Film-Ikone. Sexsymbol. Die schönste Frau der Leinwand – und keiner kriegt es mit. Zumindest im April 1990, als Gina Lollobrigida in Kamen Station macht. Alle Kameras der Bildjournalisten sind auf die Deutsche Nationalmannschaft gerichtet, die sich in der Sportschule Kaiserau auf die Weltmeisterschaft in Italien vorbereitet. Mit Klaus Augenthaler, Lothar Matthäus, Andi Möller und jenem Andreas Brehme, der Deutschland einige Wochen später per Elfer zum WM-Sieg ballern wird.
Auch die Lollobrigida richtet ihre Kamera, eine wuchtige Nikon F2, auf die deutschen Profis. Für das Hochglanzmagazin „Sports“ soll sie in Kamen die Nationalmannschaft in Szene setzen. Am Rand des Trainingsplatzes der Sportschule Kaiserau, auf dem Franz Beckenbauer das Training leitet, bleibt sie fast unbemerkt.

Die Lollo ist hier – aber kaum jemand kriegt´s mit
Nur fast. Stefan Milk, Redakteur unserer Zeitung, hat über gute Kontakte schon vorher den Hinweis erhalten, dass sich die „Lollo“ auf dem Gelände an der Jakob-Koenen-Straße aufhalten soll.
Während die anderen Journalisten nur Augen für Uwe Bein und Rudi Völler haben, schaltet Milk, als er jene elegante Frau entdeckt, die er für Gina Lollobrigida hält. Er spricht sie auf Italienisch an, mit jenen wenigen Brocken, die er noch aus dem Toskana-Urlaub parat hat und sagt „Scusi“. Während die Nationalkicker aufs Tor schießen, landet Milk einen Volltreffer. Denn es ist tatsächlich die Grande Dame, die Filmgeschichte schrieb. „Sie war total freundlich. Und ich glaube, sie war auch ein bisschen froh, dass sie wenigsten einer von den ganzen grobschlächtigen Sportreportern erkannt hat“, erinnert er sich, als er jetzt das historische Bild aus dem Archiv hervor holt. Die kurzen Momente mit der Lollobrigida hat er über 30 Jahre später, als die Nachricht von ihrem Tod öffentlich wird, wieder plastisch vor Augen.
Eleganz kontra Trainingsanzüge mit Seidenblouson
Milk war nahezu der einzige Journalist, der Zutritt zur Basketballhalle erhielt. Dort war für die Schauspielerin, die sich mit ihren 62 Lebensjahren schon längst einen Namen als Fotografin gemacht und Porträts von Fidel Castro, Pelé, Paul Newman und Salvador Dalí angefertigt hat, ein mobiles Fotostudio aufgebaut worden. Statt großer Fototasche mit zig Objektiven trug sie lediglich eine etwas größere und kostbar wirkende Damenhandtasche, in dem wohl nur ein Wechselobjektiv Platz hatte. Dann trudelten die Spieler nach und nach ein – für das Mannschaftsfoto, das die Lollo vor einer übergroßen Nationalflagge aufnahm.
Hinter ihr standen auf Stativen aufgeständerte Reflektionsschirme und Licht-Diffuser, als sie mit ausgestellter Hüfte und gebeugtem Ellenbogen die Kamera in Anschlag nahm und auf den Auslöser drückte. „Die Lollobrigida war total uneitel und unpretentiös“, so Milk. Er schoss dann selbst Fotos, der Lollo so nah. Wie sie elegant mit geblümter Bluse und grauen Jersey-Rock Nationalspieler in viel zu weiten Trainingsanzügen mit luftigen Seidenblousons fotografierte.

Sportschule Kaiserau als Anlaufpunkt großer Mannschaften und Stars
Die Sportschule Kaiserau, die später in Sportcentrum Kamen-Kaiserau unbenannt wurde, ist immer wieder Anlaufpunkt für Vereinsmannschaften und Fußball-Nationalmannschaften vor großen Turnieren. Die deutschen Nationalspieler bereiteten sich dort 1974 mit Trainer Helmut Schön auf das Turnier im eigenen Land vor – und wurden ebenso Weltmeister wie nach dem Aufenthalt in Kamen 1990. Die spanische Nationalelf, die Selección de fútbol de España, war 2006 Gast in Kaiserau. Pepe und Ronaldo, Stars von Real Madrid, wärmten sich im Oktober 2012 beim Eins-gegen-Eins-Spiel in der Basketballhalle auf, bevor sie bei Borussia Dortmund mit 2:1 untergingen.
1990 hatte Gina Lollobrigida diese Halle für sich und hielt ein Kapitel deutscher Fußball-Geschichte für die Ewigkeit fest. Nur die Lollo selbst... – fast wäre sie unbemerkt geblieben.
Ein Video zu dem Thema ist unter www.hellwegeranzeiger.de zu sehen.
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