AfD-Chefin Weidel attackiert EU-Europa „Wir müssen die Brüsseler Bagage vor die Tür jagen“

„Wir müssen die ganze Brüsseler Bagage vor die Tür jagen“
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Der Skandal um die beiden Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl Maximilian Krah und Petr Bystron mit Vorwürfen der Bestechlichkeit und des Verrats nationaler Interessen an China und Russland haben die rechtspopulistisch-rechtsextremistische Partei schwer erschüttert. Das wird auf der Wahlkampfveranstaltung der Partei zur Europawahl am 9. Juni im Eventzentrum.NRW in Marl-Sinsen deutlich.

Die Verunsicherung ist bei den Funktionären aber eher spürbar als beim Wahlvolk. Frenetisch feiern gut 800 Parteianhänger in der Halle an der Gräwenkolkstraße die beiden Bundesvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Vor allem die Rede der 45-jährigen Ostwestfälin provoziert immer wieder stürmischen Beifall.

Etwa 800 Anhänger der AfD fanden den Weg in das Eventzentrum.NRW an der Gräwenkolkstraße in Sinsen.
Etwa 800 Anhänger der AfD fanden den Weg in das Eventzentrum.NRW an der Gräwenkolkstraße in Sinsen. © Jörg Gutzeit

Mit ihrer aggressiven Wortwahl legt Weidel das Büßergewand schnell ab und geht zur Attacke über. Die Gegendemonstranten vor dem Eventzentrum bezeichnet sie als die wahren Faschisten unserer Zeit, die einer demokratischen Partei wie der AfD den Mund verbieten wollten.

Die offensichtliche Führungsschwäche des Parteivorstands im Umgang mit Maximilian Krah ist schnell abgetan: „Sicher hätte das nicht passieren dürfen“, so Weidel: „Aber wir sind eben kein Kanzlerwahlverein, in dem man einfach von oben nach unten bestimmen kann.“

„Wir dürfen nicht von kulturfremden Migranten überrannt werden“

Europapolitik ist für Alice Weidel vor allem ein Stopp der Zuwanderung. Hier gewinnt ihre Stimme an Kraft, wird nahezu ekstatisch, um dann vom aufbrausenden Jubel der 800 Zuhörer überrollt zu werden: „Wir müssen die Grenzen Europas schließen, wir müssen die Grenzen Deutschlands schließen, wir dürfen nicht von kulturfremden illegalen Migranten überrannt werden, schieben wir die Illegalen endlich ab!“

AfD-Parteichef Tino Chrupalla wirbt in Sinsen auch für extreme Positionen in seiner Partei: "Wir sind und bleiben schwer erziehbar."
AfD-Parteichef Tino Chrupalla wirbt in Sinsen auch für extreme Positionen in seiner Partei: "Wir sind und bleiben schwer erziehbar." © Jörg Gutzeit

Mit giftigen Worten geißelt sie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als das wahre Zentrum der Korruption in Europa. Nur ein starkes, souveränes Deutschland könne sich davon befreien. „Wir müssen diese 32.000 überbezahlten und unterbeschäftigten Brüsseler Bürokraten, wir müssen diese ganze Bagage endlich vor die Tür jagen“, so Weidel. Deutschland, so fordert sie, müsse per Volksabstimmung aus der EU austreten können.

Der als gemäßigt geltende Vorsitzende der AfD in NRW Martin Vincentz präsentiert seine Partei in Sinsen als Anwalt der kleinen Leute.
Der als gemäßigt geltende Vorsitzende der AfD in NRW Martin Vincentz präsentiert seine Partei in Sinsen als Anwalt der kleinen Leute. © Jörg Gutzeit

Immerhin sind auf der Wahlkampfveranstaltung selbstkritische Töne zu hören. „Wir unterstützen nicht die Egomanie einzelner Kandidaten, die uns im Wahlkampf schwer geschadet haben“, rechnet Tino Chrupalla mit den beiden Spitzenkandidaten Krah und Bystron ab, denen die Sitze im EU-Parlament aber kaum zu nehmen sein werden. Der in Sinsen anwesende Landesvorsitzende der AfD in Nordrhein-Westfalen Martin Vincentz sieht im Gespräch mit unserer Redaktion durchaus Bedarf nach einer „Brandmauer“ gegen Rechtsextremismus und Korruption auch in seiner Partei.