die Arbeit des 1975 gegründeten Pestel-Instituts beeinflusst hat.

Katharina Metzger vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel sieht eine Lösung für den Wohnungsmarkt nur in einer zunehmenden Bautätigkeit. Zuletzt sei es allerdings immer teurer und schwieriger geworden zu bauen. Dies müsse sich ändern: „Einfacher bauen. Sonst baut bald keiner mehr“, sagt sie.
Katharina Metzger vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel sieht eine Lösung für den Wohnungsmarkt nur in einer zunehmenden Bautätigkeit. Zuletzt sei es allerdings immer teurer und schwieriger geworden zu bauen. Dies müsse sich ändern: „Einfacher bauen. Sonst baut bald keiner mehr“, sagt sie. © Tobias Seifert

Erstellt wurde diese Studie als Auftragsarbeit – und zwar für den Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel, der natürlich auch ein wirtschaftliches Interesse an einer höheren Bautätigkeit haben dürfte. Der Wohnungsmarkt im Kreis Unna ist nicht der einzig beobachtete. In zahlreichen Kommunen bundesweit stellen der Verband und das Institut derzeit regionalisierte Ergebnisse ihrer Studie vor.

Für den Verband ist die Studie eine Argumentationshilfe. Seine Präsidentin Katharina Metzger spricht von einer „Milchmädchenrechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf gegenzurechnen“. Diese Kritik richte sich etwa an Bundesbauministerin Klara Geywitz, die Wohnungssuchenden geraten hatte, aufs Land zu ziehen. Metzger hingegen erklärt, es müsse mehr gebaut werden. Dazu müssten mehr Fördermittel bereitgestellt, aber auch rechtliche Vorgaben fürs Bauen reduziert beziehungsweise vereinfacht werden.