Antony Gormley steht hier in seinem Kunstwerk Allotment II. im Duisburger Lehmbruck Museum. Für die 300 Betonblöcke haben ebenso viele Menschen aus dem schwedischen  Malmö mit ihren Körpermaßen Modell gestanden.

Antony Gormley steht hier in seinem Kunstwerk Allotment II. im Duisburger Lehmbruck Museum. Für die raumgreifenden Betonblöcke haben 300 Menschen aus dem schwedischen Malmö mit ihren Körpermaßen Modell gestanden. © Mahad Theurer

Antony Gormley: Star der Bildhauerei stellt in Duisburg aus

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Mit dem Briten Antony Gormley hat das Duisburger Lehmbruck-Museum einen Großen der zeitgenössischen Kunst an Land gezogen. In Duisburg trifft sein Werk auf ein ebenbürtiges Gegenüber.

Dortmund

, 23.09.2022, 18:43 Uhr / Lesedauer: 2 min

Bereits auf dem Weg durch den Duisburger Immanuel-Kant-Park ins Lehmbruck Museum wird man in die Ausstellung „Calling on the Body“ von Antony Gormley hineingezogen. Wie eine schattenhafte Vorahnung steht außen vor einer Glasscheibe ein Teil der Skulptur „Reflection II“. Der in dunkles Eisen gegossene männliche Körper blickt durch die Scheibe in das Gebäude, von wo ein identischer Körper wie sein Spiegelbild zurückblickt.

Antony Gormley kollidiert mit Wilhelm Lehmbruck

Drinnen wartet die reiche und sehenswerte Schau, die am 23. September startet. Verblüffend ist, wie gut sich Gormleys Skulpturen in die verwinkelte Architektur des Lehmbruck-Museums einfügen. Auf 3.000 Quadratmetern verteilen sich über 400 Werke, Skizzen und Modelle — die größte deutsche Ausstellung seiner Kunst bisher. Es entsteht eine Meditation über Körper und Raum, die gerade dann spannend wird, wenn Gormley auf die dauerhaft ausgestellten Werke seines großen Vorbilds Wilhelm Lehmbruck trifft.

Eine Seite von "Reflection II" befindet sich außen im Immanuel-Kant-Park.

Eine Seite von "Reflection II" befindet sich außen im Immanuel-Kant-Park. © Dejan Saric

Das kann auch mal gehörig knallen. Die weichen, fließenden Konturen von Lehmbrucks Marienfigur „Seele“ wollen sich so gar nicht mit Gormleys schroffem Betonquader mit Öffnungen für menschliche Gliedmaßen, „Base“, verbinden. Stilistisch trennen die Beiden dann doch 100 Jahre Kunstgeschehen. Was sie vereint, ist der Versuch, über die Abbildung des menschlichen Körpers in sein Inneres vorzudringen. In ihm zu versinken, um ihm sein Geheimnis zu entlocken.

Obwohl Lehmbruck Gormley stark beeinflusst hat, läuft es nicht immer harmonisch ab, wenn die Werke der beiden aufeinander treffen - (l.) "Der Gestürzte, (l.) Tuck II.

Obwohl Lehmbruck Gormley stark beeinflusst hat, läuft es nicht immer nur harmonisch ab, wenn die Werke der beiden aufeinander treffen. © Dejan Saric

Für Antony Gormley ist das ein Augenblick unendlicher Gegenwart. Jeder hätte einen solchen Moment in sich und während der Arbeit an einer Skulptur übertrage er ihn, erzählt er. Gemeinsam mit Kuratorin Ronja Friedrichs hat der Brite ganz unterschiedliche Wege gefunden, diese Augenblicke im Raum des Lehmbruck-Museums zu inszenieren.

Drei Modelle von Körpern im Raum

Textilfäden umspannen quadratisch vier Säulen des Neubaus. Wie Sedimentschichten reichen sie von knapp über dem Boden bis auf eine Höhe von 1,70 Metern. Sie repräsentieren die unterschiedlichen Teile eines Outfits: Socken, Hose, Unterhose, T-Shirt. Auf dem Boden dazwischen liegen verwaiste Gummisohlen, wie die letzten Zeugnisse ihrer ursprünglichen Träger („Room“).

Die verwinkelte Architektur des Lehmbruck Museums kommt Gormley sehr entgegen. Der aufmerksame Besucher kann hier viel entdecken („Close“).

Die verwinkelte Architektur des Lehmbruck Museums kommt Gormley sehr entgegen. Der aufmerksame Besucher kann hier viel entdecken („Close“). © Dejan Saric

In einer Nische, die zwei Fensterfronten zum Park hat, kauert lichtdurchflutet das transparente Drahtmodell eines Menschen und füllt den abgelegenen Platz bis zur Perfektion („Open“).

Immer wieder aufs Neue denkt Gormley die menschliche Form - hier „SUM".

Immer wieder aufs Neue denkt Gormley die menschliche Form - hier „SUM". © Antony Gormley

Einen eigenen Raum nehmen die 300 Betonblöcke von „Allotment II“ ein. 300 Menschen aus Malmö haben hierfür mit ihren Körpermaßen als Vorbilder gedient. Wie stumme Abbilder halten die Betonblöcke die Szenerie besetzt. Dazu kommen viele Modelle aus Holz oder Styropor und Skizzenbücher aus den unterschiedlichen Schaffensphasen Gormleys, die der tollen Schau zusätzliche Tiefe geben — absolut empfehlenswert!

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