
Wenn wir Flagge zeigen, bekennen wir uns. Daher ist es grundsätzlich gut, Flagge zu zeigen. Natürlich nur soweit die Farben der Flagge Werte symbolisieren, die unserer freiheitlichen und demokratischen Grundordnung entsprechen.
Keine Flagge zu zeigen, bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass man sich zu nichts bekennt. Treten Nationalmannschaften zum Wettstreit an, kann man sich auch ohne das Schwingen einer Flagge mit einem der Teams identifizieren.
Emotionale Reaktionen nach Flaggen-Entfernung absehbar
Selbst das Hissen und vorzeitige Einholen einer Flagge heißt noch lange nicht, dass Solidarität aufgegeben wird. Dem Landrat ist das Motiv seiner Entscheidung daher ohne Weiteres abzunehmen, es ist rational auch nachvollziehbar.
Allerdings war es absehbar, dass das Abhängen gerade der Nationalflagge Israels mit Blick auf den emotional schier grenzenlos aufgeladenen Konflikt – den Krieg in Israel und Gaza – auch zu ebensolchen emotionalen Reaktionen führen musste.
Dabei ist nun ein Beteiligter der Debatte übers Ziel hinaus geschossen. Dem Integrationsbeauftragten der Stadt Unna vorzuwerfen, er habe sich antisemitisch geäußert, ist eine Wertungsfrage. Was er ganz sicher versäumt hat, ist ausgewogen zu argumentieren. In einem Leserbrief, zumal als Privatperson, wäre Einseitigkeit auch gar kein Problem. Man darf polemisch sein.
Integrationsbeauftragter muss ausgewogen argumentieren
Cengiz Tekin kann seine dienstliche Tätigkeit jedoch nicht abstreifen wie eine Jacke, wenn er sich in dieser Form öffentlich äußert. Gerade von einem Beauftragten für Integration sind aber Ausgewogenheit, Verständnis und Empathie für alle Seiten zu erwarten. Ob es deswegen arbeitsrechtliche Konsequenzen geben muss, kann nur der Bürgermeister der Stadt Unna entscheiden.
Dieser Vorfall lehrt jedenfalls auch, dass man mit dem Hissen von Nationalflaggen zwar Solidarität bekunden mag. Dass sie sich auf Dauer dafür aber nicht eignen.
Gegen das Kundtun eines ebenso stark wirkenden Friedenssymbols könnte dagegen niemand etwas einwenden – und bei seinem vorzeitigen Einholen vor dem Ende eines Konflikts wären zu Recht alle Parteien in ihrem Protest vereint.
