Ein Brief an die „lieben Nachbarinnen und lieben Nachbarn“ sorgt am Dienstag (12.3.) für lebhaften Gesprächsstoff in der Innenstadt: Darin werden die Waltroperinnen und Waltroper darüber „in Kenntnis gesetzt“, dass bislang anonyme Betreiber eine Genehmigung für den Betrieb eines Cannabis-Shops beantragt haben. Als Standort ist das leerstehende Ladenlokal an der Hochstraße 96 - also mitten in der Innenstadt - angegeben, in dem früher einmal das Fernsehgeschäft Witte & Kipar untergebracht war.
„Wir gehen davon aus, dass wir als erstes (und perspektivisch auch wohl einziges) Unternehmen in Waltrop eine Lizenz für den streng reglementierten Verkauf von Cannabis-Produkten mit rauschfähiger Konzentration von THC erhalten werden“, heißt es weiter. „Wir möchten an Ihre Toleranz, Ihre Unvoreingenommenheit und (ja, natürlich auch) an Ihre Neugier appellieren und Sie bitten, uns mit dieser Geschäftsidee eine faire Chance zu geben!“ appellieren die Urheber, die sich „zukünftige Betreiber des Ersten Waltroper Cannabis-Shops (EWCS)“ nennen. Im Gegenzug versprechen sie, den besonders unansehnlichen Leerstand nachhaltig zu beseitigen, der sich angeblich grundsätzlich für den Cannabis-Verkauf eigne.

Die Planung sieht laut Brief vor, dass der legale Verkauf von Cannabis an Erwachsene am 1. Mai, spätestens aber am 1. Juni dieses Jahres, starten soll. Die Schreiber bitten um Verständnis dafür, dass erst nach Erteilung der Lizenz die Namen des Geschäftsführers und der Mitarbeiter sowie deren Kontaktdaten kommuniziert würden. Auch weisen sie daraufhin, dass das Startkapital für die Geschäftsidee nicht von örtlichen Geldinstituten stamme.
Tag der offenen Tür vor dem Verkaufsstart angekündigt
Offenbar um die Seriosität des EWCS zu unterstreichen, wird ein Tag der offenen Tür angekündigt, der vor dem Verkaufsstart liegen soll: Dort soll sich dann jeder über das Konzept, die Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz, das Qualitätsmanagement, der System zur Wahrung der Diskretion und über die professionelle Installierung der aufwendigen Sicherungsmaßnahmen informieren können.
Der Brief endet schließlich mit dem Wunsch, dass Waltrop doch zeigen solle, dass die Stadt weltoffen sei und dem EWCS die Chance gebe, „Cannabis endlich aus der Illegalität und der Kriminalität herauszuholen“.
Waltroper Geschäftsleute, die nicht namentlich genannt werden wollen, zeigten sich am Dienstag von der Ankündigung völlig überrascht: „Dass ausgerechnet das kleine Waltrop beim Cannabis-Verkauf ganz vorn dabei ist...“, hieß es mit einem Kopfschütteln. Von der Stadt Waltrop lag bis zum späten Nachmittag trotz Anfrage keine Stellungnahme vor.

Info: Das neue Cannabis-Gesetz
- Am 23. Februar 2024 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis beschlossen. 404 Abgeordnete stimmten dafür, 226 dagegen und vier enthielten sich. Nun könnte das Kiffen ab dem 1. April legal sein. Allerdings ist es möglich, dass eine Länderinitiative den Start-Zeitpunkt noch verzögert.
- Das Gesetz erlaubt Erwachsenen bis zu 50 Gramm Cannabis im privaten Raum. In der Öffentlichkeit soll die Höchstgrenze bei 25 Gramm liegen. All das gilt für den Eigenkonsum. Darüber hinaus ist der private Eigenanbau auf drei Cannabispflanzen pro Person beschränkt. Für Minderjährige ist der Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis weiterhin verboten.
- Klar geregelt ist bereits, wo sich Erwachsene einen Joint anzünden dürfen. Nicht überall ist das Kiffen erlaubt. Um speziell Kinder und Jugendliche zu schützen, sollen im öffentlichen Raum Verbotszonen eingerichtet werden, etwa rund um Schulen, Kindergärten, Sportanlagen, Spielplätzen etc. Für die Waltroper Innenstadt gilt das allerdings nicht.
Cannabis-Konsum: In einigen Teilen Waltrops bleibt es illegal