Es hat lange gedauert, bis die Entscheidung nun endlich fiel: Im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen in der sogenannten Abrechnungsaffäre muss sich ein weiteres Mitglied des Kreistages demnächst vor Gericht verantworten.
Der Vorsitzende des Schöffengerichts am Amtsgericht Unna Jörg Hüchtmann hat am 14. August die Anklage gegen Marion Küpper wegen gewerbsmäßigen Betrugs uneingeschränkt zugelassen, wie Amtsgerichtdirektor Dirk Brahm am Donnerstag (5. September) auf Nachfrage bestätigte.
Anklage vor fünf Monaten erhoben
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund war bereits am 21. März beim Amtsgericht eingegangen. Dass es rund fünf Monate dauerte, bis das Gericht der Anklagebehörde in der rechtlichen Bewertung folgte und schließlich das Hauptverfahren eröffnete, war offenbar vor allem der komplizierten Materie geschuldet.
Marion Küpper wird wie drei weiteren amtierenden bzw. ehemaligen Mandatsträgern des Kreistages die unrechtmäßige Abrechnung von Verdienstausfall vorgeworfen. Staatsanwalt Tobias Wendt hatte seit März 2022, also zwei Jahre lang, in der Sache ermittelt.
Schließlich warf der Ankläger Küpper gewerbsmäßigen Betrug in 59 Fällen vor. Laut der 29 Seiten umfassenden Anklageschrift soll das heute fraktionslose Kreistagsmitglied zwischen dem 2. November 2020 und dem 31. Dezember 2021 Verdienstausfall für selbstständige Tätigkeiten zu Unrecht beantragt und auch erhalten haben.
Falschabrechnung von Verdienstausfall
Ein Anspruch auf Ersatz besteht schon qua Gesetz grundsätzlich, wenn wegen der Arbeit in politischen Gremien die eigene Berufstätigkeit nicht ausgeübt werden kann. Im Fall Küpper steht offenbar im Zweifel, ob der geltend gemachte Verdienstausfall überhaupt bestanden hat. Bei der Kreisverwaltung hatte sie Nachhilfeunterricht und Yoga-Kurse angegeben. Mittlerweile hat der Kreis Unna eine eigene Richtlinie für den Ersatz entgangenen Arbeitsverdienstes beschlossen.

Gegen das ebenfalls angeklagte frühere Kreistagsmitglied Werner Sell ist eine Hauptverhandlung bereits seit Längerem vor dem Amtsgericht Lünen terminiert; bereits angeklagt worden ist außerdem Dr. Hubert Seier. Die Ermittlungen gegen Timon Lütschen sind noch nicht abgeschlossen.
Im November 2022 waren Fraktionsräume der damaligen Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Marion Küpper angehörte, durchsucht worden. Staatsanwalt Wendt hatte zwischenzeitlich mitgeteilt, dass sich durch weiteres aufgetauchtes Zahlenmaterial die Ermittlungen in die Länge ziehen.
Hauptverhandlung am 15. Oktober in Unna
Nach Erhebung der Anklage im März nahm zudem die Strafverteidigung von Marion Küpper ihr Recht auf Akteneinsicht und Stellungnahme in Anspruch, weswegen eine Entscheidung über die Zulassung der Anklage sich verzögerte.
Terminiert ist die Hauptverhandlung für Dienstag, 15. Oktober, 9 Uhr, am Amtsgericht in Unna, Saal 107. Das Schöffengericht ist mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt. Angeklagt worden ist dort und nicht vor dem Einzelrichter, weil die Staatsanwaltschaft eine höhere Strafe zwischen zwei und vier Jahren erwartet. Offenbar folgte der Vorsitzende auch dieser Annahme.
Wie Amtsgerichtdirektor Dirk Brahm weiter mitteilte, sind zu dem Verhandlungstermin keine Zeugen geladen worden, bisher sei auch noch kein Folgetermin anberaumt worden. Sollte sich eine Beweisaufnahme als erforderlich herausstellen, könne das Strafverfahren aber durchaus auch länger dauern.