Richter tadelt Kreis Unna Wichtige Stelle wurde nicht mit bester Kandidatin besetzt

Richter tadelt Kreis: Klägerin auch ohne „Frauenbonus“ qualifizierter
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Vor dem Arbeitsgericht Dortmund ist bereits am 14. Februar eine Konkurrentenklage gegen den Kreis Unna verhandelt worden. Das Verfahren hatte eine Frau angestrengt, die mit ihrer Bewerbung um die Leitung des Dezernats für Gesundheit, Bildung und Schule gescheitert war. Das Verfahren endete mit einem Vergleich.

Der Richter, Vorsitzender der 5. Kammer, hat nach Informationen unserer Redaktion zuvor bei der mündlichen Erörterung des Falles das Verhalten des Kreises bei der Stellenbesetzung äußerst kritisch bewertet.

Richter: Klägerin „erheblich überlegen qualifiziert“

So ließ der Richter die Prozessparteien in der öffentlichen Verhandlung sinngemäß wissen, dass er die Klägerin als „erheblich überlegen qualifiziert“ einschätze. In diesem Zusammenhang sei auch die Formulierung gefallen, die Mitbewerberin um die Stelle sei – auch ohne den „Frauenbonus“ bei gleicher Eignung – ein „Schwergewicht, was Qualifikationen und Berufserfahrung betrifft“.

Wie unsere Redaktion erfuhr, soll es sich bei der Stellenbewerberin um eine Hochschulprofessorin handeln. Als Dekanin stand sie demnach einer Fakultät für Gesundheit an einer deutschen Hochschule vor.

Darüber hinaus sei sie, wie uns zuverlässige Quellen berichteten, approbiert, Lehrtherapeutin und ins Arztregister eingetragen. Die Bewerberin könne sieben Leitungsfunktionen im In- und Ausland, inklusive im Öffentlichen Dienst, im Bildungswesen, im Gesundheitswesen und im Schulwesen vorweisen. Diese drei Ressorts umfasst das Dezernat V des Kreises Unna, dessen Leitung wiederbesetzt werden sollte.

Landrat bestätigt im Dezember: Auswahl erfolgreich

Landrat Mario Löhr hatte auf Nachfrage am 5. Dezember bestätigt, dass Sven Brüggenhorst Nachfolger von Professorin Katrin Linthorst, die zur Stadt Wuppertal gewechselt war, als Dezernatsleiter werden solle.

Brüggenhorst kommt aus Unna, ist derzeit Geschäftsführer des Studieninstituts für kommunale Verwaltung Hellweg-Sauerland mit Sitz in Soest, war vor einigen Jahren Vize-Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Unna. Im Unnaer Rat ist Brüggenhorst sachkundiger Bürger für die SPD mit dem Schwerpunkt Sicherheit und Ordnung.

Bildmontage mit Mike-Sebastian Janke (l.), Kreisdirektor in Unna, Professor Dr. Katrin Linthorst  und Sven Brüggenhorst
Kreisdirektor und Personaldezernent Mike-Sebastian Janke (l.) musste sich nach dem Weggang von Professor Dr. Katrin Linthorst länger um die Wiederbesetzung der Leitung des Dezernats für Gesundheit sowie Bildung und Schule kümmern. Nachfolger soll Sven Brüggenhorst werden. © Montage: Marcus Land

Die Auswahl der Kreisverwaltung habe, so der Richter in Dortmund weiter, „nicht der Bestenauslese entsprochen“, geschweige denn sei sachlich nachvollziehbar, weshalb man eine Kandidatin wie die Professorin bereits in der ersten Phase des Bewerbungsverfahrens aussortiere.

Auf die Frage, warum die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, antwortete der Kreis Unna auf Nachfrage am Freitag (7.3.) wörtlich: „Die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen anderer Bewerbungen erschienen passender.“

Kreis: Vergleich, um Verzögerungen zu vermeiden

Der Kreis Unna bestreitet auf Nachfrage nicht, dass das Gericht die Sach- und Rechtslage in diesem Sinne geäußert habe. Zur Einschätzung des Gerichts schrieb die Kreisverwaltung ebenfalls am Freitag an unsere Redaktion: „Der Kreis Unna ist in der Gesamtbetrachtung aller Kriterien zu einem anderen Ergebnis gelangt.“

Die Parteien hatten vor Gericht letztlich einen Vergleich geschlossen. Beim Kreis verweist man hinsichtlich des Inhaltes des Vergleichs auf ein von beiden Seiten vereinbartes Stillschweigen; der Direktor des Arbeitsgerichts, Dr. Guido Mareck, bestätigte auf Nachfrage, dass das Gericht nicht befugt sei, über die Abmachungen der Parteien Auskunft zu geben.

Auf die Frage, warum man das Bewerbungsverfahren angesichts der positiven Bewertungen des Gerichts pro Klägerin nicht neu aufgerollt habe, äußerte die Kreisverwaltung: „Mit der Einigung konnte der Kreis Unna sicherstellen, dass das Verfahren ohne weitere Verzögerung beendet werden konnte.“

Kreis Unna wollte zunächst neues Bewerbungsverfahren

Sowohl Sven Brüggenhorst als auch der Klägerin war nach Erhebung der Konkurrentenklage schriftlich mitgeteilt worden, dass das „Stellenbesetzungsverfahren aufgehoben wird“.

Nach Auffassung der Kreisverwaltung kann nach dem Vergleich mit der Klägerin auf die schon vorbereitete neue Ausschreibung aber verzichtet werden. Gegenüber unserer Redaktion hatte der Kreis Unna bereits vor dem Gerichtstermin eingeräumt, dass in der Kreisverwaltung offenbar formale Fehler gemacht worden seien. Diese damals nicht näher bezeichneten Fehler waren laut Kreis auch Grund für die beabsichtigte Neuauflage des Bewerbungsverfahrens gewesen.

Als schwerwiegender Fehler, der eine neue Stellenausschreibung aus Sicht des Kreises erforderlich mache, soll nach unseren Informationen vor dem Arbeitsgericht vom Kreis die der Klägerin nicht gewährte Akteneinsicht genannt worden sein. Gegenüber unserer Redaktion behauptete der Kreis Unna hingegen am Freitag das Gegenteil, nämlich dass die Klägerin die Akten des Bewerbungsverfahren habe einsehen können.